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Biel

Unterwegs mit der Maskenpolizei

Der Patrouillendienst SIP der Stadt Biel kontrolliert, ob alle Besucherinnen und Besucher des Weihnachtsmärits eine Maske tragen. Dabei bekommen die Diensthabenden immer wieder die gleichen Ausreden zu hören.

Ali Sylejmani von der SIP begegnet den Passanten mit Respekt – und stets einer Prise Humor. Peter Samuel Jaggi

von Carmen Stalder

Kurz nach Mittag im Büro des Ortspolizeidienstes Biel. Ali Sylejmani und Jonathan Meyer machen sich bereit für den Einsatz in der Nidaugasse. Die beiden arbeiten für den städtischen Patrouillendienst SIP (Sicherheit, Intervention, Prävention), ersterer als langjähriger Angestellter, zweiterer als Zivildienstler. Der Bereichsleiter Khaled Mathari erteilt ihnen die letzten Anweisungen: Die eigene Sicherheit hat oberste Priorität, zu den Passanten muss stets genügend Abstand eingehalten werden – die SIP soll schliesslich als gutes Beispiel vorangehen – und bei Problemen mit renitenten Bürgerinnen und Bürgern wird die Kantonspolizei alarmiert.

Ausgerüstet mit einer gelben Leuchtweste verlassen Sylejmani und Meyer die Zentrale. Zu Fuss geht es Richtung Nidaugasse. Im ganzen Perimeter des Bieler Weihnachtsmärits gilt Maskenpflicht (das BT berichtete). In den kommenden Stunden werden die beiden dutzende Male die Strasse auf und ab gehen – vorbei an den Holzhäuschen mit glitzernder Weihnachtsdeko, wohlriechenden Süssigkeiten und kuschligem Strickzeug. Doch dafür haben die beiden keine Augen. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt den Gesichtern der Passantinnen und Passanten.

Kaum in der Nidaugasse angekommen, trifft das Duo auf die erste Person, die ohne Maske unterwegs ist. Sie habe nicht gewusst, dass hier Maskenpflicht gelte, sagt die angesprochene Frau und zieht hastig den gesuchten Schutz aus der Tasche. Von da an geht es ohne Unterbruch weiter: Immer wieder kommt jemand ohne Maske angelaufen. Der eine verschlingt gerade ein Sandwich, die andere zieht an einer Zigarette und der dritte drückt sein Handy ans Ohr. Sie alle habe eine Ausrede parat, warum sie jetzt gerade keine Maske tragen können.


Kaum Streithähne

Die Patrouille der SIP ist täglich mit zwei Personen unterwegs: unter der Woche zwischen Mittag und Ladenschluss, am Wochenende von 14 bis 22 Uhr. Der Dienst schliesst die Lücke zwischen Polizei und Sozialarbeit und setzt sich für ein friedliches Zusammenleben im öffentlichen Raum ein. «Im Zentrum steht der Dialog», sagt Bereichsleiter Khaled Mathari. Die Patrouille interveniert beispielsweise, wenn sie einen Velofahrer in der Nidaugasse erwischt oder eine Hundehalterin, die ihr Tier nicht an der Leine führt. Bussen kann die SIP keine ausstellen, dafür ist die Kantonspolizei zuständig.

Während des Bieler Weihnachtsmärits liegt der Fokus der SIP auf der Kontrolle der Maskentragpflicht. Gemäss Mathari hält sich nur eine Minderheit nicht an die Regeln – und wenn jemand auf das Thema angesprochen wird, ist die Maske jeweils schnell aufgesetzt. «Am letzten Wochenende hatten wir in sechs Stunden 50 Interventionen. Davon haben nur fünf Personen nicht kooperiert.»

Zurück auf der Strasse. Nicht alle Leute sind erfreut, wenn sie von der SIP angesprochen werden. Manche gehen unbeeindruckt weiter, andere reagieren genervt. «An den ersten Wochenenden des Weihnachtsmärits war es sehr mühsam», sagt Meyer. Mittlerweile wüssten die meisten, dass in der Nidaugasse Maskenpflicht gilt und so hat sich die Arbeit für die Patrouille etwas vereinfacht. Trotzdem: Sylejmani und Meyer müssen immer wieder dieselben Diskussionen führen und immer wieder dieselben Argumente vorbringen. Geht einem das nicht schrecklich auf die Nerven? Nein, sagt Sylejmani. «Mit meiner Arbeit kann ich jeden Tag etwas dazu beitragen, die Epidemie zu bekämpfen.» Ausserdem vertritt der frühere Bieler Stadtrat (PSR) die Meinung, dass es nicht zu viel verlangt sei, eine Maske zu tragen.


Schwierige Situation

Erneut haben die beiden Maskenpolizisten eine Frau ohne Mund-Nasen-Schutz erblickt. Als sie sie freundlich darauf hinweisen, erwidert sie, dass sie über ein Arztzeugnis verfüge und deshalb keine Maske tragen müsse. Meyer will es genau wissen, fordert das Papier zur Kontrolle und überprüft es mit kritischem Blick. Mit einem Nicken reicht er der Frau den Zettel zurück und lässt sie ohne Maske weitergehen. Eine schwierige Situation, sagt er – schliesslich könne man sich ohne viel Aufwand ein solches Attest ausdrucken. Sowieso empfindet der Zivildienstler die Patrouille nach ein paar Stunden jeweils als ziemlich anstrengend.

Sylejmani dagegen ist kein Anzeichen von Müdigkeit anzusehen. Stets mit einem Lächeln im Gesicht weist er die Passantinnen und Passanten auf die geltende Ordnung hin. Dabei ist er nie um einen Witz verlegen. «Ohne Humor geht es nicht», sagt er. Und so bricht er denn auch in Lachen aus, als eine Frau eine besonders kreative Ausrede bringt: Sie müsse sie etwas auslüften, erwidert sie auf die Frage, wo denn ihre Maske sei.

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«Wo gibt es wohl mehr Ansteckungen?»

Dank rund 95 Prozent der Passantinnen und Passanten, die am Bieler Weihnachtsmärit eine Maske tragen, fällt das Fazit des Patrouillendiensts SIP positiv aus (siehe Haupttext). Auch Peter Schmid vom Nidaugassleist, der die Veranstaltung organisiert, ist zufrieden. «Während der Stosszeiten hat es kaum jemanden ohne Maske, das ist erfreulich.» Die Gewerbepolizei hätte jedoch noch mehr Schilder aufstellen können, die auf die Maskenpflicht hinweisen, findet Schmid. Der Präsident des Leists hat mehrheitlich positive Rückmeldungen zum Märit erhalten. Die Marktfahrenden seien dankbar um die Verkaufsgelegenheit und die Besucherinnen und Besucher lobten die schöne Stimmung. Kritik an der Durchführung des Anlasses kann Schmid nicht nachvollziehen. «Wo gibt es wohl mehr Ansteckungen: draussen im Freien oder drinnen in einem Laden?»

Der Bieler Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP) ist da ganz ähnlicher Meinung. Dank der Maskenpflicht sei die Durchführung des Weihnachtsmärits problemlos verantwortbar. Er glaubt sogar, dass man ausserhalb der Stosszeiten auf eine Maskenpflicht hätte verzichten können, da die Abstände dann genug gross seien. Feurer befürwortet es, dass der Markt den Bielerinnen und Bielern einen Anreiz verschafft, die eigenen vier Wände zu verlassen. «Es ist wichtig, dass die Leute rausgehen und sich bewegen – auch für die psychische Gesundheit.»

Neben der SIP führt auch die Kantonspolizei Bern Patrouillen am Weihnachtsmärit durch. «Bislang konnten wir feststellen, dass die Maskenpflicht in der Stadt Biel grundsätzlich gut eingehalten wird», sagt Mediensprecherin Lena Zurbuchen. Vereinzelt sei es vorgekommen, dass Personen auf die neu geltende Maskentragpflicht hingewiesen werden mussten. Grossmehrheitlich sei verständnisvoll darauf reagiert worden. Aktuell kann die Kapo keine Bussen im Zusammenhang mit Verstössen gegen die Maskentragpflicht ausstellen. Falls die Einsicht fehlt oder die vorgeschriebenen Massnahmen trotz einem Gespräch mit den Polizisten nicht umgesetzt werden, kann eine Wegweisung oder eine Anzeige in Betracht gezogen werden. Über das Strafmass entscheidet dann die Justiz.

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