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Anlässe

Veranstalter leben in unsicheren Zeiten

Das Coronavirus entwickelt sich zur Zerreiss-probe für Veranstalter. Etliche Anlässe in der Region wurden vorsorglich abgesagt. Die finanziellen Folgen tragen die Organisatoren. Es herrscht Unsicherheit.

Bild: bt/a
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Man war sich unsicher im Jodlerklub Edelweiss Walperswil. Sollte man das Konzert vom 14. März durchführen, oder doch absagen? Man müsste sich an die vom Kanton Bern herausgegebenen Weisungen für Veranstaltungen mit unter 1000 Teilnehmenden halten. Müsste kontrollieren, dass von den Zuhörern zuletzt keiner in China oder Italien war. Und wenn sich dann doch ein Corona-Infizierter einschleicht, was dann?

«Dann müssten wir eine Busse zahlen», sagt Silvan von Rohr. Der Lysser ist Ehrenmitglied des Jodlerklubs und «fürs Knifflige zuständig». Der 73-Jährige hat beim Kanton nachgefragt, ob der Jodlerabend stattfinden soll. Bern hat zur Orientierung für Veranstalter eine Hotline installiert. Dort habe man ihm bestätigt, dass der Jodlerverein haften könne, wenn sich der Coronavirus am Jodlerabend ausbreitet, sagt von Rohr. Daraufhin wurde das Jutzen auf unbestimmte Zeit verschoben.

Der Kommunikationsbeauftragte des Berner Regierungsrates Christian Kräuchi kann nicht ausschliessen, dass Veranstalter die Verantwortung tragen, wenn ein Infizierter unbemerkt unter das Publikum mischt. «Ob ein Veranstalter haftet, falls sich an seiner Veranstaltung ein Infizierter befindet, wird rechtlich zu klären sein», sagt Kräuchi. Deshalb rät er zur Vorsicht. «Je mehr Leute eine Veranstaltung besuchen, desto schwieriger wird die Kontrolle», sagt er.

Le-Singe-Betreiber besorgt

Die gewünschte Vorsicht betrifft aber nicht nur grosse Veranstaltungen. Auch das klassische Konzert von Veranstalter Daniel Andres ist von Vorsichtsmassnahmen betroffen. Obschon er diesen Donnerstag im Farelhaus in Biel höchstens 100 Personen erwartete, musste er den Anlass verschieben. «Ich hätte das Konzert durchgeführt, aber das Farelhaus will den Saal nicht zur Verfügung stellen», sagt Andres. Valérie Feller, Geschäftsführerin des Farelhauses, verweist auf ihre Verantwortung als Veranstalterin. Sie müsse sicherstellen, dass sich der Virus nicht weiter ausbreitet.

Die Weisungen von Bund und Kanton könnten sich je nach Zuspitzung der Lage die nächsten Tage weiter verschärfen. Davor fürchtet sich Daniel Schneider. Er betreibt mit Chantal Emmenegger das Restaurant St. Gervais und den Club Le Singe in der Bieler Altstadt. «Wir können es uns nicht leisten, das Restaurant und den Club für Wochen zu schliessen», sagt Schneider. Die Existenz der Betriebe wäre gefährdet, glaubt er. «Schon zwei Wochen wären eine Katastrophe.»

Dafür, genügend Reserven anzulegen, hat der Geschäftsgang der letzten Jahre nicht gereicht. Geht das Geld aus, wäre Schneider auf die Hilfe von Gästen und Freunden angewiesen. «Dann müssten wir ein Crowdfunding starten», sagt Schneider.

Der Bieler Chessu hatte bereits dieses Wochenende mit einem Gästerückgang zu kämpfen. Ungefähr 500 Eintritte hat Veranstalterin Tina Messer verkauft, erwartet wurden doppelt so viele Besucher. Eine Technoparty und verschiedene DJs sollten für eine ausverkaufte Kuppel sorgen. Jetzt sorgt sich der Kulturverein Funky Monkey um die Kosten.

Es sei noch nicht alles gezählt, aber der Verlust betrage etwa 3000 Franken, sagt Messer. Und die Künstler für die nächsten Auftritte seien bereits gebucht. Diese können laut Vertrag auf die volle Gage bestehen, auch wenn die Veranstaltung nicht stattfindet. Tina Messner wird morgen bei den Agenten um Kulanz bitten. Falls die Massnahmen gegen das Coronavirus es verlangen, den Chessu früher zu schliessen als vorgesehen. Das Autonome Jugendzentrum (AJZ) will den Chessu bis Ende Mai betreiben, ehe eine zweijährige Um- und Ausbauzeit ansteht.

Mehrere Gäste abgewiesen

Grosszügig zeigten sich dieses Wochenende die Besucher des Duo Clubs in Biel. «Wir mussten von jedem Gast Name, Adresse, Telefonnummer und Unterschrift verlangen», sagt Betreiber Sascha D’Antonio. «Die Besucher waren alle schon informiert und sehr verständnisvoll.»

Die verstärkte Personenkontrolle bedeutet für Sascha D’Antonio einen Mehraufwand. «Ich musste zwei Leute mehr beschäftigen», sagt er. Dieses Wochenende stand der Chef sogar persönlich vor der Eingangstür und informierte die Gäste. «Wir mussten geschätzt zehn Personen wieder nach Hause schicken», sagt Sascha D’Antonio. Diese hatten angegeben, sich kürzlich in einem Risikogebiet wie Italien aufgehalten zu haben.

Ebenfalls eine Person wegschicken musste am Wochenende der Jodlerklub Zytröseli aus Studen. «Schweren Herzens», sagt Dirigent Markus Dähler. Knapp 500 Personen besuchten das Soiree, alle mussten ihre Personalien hinterlegen. Diese müssen die Veranstalter 14 Tage aufbewahren. «Sollte sich kein Verdachtsfall ergeben, werden wir mit den persönlichen Angaben beim nächsten Fest den Grill befeuern», sagt Dähler. Rachel Hämmerli

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Veranstaltungen abgesagt oder verschoben

Gestern wurde die Absage von folgenden Veranstaltungen in der Region aufgrund des Coronavirus bekannt gegeben:

  • Bööggverbrennen in Bözingen (heute Abend).
  • die Informationsveranstaltung betreffend der Sanierung und Neugestaltung der Hauptstrasse in Lyss (heute Abend).
  • die Vernissage der Ausstellung «Stärker als Gewalt» in Biel (heute Abend). Die Ausstellung und die geplanten Führungen für Klassen werden jedoch stattfinden.
  • das Bieler Farelhaus schliesst bis mindestens am 8. März. Annulliert sind unter anderem der Vortrag des Zürcher Architekturbüros Waldrap sowie das Konzert Trio Messiaën.
  • der First Friday (Freitagabend). Die Konzerte im Carre Noir und im Nebia Poche finden am Freitag voraussichtlich statt.

 

Verschoben wurden folgende Veranstaltungen:

  • die «Märchenzeit» (Samstag, 7. März) in der Stadtbibliothek Biel auf den Samstag 2. Mai.
  • die Sportlerehrung der Stadt Grenchen vom 13. März auf einen späteren Zeitpunkt. haf

 

Info: Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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