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Biel

«Vertrauen ist wahrscheinlich verspielt»

Initiant Kenan Sahin wurde als Geschäftsführer entlassen, an der heutigen Generalversammlung tritt der Vorstand fast geschlossen ab: Die Zukunft der Eisplanade steht nach einem finanziellen Debakel auf der Kippe.

Ein Erfolg für das Publikum, nicht aber für den Trägerverein: Die Eisplanade schloss dieses Jahr mit einem Defizit von 150 000 Franken. Bild: Peter Samuel Jaggi/a

Lino Schaeren

Knall beim Verein Eisplanade: An der heutigen Generalversammlung werden fünf von acht Vorstandsmitglieder zurücktreten, darunter Präsidentin Andrea Zryd, Vizepräsident Stöh Grünig sowie Kassier Thomas von Burg. Das geht aus der Traktandenliste hervor, die dem BT vorliegt. Hintergrund ist ein massives Defizit von rund 150 000 Franken, das die Bieler Winterveranstaltung bei ihrer zweiten Durchführung im letzten Dezember und Januar eingefahren hat. Zwar konnte der Verein in den letzten Monaten dank dem Entgegenkommen der Gläubiger saniert werden. Trotzdem stellt das finanzielle Debakel die Zukunft der «grössten mobilen Eisbahn der Schweiz» infrage. «Der Vorstand glaubt auch für die Zukunft nicht daran, dass dieser Anlass finanziert werden kann», sagt Zryd.

Hinter dem Rücktritt des Vereinsvorstands steckt aber mehr. Denn auch dies geht aus der Traktandenliste hervor: Der scheidende Gesamtvorstand hält Kenan Sahin offensichtlich für nicht mehr tragbar und will ihn zwingen, ebenfalls abzutreten. Sahin hat die Eisplanade zusammen mit Stöh Grünig vor zwei Jahren initiiert und bei der letzten Austragung als Geschäftsführer geamtet. Die Vereinsführung beantragt der Mitgliederversammlung heute die Abwahl von Sahin aus dem Vorstand; als Geschäftsführer hat sie ihn bereits entlassen.

«War eine One-Man-Show»
Zum Konflikt mit Sahin will sich Zryd auf Anfrage im Vorfeld der Generalversammlung nicht äussern. Auch der kaltgestellte Geschäftsführer sagt, er wolle nicht Dreckwäsche waschen. Das BT weiss aber aus Kreisen des Vereins, dass Sahin intransparentes und unprofessionelles Arbeiten ebenso vorgeworfen wird wie beratungsresistent zu sein. So soll er etwa die finanzielle Schieflage der Eisplanade im letzten Winter nicht nur mitverschuldet, sondern auch lange verschwiegen haben. Und: Sponsoren seien brüskiert worden, indem vertraglich zugesicherte Exklusivleistungen nicht erbracht werden konnten – was zu Mindereinnahmen führte. Sahin selber sagt: «Es gibt den Vorwurf, dass ich versagt hätte.»

Für Raphaël Benz, der bei der Eisplanade für die Events verantwortlich zeichnete, ist das Hauptproblem schnell ausgemacht: «Das war eine One-Man-Show.» Es habe viele gegeben, die bereit gewesen wären, mehr Verantwortung zu übernehmen, sagt er, «wenn man sie denn gelassen hätte». Doch Sahin habe nicht delegieren können. Darauf angesprochen, zeigt sich Sahin selbstkritisch: Er sei in der Verantwortung gestanden und ja, er habe Fehler gemacht, sagt er. Es sei schlicht nicht realistisch gewesen, über Monate hinweg so viel alleine schaffen zu wollen, «doch im Nachhinein ist man immer schlauer». Da der Verein habe saniert werden können, sei man mit zwei blauen Augen davongekommen, sagt Sahin. Nach dem Bitten um Forderungsverzichte bei den Lieferanten sei das Vertrauen aber «höchstwahrscheinlich verspielt».

Wieso also tritt Kenan Sahin nicht zusammen mit seinen Vorstandskollegen freiwillig ab? Wohl wegen den vorstandsinternen Konflikten. Gestern stellte Sahin nun aber in Aussicht, dass er es heute nicht auf eine Abwahl seiner Person ankommen lassen wolle. «Ich will nicht per se im Vorstand bleiben. Wenn es Leute gibt, die mit dem Verein weitermachen wollen, gebe ich an der Generalversammlung meinen Rücktritt.» Er würde aber einer neuen Führung sein gesammeltes Wissen zur Verfügung stellen.

«Bodenständiger werden»
Möglich also, dass es heute Abend an der Generalversammlung gar nicht zur offenen Konfrontation im Verein kommt. Stellt sich die Frage nach der Zukunft der Veranstaltung, die diesen Winter immerhin rund 70 000 Menschen aufs Eis gelockt hat.

Finden sich im Verein nicht neue Führungskräfte, die zumindest vorübergehend übernehmen, geht das Projekt Eisplanade nach nur zwei Austragungen zu Ende. Laut Zryd sei nicht absehbar, ob es eine Lösung geben werde. Benz hofft darauf – dafür sei aber eine neue Struktur nötig, man müsste sich von den Altlasten trennen und das verspielte Vertrauen zurückgewinnen. Benz ist zudem überzeugt, dass die Eisbahn im Vergleich zur letzten Austragung redimensioniert und bodenständiger werden müsste, «damit sie besser zu Biel passt».

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