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Eishockey

Viel Hygiene, wenig Gewohntes

Der EHC Biel bereitet sich auf die Playoffs vor – so gut das mit der Ungewissheit über den weiteren Saisonverlauf eben geht. Ein Trainingsbesuch bestätigt die spezielle Situation.

Papierhandtücher sind beim EHC Biel in Zeiten des Coronavirus allgegenwärtig. BIld: bil
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Moritz Bill

Zunächst scheint hier ein ganz normales Training des EHC Biel stattzufinden. Die Spieler kommen nach und nach aufs Eis, drehen ein paar Runden, schiessen die Pucks aufs leere Tor – so, wie ein jedes Training beginnt. Dann geschieht aber das erste Unerwartete: Anders Olsson übernimmt das Zepter, erklärt die folgenden Übungen. Dass der Assistenztrainer dies tut, während Chef Antti Törmänen die ganze Zeit im Hintergrund bleibt und beobachtet, ist an und für sich nichts allzu Aussergewöhnliches; das kommt während einer langen Saison immer mal wieder vor. Doch in der Woche vor dem Playoff-Start ist das eigentlich undenkbar. Aber was ist im Schweizer Eishockey überhaupt noch normal, seit es durch die Massnahmen des Bundesrats zur Eindämmung des Coronavirus nur noch vor leeren Rängen stattfinden darf und die Playoffs deswegen eben nicht am Samstag beginnen?

Hans Wieszinski weiss über die zuvor nie dagewesene Situation einiges zu erzählen. Der Materialwart und seine Kollegen sind jetzt besonders gefordert. «Wir haben die Hygienemassnahmen massiv verstärkt», sagt er. Auf der Spielerbank liegen nicht wie üblich Stoffhandtücher, sondern solche aus Papier. Das Reinigungsintervall der Toiletten in der Garderobe ist intensiviert worden. Viel häufiger desinfiziert werden auch die Türklinken. Aus drei Abfalleimern ist einer geworden, dieser wird regelmässiger geleert. «Und natürlich haben wir die Spieler angehalten, mitzudenken», sagt Wieszinski. Überall in der Garderobe stehen Desinfektionsmittel bereit.

 

Ein Fussschlag zur Begrüssung

Besuche in der Kabine sind noch restriktiver als im Normalfall, sprich, komplett untersagt. Hinein kommen nur noch das Team und die Betreuerinnen und Betreuer. Das hat zur Folge, dass David Ullström nach Trainingsende vor verschlossener Tür einen Moment verharren muss, ehe er Einlass bekommt. Hinaus schreitet Thomas Zamboni, der Konditions- und Videocoach ist gerade dabei, sich die Hände zu desinfizieren. Zur Begrüssung setzt er zu einem Fussschlag an, so wie auf einem Video, das sich derzeit online verbreitet. Wie vielerorts, versucht man auch beim EHC Biel, dem Coronavirus mit Humor zu trotzen. Doch die allgemeine Ungewissheit bezüglich des neuartigen Virus und den Stillstand der Meisterschaft findet selbstverständlich trotzdem niemand lustig.

Obwohl auf dem Eis eine lockere Stimmung zu herrschen scheint, gelacht wird und gelungene Aktionen übertrieben zelebriert werden, ist dennoch eine gewisse Beklemmung bemerkbar. Niemand weiss, wie es weitergeht. Man fragt sich, ob man mit solchen Trainings einfach die Saison ausklingen lässt oder es dann in absehbarer Zeit doch noch Playoff-Hockey zu spielen gilt, mit oder eben ohne Publikum.

 

Endlich könnten alle spielen

«Alles ist offen», sagt Mathieu Tschantré, «das macht es so verflixt.» Die grösste Herausforderung sei es, unter diesen Umständen die Spannung aufrechtzuerhalten. «Aber immerhin ist das für alle Mannschaften gleich.» Jedoch kommt der Unterbruch für den EHCB sportlich betrachtet zu einer speziell ungünstigen Zeit. Zamboni wird leicht melancholisch, wenn er aufs Eis blickt und sagt: «Jetzt hätten wir endlich eine wirklich schlagkräftige Truppe beieinander.» Erstmals in dieser Saison beklagen die Seeländer keine Verletzungssorgen. Ullström und Luca Cunti trainieren schon wieder voll mit, Janis Moser und Jan Neuenschwander noch mit etwas Vorsicht.

Um nicht aus dem Rhythmus zu fallen, trainieren die Bieler seit Dienstag täglich, morgen steht eine freiwillige Einheit auf dem Programm, am Wochenende ist frei. Auf Videostudium, wie sonst vor den Playoffs üblich, hat man bisher verzichtet. Nächste Woche werden voraussichtlich zwei Testspiele für Abwechslung sorgen. Offiziell bestätigt ist nichts, doch soll es sich um je eines gegen Fribourg-Gottéron und Langnau handeln. Natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, vielleicht sogar nur mit den nötigsten Funktionären und ohne Medien.

Je nachdem könnten das Jonas Hillers und Tschantrés letzte Partien sein, die beiden gehen Ende Saison von Bord. Dieses Szenario ging Tschantré schon durch den Kopf. «Aber solange nichts klar ist, will ich keine Gedanken daran verlieren.» Es gelte nun, zuversichtlich zu bleiben, aber das Ganze auch in Relationen zu betrachten. «So sehr ich Eishockey liebe, hier geht es um etwas Grösseres. Ich möchte nicht Bundesrat sein und solche Entscheide treffen müssen.»

Mathieu Tschantré, Captain EHC Biel

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