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Kafipause

Vom nautischen und vom menschlichen Tiefgang

Im persönlichen Blog berichten Bernhard Rentsch und Parzival Meister, Mitglied der publizistischen Leitung, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Vom nautischen und vom menschlichen Tiefgang.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Die Sommerzeit führt viele regelmässig ans Wasser. Flüsse, Teiche oder Seen sollen beruhigende Wirkung haben. Ja, persönlich finde ich auch, dass Stille, regelmässige Bewegungen oder der Blick in die Weite durchaus zu schätzen sind. Mindestens so spannend ist aber das Beobachten des Verkehrs auf den Gewässern, sei er motorisiert oder nicht.

Ausgehend vom Staunen, mit wie vielen Lastwagen, Wohnmobilen oder Autos beladen eine grosse Fähre über das Meer schippert oder wie ein kleines Motorböötli selbst im knietiefen Uferwasser am Bielersee den Weg zu «seinem» Anlegeplatz findet, geht es hier um Gedanken zum Thema Tiefgang – im nautischen wie im menschlichen Bereich.

Gewicht – und seien es wie erwähnt mehrere Dutzend Tonnen Stahlkarossen – scheint einem Schiff keine grossen Probleme zu bescheren, sofern es dafür geeignet erbaut wurde. Jedenfalls sinkt die Fähre im italienischen Hafen kaum merklich, auch wenn während einer Stunde unzählige Fahrzeuge sehr präzis auf den diversen Decks aufgereiht werden. Der schwimmende Koloss schluckt alles und wankt kaum. Er fährt damit zwar nicht schnell, aber beständig.

Viel zappeliger reagiert das ebenfalls angesprochene Motorböötli auf dem Bielersee oder noch vielmehr ein Segelboot oder ein praktisch auf der Oberfläche schwebendes Stand-up-paddle-Brett. Da kann der Tiefgang nahezu vernachlässigt werden.

Nun die etwas philosophische Überleitung zum menschlichen Tiefgang. Im Wissen, dass beim Gegenüber jeweils neben der sichtbaren Oberfläche auch viel Unsichtbares unter der Oberfläche vorhanden ist, ist Tiefgang wichtig und richtig. Unter Gewicht kann der Mensch wie die Fähre sehr viel aufnehmen, ohne zu sinken. Die Bauweise und die Verteilung der Last sind entscheidend. Alles hat aber Grenzen – Schieflage oder Überlastung liegen nicht drin. Gelegentlich obenauf schweben und auf den Wellen dümpeln ist ein zweites Bild, das mit Blick auf den menschlichen Tiefgang wirken soll. Neben dem schweren Kahn mit grossem Tiefgang ist das Leichte gefragt. Mit steter Boden- respektive Wasserhaftung führt der Weg übers Wasser auch zum Ziel.

Wir müssen nicht fliegen, um vorwärtszukommen. Ich mag Menschen mit Tiefgang, die bei geringer Last auch das Schweben auf der Oberfläche geniessen. Sie auch?

bernhard.rentsch@gassmann.ch

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