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Geschichte

Von den drei Türmen zur Kultur-Kuppel

Das Autonome Jugendzentrum AJZ in Biel hat immer wieder um Akzeptanz und seinen Platz kämpfen müssen. Ein Blick zurück in die Geschichte des «Chessu», vom Gaswerk bis zur Einbettung in die Esplanade.

Das ehemalige Gaswerk, aufgenommen vermutlich anfang der 1930er-Jahre. memreg
  • Dossier

Sabine Kronenberg

Im 19. Jahrhundert kam der Gebrauch von Gas als Rohstoff auf und Biel baute ein Gaswerk an der Zentralstrasse. In mehreren Etappen wurde der Betrieb erweitert und bald standen drei Türme nebeneinander, mit den sogenannten Gasometern, den Gasbehältern im Innern. 1967, bei der Umstellung auf das ökologisch interessantere Erdgas mit weniger CO-Emissionen, wurde das Gaswerk stillgelegt und stand daraufhin leer.

Der Generation der Bieler 68er ist die Geschichte, die folgt, bekannt: Als es zu den Globus-Unruhen in Zürich kam, identifizierte sich auch die Bieler Jugend mit der Forderung nach einem Jugendzentrum. Denn bei der Auseinandersetzung zwischen jugendlichen Demonstranten und der Polizei in Zürich ging es um das Ansinnen, ein Jugendzentrum in den Magazinen des Globus einzurichten. Diese Unruhen gehören in den Kontext der internationalen Jugendunruhen der Zeit, die in den 50er-Jahren ihren Anfang nahmen und ab 1965 dann zunehmend politischer wurden. Sie waren stark von der amerikanischen Studenten-, Bürgerrechts- und Antikriegsbewegung beeinflusst.

Aufruf zur Sammelaktion

Bielerinnen und Bieler nahmen die Zürcher Forderung nach einem Jugendzentrum zum Anlass, sich auch für ein solches Zentrum in Biel einzusetzen. 1968 forderten die Engagierten ein «Autonomes Jugendzentrum» – eben das AJZ – und wurden auch im Stadtrat unterstützt. Am 20. August 1968 beschloss der Gemeinderat, die Gasometerkuppel, welche die jungen Erwachsenen als Räumlichkeiten für das AJZ nutzen wollten, nicht abzureissen. Das «Bieler Tagblatt» wie auch das «Journal du Jura» riefen dann zu einer öffentlichen Sammelaktion auf, um den Umbau des «Bieler Jugendzentrums» zu finanzieren. Fast 13 000 Franken kamen zusammen.

«Chessu» darf doch bleiben

Es dauerte bis 1970, bis der Umbau beginnen konnte. Mal erteilte der Gemeinderat erst unter Druck die Baugenehmigung, mal war den Aktivisten unklar, wie und ob es weitergehen soll. Allen Widrigkeiten zum Trotz öffnete das «Autonome Jugendzentrum» im Mai 1975 seine Türen, der Umbau der Kuppel (daher der französische Name Coupole oder die schweizerdeutsche Bezeichnung Chessu) wurde mit einem Konzert gefeiert.

Auch heute noch ist das AJZ ein Veranstaltungsort mit vielen, sehr unterschiedlichen Anlässen, auch politischer Art. Um die Akzeptanz und seinen Platz musste das AJZ immer wieder kämpfen. Zuletzt gegen ein Bauvorhaben bei der Planung des Esplanade-Projektes; da kam plötzlich die Diskussion auf, das AJZ in ein industrienahes Quartier zu verlegen. Die Esplanade sei ein Wohnquartier, hiess es. Und in der Tat ist das AJZ heute umgeben von Wohngebäuden. Wo bis vor ein, zwei Jahren der grosse Parkplatz und Brachland lagen, hat zudem heute neben den Wohngebäuden die urbane Esplanade-Platzgestaltung Form angenommen. Inzwischen sind sich alle Beteiligten weitgehend einig: Zum urbanen Raum Esplanade gehört ein belebter Platz, ein perfekter Ort für ein Kulturzentrum.

In der Überbauung Esplanade Nord – ebenfalls alles Wohnhäuser – ist geplant, die Schlafzimmer in die Innenhöfe auszurichten. So darf der Platz nachts belebt und betanzt sein und in den Häusern wird trotzdem gut geschlafen …

Stichwörter: Serie, Geschichte, Gasskessel

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