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„Krawattenzwang“

Von Schoggiosterhasen-Lieferketten und Hamsterkäufen

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, Chefredaktor „Bieler Tagblatt“, wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Von Schoggiosterhasen-Lieferketten und Hamsterkäufen.

Bernhard Rentsch: Krawattenzwang
  • Dossier

Die Ostertage sind vorbei – wir alle haben etwas spezielle Tage verbracht, weil wir uns ja an die Empfehlungen gehalten haben. Dank unserer Vernunft scheint sich die Pandemie-Entwicklung in die erhoffte Richtung zu bewegen. Also: Ostern ohne Familien- und Freundetreffen, Ostern ohne Ausflug, Ostern ohne ersten Grillschmaus an öffentlichen Feuerstellen.

Aber Ostern ohne Schoggihasen? Nein, sicher nicht! Ein Wort, das wir in den letzten Wochen gelernt und immer wieder gehört und gelesen haben, heisst Lieferketten. Dank den funktionierenden Lieferketten landeten die kleinen Süssen denn auch pünktlich in den Regalen. Und weil Schokolade auch in Pandemiezeiten zum Glück zu den Grundnahrungsmitteln zählt und deshalb im Supermarkt nicht verborgen aufbewahrt wird, hatten wir auch heuer die Qual der Wahl. Natürlich hat die Produktion weit vor dem Ausbruch der Coronakrise begonnen. Dass die erhofften Abläufe bis hin zum Einräumen in die Auslagen der Verkaufsstellen geklappt haben, verdient einen kleinen Sonderapplaus.

Natürlich geht es nicht «nur» um die Schoggihasen. Es ist vielmehr ein Lob und Dank an alle, welche Lieferketten irgendwelcher Art aufrecht erhalten. Es wird viel über fehlende Produkte aus dem Ausland getratscht. Dabei wird vergessen, wie viel «einfach so» mit heimischen Produkten klappt. Tausende von fleissigen Händen sorgen dafür, dass wir auf intakte Lieferketten vertrauen können. Also: Weniger schimpfen über das, was fehlt, und mehr schätzen, was verfügbar ist. Und vielleicht schon bald darüber nachdenken, wie nötig Abhängigkeiten von Dritten sind.

Bei allem Lob für die funktionierenden Lieferketten stellt sich mehr denn je die Frage nach den Gründen für Hamsterkäufe. Was da in den letzten Wochen zu beobachten war, entbehrt jeglicher Logik. Angefangen beim WC-Papier: Dass Corona keine Verdauungsstörungen auslöst, ist mittlerweile bekannt. Warum also der Ansturm genau auf dieses Produkt? Es ist unerklärlich, wie ein Kieselstein offenbar eine Lawine in Gang setzte, die kaum aufhaltbar war – nicht logisch, nicht nachvollziehbar. So, wie wenn eine Gruppe Menschen gezielt in den Himmel guckt und sich weitere Passanten anstecken lassen, ebenfalls in der Luft die scheinbare Sensation zu beobachten. Oder hat mir jemand eine Erklärung für Hamsterkäufe? Vor allem, wenn stets betont wird, dass wir in unserem reichen Land keine Versorgungsengpässe zu befürchten haben.


brentsch@bielertagblatt.ch

Twitter: @BernhardRentsch

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