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Kafipause

Von Vivaldi und Grossmutters Kniesocken-Regel

Im persönlichen Blog berichten BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch und Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Von Vivaldi und Grossmutters Kniesocken-Regel.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

Frühmorgens im T-Shirt und ohne Socken der Gang zum Briefkasten – brrr. Da habe ich mich vertan, nachdem doch im März bereits die ersten Arbeitskollegen in kurzen Hosen anzutreffen waren. Bei den Gedanken an die aktuelle Wettersituation kann eine Parallele von zwei an sich nicht zusammengehörenden Bereichen gezogen werden: Das morgendliche Jogging ohne Mütze und Handschuhe ist dann möglich, wenn auch der Wechsel der Winterpneus ein Thema wird. Für beides war es in den letzten Tagen ganz offensichtlich noch zu früh. Das Frieren an Ohren und Händen war Zeichen, dass auch im Strassenverkehr immer noch mit gefrorenen Stellen zu rechnen ist. Der Termin für das Wechseln der «Finken» am Auto ist also mit diesem Messinstrument einfach zu finden, ohne wie viele andere im Verkehr von einem verspäteten Schneefall überrascht zu werden.

Es gibt aus der Kindheit zwei überlieferte Grundsätze, die der Vorsicht vor zu frühen Sommergefühlen im April Rechnung tragen: Die warmen Monate in der Schweiz sind diejenigen ohne ein «R» im Namen, also Mai bis August. Der April gehört gemäss dieser Regel noch nicht dazu. Und er bestätigt dies aktuell deutlich. Von der Grossmutter wurde zudem überliefert, dass man seinerzeit auf Kniesocken verzichten konnte, wenn die Schneeresten an den Hängen des Chasseral den Schriftzug «Aarau» erahnen liessen. Aktuell hat es noch zu wenig grüne/braune Flecken, um dies zu erkennen. Also auch hier: Wir müssen noch etwas auf die warme Zeit warten.

Schwierig sind die klimatischen Veränderungen im unberechenbaren April insbesondere für die Landwirtinnen und für die Hobbygärtner. Was in den letzten Wochen zur farbenfrohen Blüte erwachte, droht in den aktuell kalten Nächten gleich wieder abzusterben. Wenige Tage oder eben Nächte reichen, um die Arbeit bis zur Ernte im Spätsommer zu zerstören – bitter.

«Auch das Wetter ist nicht mehr, was es einmal war», höre ich die Pessimisten klagen. Aber: Das typische Aprilwetter war stets ein Wechselbad zwischen Sonnenschein, Regentagen und eben auch nochmaligen Winterkapriolen. Also kein Grund, Mitte April den Wettergott zu verteufeln. Es ist doch gut, Frau Holle auch noch bei der Arbeit zu wissen.

Den geeigneten Spruch zu diesen Gedanken liefert mir übrigens die «Republik»-Journalistin Adrienne Fiechter via Twitter: «Vivaldi hat die ‹Vier Jahreszeiten› sicher an einem einzigen Tag im April geschrieben.»

brentsch@bielertagblatt.ch
 

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