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Kafipause

Was ein moderner Pirat im Bürogebäude erobert

Im persönlichen Blog berichten BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch und Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter, abwechslungsweise wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern. Heute: Was ein moderner Pirat im Bürogebäude erobert.

Bernhard Rentsch
  • Dossier

«Sitzungszimmer-Piraten» – mit diesem humoristischen Schimpfwort betitelte uns vor Kurzem ein Arbeitskollege nach der Beobachtung, dass wir einen Gemeinschaftsraum neben dem Grossraumbüro benutzten, ohne ihn vorher korrekt digital reserviert zu haben. Das ist aber ein tolles Kompliment, so der persönliche Gedanke dazu – und dies in zweierlei Hinsicht.

Der Bubentraum vom bösen, Schätze erobernden Krieger der Weltmeere schwingt mit. Ein Pirat möchten alle sein, das Negative des Gauners, Räubers und Plünderers schliessen wir aktiv aus den Sehnsüchten aus. Weil aber das Meer in weiter Ferne liegt, das Plündern damals wie heute keine wirklich redliche Option für den Einkommenserwerb ist und zudem wohl nur noch wenige Schätze zu heben sind, gehört das Piratendasein endgültig in die Fabelwelt. Ausser, man mutiert zum Sitzungszimmer-Piraten. Der Zuruf ist also keineswegs als Kritik angekommen, sondern liess das Herz des Täters für einen kurzen Moment jauchzen.

Der zweite positive Gedanke der damaligen Freveltat ist die Tatsache, dass man ausnahmsweise auch mal kurz zusammensitzen konnte, ohne sich an die Regeln zu halten. Nicht, dass ich diese hinterfrage. Zumal in den Bürogebäuden mit Grossraumkonzepten das Thema «Mangelware Sitzungszimmer» stets ein Streitpunkt bleiben wird. In den kleineren Büros entwickelten sich ehemals Zweier- und Dreiergespräche problemlos und nicht störend. Im Grossraumbüro zieht man sich hingegen bereits bei längeren Telefongesprächen in eine ruhige Ecke zurück, um die konzentriert arbeitenden Kolleginnen und Kollegen nicht zu stören. Oder eben in ein Sitzungszimmer – das gerade frei ist. Die Reservationssysteme im Übrigen sind ebenfalls sinnvoll und nötig. Das Piratentum soll nicht zur Tagesordnung werden – war halt nur so eine kleine Flucht ins Abenteuer. Die Grossraumsituation hat im Gesamten nämlich mehr Vor- als Nachteile. Das kleine «Problem» ist kein Appell zur Rückkehr ins Mehrkämmerlisystem, in dem jede und jeder unkoordiniert vor sich hin wurstelte.

Und um die eigene Zuverlässigkeit nicht noch mehr zu unterwandern: Hätte jemand während der unerlaubten Nutzung des besagten Sitzungszimmers darauf bestanden, den korrekt reservierten Raum zu benutzen, wären wir im Nullkommanichts aufgestanden und hätten die Plätze freigegeben. So korrekt sind dann die modernen Piraten schon.

brentsch@bielertagblatt.ch


 

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