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Corona-Blog

Was mir
 durch die Krise
 hilft

Welche Dinge mich in diesen Tagen freuten, fragte mich kürzlich ein lieber Kollege per Whatsapp.

Symbolbild: Pixabay
  • Dossier

Michael Schneider, Blattmacher

Zunächst einmal: Die langsame Rückkehr zur Normalität. Kürzlich traf ich mich erstmals seit Beginn der Coronakrise mit meinen Eltern in deren Garten – zum Distanz-Grillen: Sie am oberen Ende des ausgezogenen Tisches, ich am unteren. Ich musste schmunzeln ob der Verrenkungen, mit denen wir mit weit ausgestreckten Armen Platten die Tafel hoch- und runterschoben. Und doch war es ein Fortschritt. In den dramatischsten Tagen der Pandemie fand der Apéro am Küchenfenster statt: Ich sass draussen, meine Eltern drinnen.

Freude macht auch, dass ich liebgewonnene Gewohnheiten wieder aufnehmen kann. An den Tagen, an denen ich beim BT ausnahmsweise für die Tag- statt die Abendschicht eingeteilt bin, hole ich mir danach fast immer in einem Restaurant nahe dem Bieler Medienzentrum einen Döner Kebab. Am Auffahrtstag habe ich das zum ersten Mal seit Mitte März wieder getan. Das letzte Mal war ich zuvor am 13. März dort. Damals muss ich etwas gespürt haben: Ich arbeitete an dem Tag eigentlich gar nicht, schaute nur kurz in der Redaktion vorbei – und schnappte mir vor dem Heimgehen mein Abendessen. Dann kam ein Wochenende mit Menschenansammlungen, vielen Neuansteckungen und verbotenerweise offenen Skigebieten. Am Montag darauf folgte der Lockdown. Als ich nun zurückkehrte, war es, als ob sich ein Kreis schlösse.

Meinem Kollegen habe ich auf seine Frage übrigens eine andere Antwort gegeben. Ich schrieb: «Gute Gespräche und Bücher.» Zwar habe ich es bisher nicht geschafft, Albert Camus’ «Die Pest» wiederzulesen. In meiner Schulzeit hat mir der Roman sehr gefallen. Das tut er immer noch, nur ist mir die Geschichte gerade etwas zu nahe an der Realität. Zugute kommt mir in diesen Wochen ohne Kino und (fast) ohne Livesport im TV meine Krimi-Sucht. Ich verschlinge Kriminalromane eher, als dass ich sie lese: Ohne die Absicht, mich zu bilden, ohne einen Gedanken daran, wie ich das Gelesene verwursten könnte, bis tief in die Nacht hinein, auch wenn ich am anderen Morgen früh raus muss. Ich weiche dem Virus aus, indem ich in eine Corona-freie Welt abtauche. Und wenn mir die Spannung angesichts der angespannten Realität zu viel wird, so hilft mir eine weitere alte Gewohnheit: Es ist nämlich nicht verboten, vorzublättern und den Schluss zu lesen.

mschneider@bielertagblatt.ch

Stichwörter: Coronablog, Roman, Bücher

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