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Biel

Weltoffen und innovativ: Das Warenhaus Bouldoires

Vor 50 Jahren pries das «Bieler Tagblatt» die erste «Boutique für Mädchen und junge Frauen» im Bouldoires. Das Warenhaus war Symbol des starken wirtschaftlichen Aufschwungs Mitte des 20. Jahrhunderts und festigte damit auch den Begriff der «Zukunftsstadt».

  • 1/7 Die Kassen. Bilder: Staatsarchiv des Kantons Bern, FN Nydegger 125 A
  • 2/7 Die Herrenartikel.
  • 3/7 Die Abteilung mit den Kopfbedeckungen für die Frau.
  • 4/7 Die Spielwarenabteilung.
  • 5/7 Die «Abteilung für den Einkauf»
  • 6/7 Bouldoires von aussen.
  • 7/7 Die Stoffabteilung.
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  • Dossier

Sarah Zurbuchen

Im Oktober vor 50 Jahren ging das beliebte Bieler Warenhaus Bouldoires mit der Zeit und eröffnete seine erste Modeabteilung. Das Ereignis wurde im «Bieler Tagblatt» vom 24. Oktober 1968 in begeisterter Manier bekanntgegeben: «Mit viel Wagemut und einer guten Dosis Flair für die Jungen hat das bekannte Haus Bouldoires eine Boutique für Mädchen und junge Frauen eingerichtet.» Die «jungen» Kleider, Mäntel, Kostüme, Abendkleider und Accessoires der neuen Boutique kamen laut BT hauptsächlich aus Frankreich und England und waren im Mary Quant’s Ginger-Stil gehalten. Mary Quant war eine britische Modedesignerin, die als Erfinderin des Minirocks gilt.

Das Model Twiggy machte den Mary Quant-Look Ende der 1960er-Jahre zum Markenzeichen einer Generation. Sie kreierte einen neuen, kindlichen Frauentyp. Älteren Lesern wird das Bouldoires noch ein Begriff sein. Das Geschäft befand sich von 1923 bis 1978 im heutigen Loeb-Gebäude. Es war eines der ersten, wenn nicht gar das erste grosse Warenhaus in Biel. Entsprechend beliebt und bekannt war das Familienunternehmen.


Geschäftstüchtiger Gründer
Das Warenhaus ging schon immer mit der Zeit. Gegründet hatte dieses Jean Bouldoires, der 1880 in Frankreich geboren war. Aus bäuerlichem Milieu stammend, wanderte er in der Jugend nach Paris aus und wurde Handelsreisender für Kurzwaren französischer Produktion. Damit bereiste er auch Deutschland und die Schweiz.

In Biel lernte er seine Frau Raymonde Philomène Desmaison kennen, ebenfalls gebürtige Französin. Das Ehepaar eröffnete 1909 an der Untergasse 9 ein kleines Geschäft mit dem Namen «Galeries modernes». Doch dieses platzte nach dem Ersten Weltkrieg schon bald aus allen Nähten und «trotz der Einbeziehung der obern Stockwerke», wie es die «Berner Woche» im Jahre 1944 beschrieb, fehlte es an Raum.

Und weiter: «Es war schon damals klar, dass der Gründer eine grundlegende Umänderung plante und einen Betrieb zu schaffen beabsichtigte, der den Anforderungen der Zeit voll entsprochen hätte.»

1918 zog das florierende Geschäft an die Ecke Nidaugasse-Schülerstrasse. Nur fünf Jahre später kaufte der Patron die Magasins Braun an der Nidaugasse und gründete die Firma Grands Magasins Bouldoires.

In den folgenden Jahren wuchs das Geschäft weiter, mehr Raum musste her. 150 Quadratmeter Garten wurden einer Erweiterung geopfert. Es folgten weitere Veränderungen, wie der «Berner Woche» zu entnehmen ist: Eine Vergrösserung des ersten Stockwerkes, Anschluss an das Haus Neuengasse 44, Aushebung und Unterführung des Untergeschosses von 400 Quadratmetern, wo die neue Abteilung für Haushaltartikel installiert wurde. 

1948 verstarb Gründer Jean Bouldoirs, Sohn Gilbert übernahm das Unternehmen. «Mit seiner Weltoffenheit und seiner Innovationsfreude war Jean Bouldoires ein typischer Vertreter der ‹Zukunftsstadt Biel›», steht im Historischen Lexikon der Schweiz.

 

«Lustige Malereien»
Zurück ins Jahr 1968. Die Einrichtung der neuen Boutique war topmodern: «Lustige, avantgardistische Malereien», ein Mobile-Himmel und aufblasbare Plastikfauteuils waren ganz im Stile der 60er-  und 70er-Jahre gewählt. Die Möbel bestanden aus «Kartonkisten-Elementen, die auch für die Einrichtung von ‹Buden›, wie Junge ihre Zimmer gern bezeichnen, geeignet sind», versuchte sich der BT-Redaktor mit dem Kürzel «gs» in moderner Sprache.

Eine weitere Neuheit war die Beleuchtung: Sie kam von Stromschienen, an die beliebig viele Lampen angesteckt werden konnten.

Eine Erfindung von Gilbert Bouldoires höchstpersönlich, «dem quicklebendigen, allem Neuen aufgeschlossenen Inhaber des Hauses», wie das BT schwärmte. Das Ende der Ära Bouldoires kam im Jahr 1978, als Gilbert Bouldoires (1916-87) das Unternehmen schliesslich an die Berner Firma Loeb verkaufte.

Leider sind nur noch wenige Bilder aus der Blütezeit des Bouldoires zu finden. Die Bilder auf dieser Seite stammen aus dem Jahr 1944 und wurden vom Berner Fotografen Walter Nydegger fotografiert, dessen Nachlass im Staatsarchiv aufbewahrt wird.

Die Fotoreportage erschien 1944 in der Zeitschrift «Berner Woche».

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