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Poststellen

«Wer etwas bewahren will, 
muss bereit sein, sich zu verändern»

Der Bieler Grossrat Daniel Hügli (SP) kämpft gegen den geplanten «Poststellen-Kahlschlag». Für Grossrat Hubert Klopfenstein (FDP) hingegen ist der Abbau eine logische Sache, weil die Kunden dem gelben Riesen keine grosse Treue mehr halten.

Daniel Hügli ist Grossrat der SP aus Biel. Der 36-jährige Gewerkschafter ist Zentralsekretär bei Syndicom – Gewerkschaft Medien und Kommunikation. Syndicom vertritt die Post-Mitarbeitenden und kämpft gegen den Poststellen-Kahlschlag. Im...
  • Dossier

Daniel Hügli, Freitag letzte Woche

Lieber Hubert

Die Post hat angekündigt, dass sie 500 bis 600 Poststellen schliessen will. Dafür will sie auch die Kantone einspannen. Grund für dieses Vorgehen dürfte sein, dass die Post zunehmend Schwierigkeiten hat, die Pläne gegen den Widerstand in Bevölkerung und Gemeinden durchzusetzen. Es zeichnet sich also ein Feilschen zwischen den Kantonen und den Gemeinden ab. Denn es ist klar, dass die Poststellen-Schliessung einem weiteren Abbau des Service Public gleichkommt. Sie befürchten, an Attraktivität zu verlieren – auf dem Land wie auch in der Stadt. Ich habe deshalb ein Postulat eingereicht, das den Regierungsrat zum Widerstand gegen die Schliessungen auffordert. Er soll Massnahmen prüfen und besonders die Gemeinden frühzeitig in die Diskussionen einbeziehen. Als ehemaliger Gemeinderat in Biel bist Du doch sicher mit mir einverstanden, dass die Gemeinden einbezogen werden sollten? Schönes Wochenende, Daniel

Hubert Klopfenstein, Samstag

Lieber Daniel

Nun, die Post ist wirtschaftlich gezwungen, massiv Poststellen zu schliessen, und hierfür ist in erster Linie der Konsument selbst verantwortlich. Dank Mails, SMS und den neuen Paketlieferdiensten und so weiter kommt der gelbe Riese stark unter Druck. Kommt hinzu, dass die Service-Public-Vorlage vom Souverän selbst deutlich abgelehnt worden ist. Die Post muss folglich ihre Kräfte auf gewisse Standorte konzentrieren. Das Kriterium der Attraktivität einer Gemeinde, je nachdem ob sie nun eine Poststelle hat oder nicht, scheint mir reichlich gekünstelt zu sein. Wer wählt schon seinen Wohnort aus nach dem Kriterium des Vorhandenseins einer Poststelle? Niemand! Selbstredend wird jede Gemeinde behaupten, gerade ihr Standort sei wichtig und sie wäre von einem Abbau besonders betroffen. Da die Einwände der Gemeinden stereotyp daherkommen, macht es wenig Sinn, diese in den Prozess einzubeziehen, – dies verkommt zu einer Alibiübung. Verhandeln muss daher die Post zusammen mit den Kantonen aufgrund der Richtpläne. Opfersymmetrie heisst die Losung. Die kommunale Ebene einzuschalten wird nichts bringen und bloss das Frustrationspotenzial erhöhen. Ex-Gemeinderat hin oder her, die Gemeinden sollen sich raushalten. 
Schönen Tag, Hubert.

Daniel Hügli, Samstag
Lieber Hubert

Die Post ist ein öffentliches Unternehmen und hat deshalb einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen: Post-Dienstleistungen von hoher Qualität zur Verfügung zu stellen, die für alle erschwinglich sind und zu denen die ganze Bevölkerung Zugang hat. Grossen Teilen der Bevölkerung werden heute aber bereits weniger öffentliche Dienstleistungen geboten. Der Service Public zieht sich aus den Quartieren und vom Land zurück in die Zentren – und da meine ich nicht nur die Post. Zum Service Public gehört auch, dass die öffentlichen Dienstleistungen von Postangestellten unter guten Arbeits- und Lohnbedingungen erbracht werden. Die Post lagert aber immer mehr Dienstleistungen an Dritte aus, die unsichere und schlechtere Arbeitsbedingungen haben. Beispielsweise werden Poststellen durch Post-Agenturen ersetzt. Diese Agenturen werden häufig von Detailhandelsgeschäften geführt, bei welchen das Personal keine Mindestlöhne und wesentlich schlechtere Arbeitsbedingungen hat. 
Schönen Abend, Daniel

Hubert Klopfenstein, Sonntag

Lieber Daniel
Wie ich bereits erwähnt habe, hält der angebliche Postkunde der Post selbst keine grosse Treue mehr und macht von den einst geschätzten Poststellen immer weniger Gebrauch und zwar sowohl in der Stadt wie auf dem Land. Dass folglich die Post gewisse Dienstleistungen zentrieren muss, ist der normale Lauf der Dinge. Völlig übertrieben ist, von einem massiven Abbau zu sprechen. Die Bürger sind heute sehr mobil, der öffentliche Verkehr wird ausgebaut wie auch der Langsamverkehr, sodass auch grössere Strecken zugemutet werden dürfen. Anders als im Spitalwesen kann denn auch nicht von «postalischen» Notfällen gesprochen werden. Ich habe selbst erlebt, wie man eine Poststelle in einen Lebensmittelladen der Volg integriert hat. Anfänglich wurde der Untergang heraufbeschworen, drei Monate später spricht niemand mehr von Abbau und man ist hinlänglich zufrieden. Auch das Verkaufspersonal hat keine Probleme damit.
Ich wünsche einen sonnigen Tag! Hubert

Daniel Hügli, Dienstag
Lieber Hubert

Es ist richtig, dass die Post ihr Dienstleistungsangebot an die veränderten Zugangsmöglichkeiten anpasst. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass gleichzeitig der Zugang erschwert wird, etwa für ältere Menschen, die Landbevölkerung oder kleinere Betriebe. Es sind die gleichen Post-Kundinnen und -Kunden, die sich nur schlecht Gehör verschaffen können und schliesslich auf der Strecke bleiben. Denn eine Auslagerung von Post-Dienstleistungen an Private wird nie gleichwertig sein: schlechtere Zugangsmöglichkeiten, weniger Dienstleistungen sowie mehr Aufwand für die Kundschaft. Und für das Verkaufspersonal mehr Aufgaben und Verantwortung ohne entsprechende Bedingungen. Der Kanton darf sich von der Post beim Abbau nicht einspannen lassen, sondern sollte auch mal fordern – und zwar einen guten Service Public für die Bevölkerung in den Gemeinden, Städten und Quartieren. 
Weiterhin gute Session, Daniel

Hubert Klopfenstein, Dienstag
Lieber Daniel

Na ja, mein Lieber, bitte nicht übertreiben! Postalisch bleibt niemand auf der Strecke. Die Post bietet ja die gleichen Dienstleistungen an wie früher, nur in anderer Form. Die Post wird immer noch zugestellt und über den Postangestellten können bekanntlich Dienste abgerufen beziehungsweise bestellt werden. Man muss sich einfach anders organisieren. Den Gang der Welt oder der Technik können wir beide nicht mehr aufhalten. Auch ich bin sicher kein Fan der neuen technischen Netzwerke, aber Altes zu bewahren, macht keinen Sinn. Wie sagte doch so schön die Romanfigur im italienischen Klassiker «Il gattopardo»: «Wer etwas bewahren will, muss bereit sein, sich zu verändern.» So verhält es sich auch im neuzeitlichen Postwesen. Meines Erachtens darf der Kanton mit dem Bund verhandeln, aber er muss und darf sich über Einzelinteressen hinwegsetzen. So, jetzt ist alles gesagt und wir beenden den Dialog.
Ich grüsse dich, Hubert

Daniel Hügli, Mittwoch
Lieber Hubert

Dann sind wir uns ja doch noch ein wenig einig geworden: Die Post muss sich verändern und ihre Dienstleistungen anpassen, aber immer mit dem Ziel, einen starken Service Public nahe bei den Bürgern anzubieten. Danke für den Dialog!
Gute Woche noch, Daniel

Hubert Klopfenstein, Mittwoch

Guten Tag

Du hast mich falsch verstanden. Die Post muss sich aufgrund wirtschaftlicher Gegebenheiten verändern und der Kunde muss sich anpassen! 
Gruss Hubert


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