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Denkmalschutz

Wider besseres Wissen

An der Mühlebrücke in Biel ist ein historischer Brunnen unbewilligt abgebrochen worden. Der Fauxpas geht wahrscheinlich auf das Konto der Auftraggeber. Eine Anzeige ist sehr wahrscheinlich.

Als der Brunnen zerstört wurde.

von Patrick Furrer

Ende April zertrümmerten Bauarbeiter im Auftrag der Immobilienfirma Wyssbrod den denkmalgeschützten Kalksteinbrunnen im Hof der Liegenschaft Mühlebrücke 8 in Biel. Wie das «Bieler Tagblatt» danach aufdeckte, geschah dies ohne Abbruchgenehmigung von der Bieler Baubehörde und ohne vorgängige Abklärung mit dem Denkmalschutz. Die Baupolizei drohte daraufhin mit einer Anzeige. Ueli Wyssbrod, Mitinhaber der auftraggebenden Immobilienfirma, reagierte perplex. Er vermute, sagte er vor zwei Wochen, dass der Fehler intern, aber ohne böse Absicht passiert sei.


Der Fall löste Empörung aus. Ein Leserbriefschreiber fand: «Dieser Akt ist als kriminelle Handlung zwingend zu ahnden und zu verurteilen.» Ein wunderschönes, 150-jähriges Kulturgut sei zertrümmert worden, in einer Zeit, wo es gelte, Bestehendes dringend zu erhalten und zu bewahren. Die Baufirma erhielt viele wütende Anrufe, obwohl sie «nur» einen Auftrag ausführte. Eingeschüchtert wurden auch die Besitzer des Liegenschaftskomplexes: Das Ehepaar Trüb aus dem Limmattal verweigert inzwischen jede Auskunft. Man wolle nichts mehr zum Thema in der Zeitung lesen.


Warnung ignoriert

Neuen Zündstoff in die Angelegenheit bringt die Aussage eines weiteren Augenzeugen. Demnach hat dieser gemäss eigener Angabe die beiden Bauarbeiter noch auf den Denkmalschutz hingewiesen. Nach kurzer, telefonischer Rücksprache hätten die zwei Männer dennoch mit der Arbeit fortgefahren. Dabei hätte spätestens zu diesem Zeitpunkt die Zerstörung des Brunnens gestoppt werden müssen.


Für Ueli Wyssbrod ist diese Information neu. Er könne nichts dazu sagen, wolle dem aber nachgehen. Wyssbrod sagt, der Auftrag sei auf jeden Fall «fälschlicherweise erteilt worden» und entspreche in keiner Art und Weise dem üblichen Vorgehen der Firma Wyssbrod. Möglicherweise hätten Fehler bei der Kommunikation mit den Eigentümern und Abwesenheiten den Ausschlag gegeben. Wyssbrod weist aber auch darauf hin, dass man die Sache noch nicht abschliessend geklärt habe und er nichts vorwegnehmen wolle.


Anzeige erwartet

Er und die Eigentümer müssen bis Ende Monat der Baupolizei eine Stellungnahme abliefern. Viel nachgeforscht wurde in den letzten Wochen von keiner Seite. Die Baupolizei verfügt gemäss Christophe Winistörfer von der Dienststelle Baubewilligungen und Kontrollen ebenfalls noch über keine neuen Erkenntnisse.


Winistörfer erklärt aber auch, dass es sich beim Einholen der Stellungnahme bei der Eigentümerschaft eigentlich nur noch um eine formelle Sache handle. Eine Wiederherstellung des Objekts macht keinen Sinn, denn vom alten Brunnen ist nur noch Steinschutt übrig. «Ein nachträgliches Baugesuch macht ebenso wenig Sinn, weil es die Denkmalpflege ohnehin ablehnen müsste.» Er gehe deshalb davon aus, dass die Baupolizei tatsächlich Anzeige erstattet.
Ungeklärt ist weiterhin, ob die Stadtverwaltung tatsächlich nicht vorgängig über den Abbruch informiert war – wenn auch nicht offiziell. Schuld sein will keiner. Von Seiten der Eigentümer und der Baufirma heisst es, man habe «der Stadt» sogar angeboten, ihr den Brunnen zu überlassen oder ihn umzuplatzieren.


Wer auch immer dieses vermeintliche Angebot bei der Verwaltung abgelehnt hat, wäre mitverantwortlich für das Desaster. Selbst, wenn es sich nur um ein Missverständnis gehandelt hätte. Winistörfer bestätigt nur, dass in seiner Abteilung zuvor niemand etwas von dem unerlaubten Abbruchvorhaben gewusst habe.  

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