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Biel

Wie der Phönix aus der Asche

Das historische Alterszentrum Ried ist baufällig. Die Stadt will sich deshalb in den nächsten Jahren einen Neubau rund 30 Millionen Franken kosten lassen. Realisiert werden soll das Projekt namens Phoenix.

So soll das neue Ried dereinst aussehen: Die Visualisierung zeigt das Siegerprojekt Phoenix. Visualisierung: zvg

Lino Schaeren

Der Phönix ist ein mythischer Vogel. Stirbt er, geht er in Flammen auf, um aus der Asche wiedergeboren zu werden. So ähnlich verhält es sich beim Alterszentrum Ried. Zwar soll das Altersheim nicht gerade abgefackelt werden. Trotzdem passt die Metapher: Die veraltete und baufällige Anlage wird, so der Plan der Stadt, durch einen Neubau ersetzt. Gestern wurde das Siegerprojekt des Architekturwettbewerbs bekannt gegeben. Dessen Name lautet: Phoenix.

Tatsächlich hatte die Stadt bislang offengelassen, ob das Altersheim Ried umgebaut oder neugebaut werden soll. Das wurde sogar in der Ausschreibung zum Architekturwettbewerb bewusst offengelassen. Das Problem: Die Anlage ist weitestgehend als erhaltenswert oder geschützt eingestuft, was die Erneuerung erheblich verkompliziert. Dabei geht es nicht nur um das Alterszentrum, sondern um das Gebiet an sich: Das Ried definiert sich unter anderem durch seine öffentlichen Nutzungen in Form des Altersheims, des Kinderheims Stern im Ried, des Fallbringenhofs und der heilpädagogischen Tagesschule.

 

Erreichbarkeit als Problem

Das Ergebnis des Architekturwettbewerbs scheint hier jedoch Klarheit zu schaffen. Dass das sogenannte «Obere Ried», es liegt im Wald gelegen, noch oberhalb des Pfadiheims Orion, für die Zukunft nicht mehr taugen würde, war klar. Dagegen spricht bereits die Erreichbarkeit: Mit dem Auto Ja, mit dem öffentlichen Verkehr Nein und zu Fuss nur beschwerlich. Eine schlechte Voraussetzung für eine Alterseinrichtung. Jürg Saager, Leiter der städtischen Abteilung Hochbau, sagt, dass der Kanton für diese Einheit künftig die Bewilligung sowieso nicht mehr erteilt hätte: Die Infrastruktur, der Zugang und die Behindertenfreundlichkeit sind schlicht ungenügend.

Ähnlich sieht es auch im «Unteren Ried» aus. Laut Daniel Stäheli, Leiter der Alterszentren Biel, können hier die kantonalen Vorgaben derzeit gerade noch erfüllt werden. Die Standards sind aber komplett veraltet: Die Zimmer sind zu klein, und die Tatsache, dass sich die Nasszellen nicht in den Zimmern, sondern auch dem Gang befinden, spricht auf dem Markt mit Sicherheit nicht für das städtische Angebot, sondern für die Konkurrenz.

Dass der Architekturwettbewerb deshalb ein Projekt priorisiert hat, dass in erster Linie auf einen Neubau setzt, ist deshalb wenig überraschend. Laut Jurybericht soll das «Untere Ried», das als erhaltenswert eingestuft wurde, dafür abgerissen werden. Stattdessen soll ein dreistöckiger Neubau entstehen (siehe Visualisierung).

Das «Obere Ried» wird demnach als Alterszentrum aufgegeben, wobei seine zukünftige Nutzung offenbleibt; in der Zone der öffentlichen Nutzung gelegen, kommt das Anliegen mit Ausblick auf die Alpen etwa für eine private Wohnüberbauung derzeit nicht infrage. Für die Erneuerung des städtischen Altersheims im Ried sieht die Investitionsplanung 2021 – 2030 der Stadt insgesamt gut 33 Millionen Franken vor.

 

Nur 80 Prozent ausgelastet

Das Ried ist bereits seit dem 
17. Jahrhundert mit Landsitzen bebaut, die heute als Alters- und Pflegeheimen genutzt werden. In den 1950er-Jahren kam das Kinderheim Stern im Ried dazu und in den 1970er-Jahren die heilpädagogische Tagesschule. Zusammen mit dem Bauernbetrieb Fallbringen bezeichnet die Stadt das Gebiet deshalb als «ländlich-idyllischer Mikrokosmos mit einer stark von seinen Bewohnern geprägten Identität und einer für die Grösse des Ortes erstaunlichen Lebendigkeit».

Das Altersheim im Ried jedenfalls ist im Infrastrukturdossier der Stadt ein wichtiges, die daneben auch die Alterszentren Redernweg, Cristal und Esplanade betreibt. Während der Standort Esplanade und Redernweg für Institutionen im innerstädtischen Bereich stehen, gilt das Cristal als Altersheim im Aussenquartier Mühlefeld. Das Ried jedoch ist die einzige Altersresidenz im Grünen: Sie liegt am Hang, fernab der grossen Verkehrsbelastung, in unmittelbarer Nähe zum Wald. Allerdings ist die Einrichtung heute weder barrierefrei noch erfüllt sie die kantonalen Vorgaben in Sachen Raumgrösse. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern – schliesslich ist das Ried derzeit laut Daniel Stäheli nur zu rund 80 Prozent ausgelastet.

Die Stadt muss sich dabei im Konkurrenzkampf mit privaten Anbietern beweisen. Das Parlament hatte Anfang 2017 eine Ausgliederung in eine eigenständige Aktiengesellschaft verhindert. Auch deshalb wird der Neubau des Alterszentrums Ried die politisch-demokratischen Hürden durchlaufen: Das Siegerprojekt Phoenix wir nun weiterbearbeitet, letztlich werden aber zuerst das Parlament und zuletzt das Stimmvolk das Sagen haben über die geplante Investition von rund 30 Millionen Franken.

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