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Royal Arena Festival

Wie sich Orpund im harten Markt behauptet

Gestern Pegasus, heute und morgen die Hip-Hopper: Orpund ist dieser Tage wieder das Ziel tausender Musikfans. Das Royal Arena Festival ist zum vierten Mal in Folge ausverkauft. Der Erfolg ist aber keine Selbstverständlichkeit. 
Er ist das Resultat jahrelanger Arbeit und kommt auch dank einer 500-köpfigen Helferfamilie zustande. Die Entwicklungen im Musikgeschäft werden dem Festival das Leben nicht einfacher machen.

Nicolas Dähler sieht die Entwicklungen in der schweizerischen Festivallandschaft gelassen. Bild: Julie Lovens

Tobias Graden

Das Telefon von Nicolas Dähler klingelt. Anstelle einer Begrüssung sagt der Organisator des Royal Arena Festivals: «Sag’s! Eine Sekunde!» Der Anrufer, einer der vielen Helfer, will wissen, was denn nun mit dem Leichtbier sei. Das könne man ja am Sonntagmorgen nehmen, lautet die Antwort.

Es ist Mittwochnachmittag, auf dem Festivalgelände des Römerareals wuseln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Aufbau herum. Der Grossteil der Infrastruktur ist bereits parat, tags darauf werden mit dem Orpundart die drei Konzerttage beginnen, deren Herzstück das Royal Arena Festival ist.

 

Die Gagen werden höher
Das Hip-Hop-Festival ist heuer wiederum ausverkauft. 17 000 Besucherinnen und Besucher werden sich in Orpund einfinden, der Anlass hat sich definitiv etabliert und auch professionalisiert. «Die ersten 14 Jahre war das eher ein Hobby», sagt Dähler, der damals das Royal Festival in Täuffelen mitbegründet hatte, doch seit etwa drei Jahren trage das Festival eine 100-Prozent-Stelle während des Jahres. «Unter normalen Umständen», fügt Dähler hinzu, «bei schlechtem Wetter sieht es rasch anders aus.»

Gleichwohl: Der Erfolg ist da, und er ist angesichts der Entwicklungen im Festivalmarkt nicht selbstverständlich. So sind die Preise für Headliner stark gestiegen. Man habe noch nie so viel für einen Headliner gezahlt wie dieses Jahr, sagt Dähler – und dies, obwohl die kalifornische Gruppe Cypress Hill schon seit ein paar Jahren auf ihren Zenit zurückblicken kann. Weil die Künstler mit den Albumverkäufen immer weniger einnehmen, verlangen sie höhere Gagen an Konzerten. Das bedeutet wiederum höhere Kosten für die Veranstalter und letztlich höhere Ticketpreise für die Besucher, und das in einer Zeit, da das Angebot an Festivals in der Schweiz grösser ist denn je.

 

Die Amerikaner kommen
Zur Diskussion über die Festivaldichte und ein mögliches Überangebot zuckt Nicolas Dähler bloss mit den Schultern: «Offenbar ist die Nachfrage auch bei erweitertem Angebot gross genug.» Die Konkurrenzsituation trifft in Orpund vor allem das Orpundart, an dem heuer Pegasus, Hecht, Nemo und George gespielt haben. Festivals mit musikalisch ähnlicher Ausrichtung gibt es zuhauf, auch in der weiteren Region. Das Royal Arena Festival dagegen ist ein Spartenanlass und spricht darum eine klar umrissene Zielgruppe an. Es ist neben dem Openair Frauenfeld das zweite grosse Hip-Hop-Festival in der Schweiz, allerdings ungleich kleiner als ersteres, etwa um den Faktor zehn.

Auf den ersten Blick mag es paradox wirken, doch es ist gerade die relative Kleinheit, die das Royal Arena Festival wenigstens bislang von den allzu grossen Stürmen der Branche verschont. Das Openair Frauenfeld nämlich ist dieses Jahr vom US-amerikanischen Unterhaltungsgiganten Live Nation aufgekauft worden. «Mögliche Auswirkungen dürften eher die grösseren Festivals zu spüren bekommen, nicht wir», sagt Dähler, «für uns sind manche Top-Acts ohnehin jetzt schon zu teuer. Wenn wir jemanden im Auge haben, aber ein grosses Festival mitbietet, steigen wir aus.»

Das breite Programm in Orpund ist darum möglich, weil die Organisatoren langjährige Beziehungen mit Agenturen pflegen, die auch den kulturellen Aspekt zu schätzen wissen. Und der Anlass im Seeland ist wirtschaftlich zu wenig interessant, um selber zum Übernahmekandidaten zu werden.

 

TV, Kita, Foodtrucks
Am jetzigen Standort ist die quantitative Wachstumsgrenze ohnehin erreicht, sowohl was das Gelände betrifft als auch die Dauer des Festivals. «Noch grösser zu werden, das möchten wir der Gemeinde nicht antun», sagt Dähler. Die vor einigen Jahren erfolgte Ausweitung auf den Donnerstagabend dient einerseits dazu, den Fixkostenblock besser zu verteilen, anderseits ist sie ein Dankeschön an die Anwohnerschaft. Sie kann sich zu fairen Preisen an einem Konzertabend treffen, dessen musikalische Programmierung eher den breiten Geschmack treffen dürfte. Den Hip-Hop auf drei Tage auszuweiten, steht dagegen nicht zur Diskussion. Lieber möchte Dähler, mittlerweile selber zweifacher Vater, den Mittwochnachmittag mit einem Kinderprogramm bespielen.

Langweilig wird es ihm jedenfalls nicht, Überdruss ist auch kein Thema. Mit der letztjährigen Einführung des Royal Arena TV und der heurigen Premiere der Kita und der Foodtrucks zeigen die Organisatoren und die über 500 Helfer, dass sie das Festival als Ganzes qualitativ weiterentwickeln wollen.

Das Telefon klingelt wieder, es geht um noch fehlende Graffiti-Platten. Dähler hat sich wieder so gemeldet: «Sag’s! Eine Sekunde!»

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