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Biel

Xenia tanzt nun gegen Frauen

Zum ersten Mal gibt es an der Breakdance-Schweizermeisterschaft im Bieler Kongresshaus eine Kategorie nur für Frauen. Xenia Halfmann freut es, aber nicht nur.

Xenia Halfmann, Bild: Raphael Schaefer

Hannah Frei

Xenia Halfmann aus Murten misst Gehirnströme. Die 30-Jährige arbeitet als neurophysiologische Diagnostikerin im Berner Inselspital. Ein interessanter Job. Doch in der kleinen Frau steckt noch einiges mehr: Sie tanzt, und zwar Breakdance, oder Breaking, wie sie es nennt. Auf den Knien rutschen, Kopfstand, Handstand, alles geht, solange man sich bewegt und dreht.

Heute Abend tanzt sie am Red Bull BC One Cypher Switzerland, der Schweizermeisterschaft im Breakdance, die am Wochenende im Bieler Kongresshaus stattfindet. Dieses Jahr tanzt Halfmann zum ersten Mal in der Kategorie B-Girl, also alleine unter Frauen. Eine Premiere, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar war.

 

Mit 21 Jahren angefangen

Aufgewachsen ist Xenia Halfmann in Biel und Lyss, zog später jedoch nach Murten. Mit Breaking hat sie angefangen, als sie 21 Jahre alt war. Es war im Jahr 2004 im Bieler Chessu, dem Geburtsort des Red Bull BC One, als sie sich in diesen Tanzstil verliebte. Sie begann zu trainieren, zuerst in Bern, beim Breaker Sam Bam. Später musste sie sich einen neuen Trainer suchen – oder eine Trainerin. So kam sie nach Biel, in die Villa Ritter, wo die Breakerin Flori Althaus jeweils mit einer Gruppe aus Frauen und Männern tanzte.

Doch als Frau war Halfmann stets in der Minderheit. «Damals wollte noch kein Mann mit uns tanzen.» Man habe es den Frauen nicht zugetraut, auf Augenhöhe mit den Männern zu trainieren. Oft hätten sich die Frauen daher geschämt, in einer der Männergruppen mitzutanzen. Später gingen Halfmann und ihre Tanzkolleginnen ins X-Project hinter dem Bieler Bahnhof trainieren, aber meist nur dann, wenn sonst keiner da war.

2011 gründeten Halfmann und Althaus dann ihre eigene B-Girl Crew «Raw Flow» mit Frauen aus Biel, Bern und Aarau. Und heute unterrichtet Halfmann einmal pro Woche im X-Project, gemeinsam mit Marc Ugolino, auch bekannt als Slim Spin, im Rahmen der Capsule Academy. Ugolino ist auch ihr Trainer. Mittelstufe, jedes Alter, Frauen, Männer. Der Jüngste sei neun Jahre alt, die Ältesten um die 30.

Im Tanztraining von Halfmann und Cugolini mache man heute keinen Unterschied mehr zwischen Männern und Frauen. Keine Extrawürste. Alle sollen alles ausprobieren, einfach Spass haben, und sich gegenseitig unterstützen.

Was hat sich also in den letzten Jahren geändert? «Dadurch, dass immer mehr junge Frauen mit Breakdance angefangen haben, ist es zu etwas Normalem geworden», sagt Halfmann.

Doch muss sie zugeben, dass es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Zum einen körperlich: Bei den Männern liege der Schwerpunkt auf den Schultern, bei den Frauen auf der Hüfte. Zum anderen auch auf der psychischen Ebene: Oft würden sich die Frauen einfach zu viele Gedanken machen, jede Bewegung überdenken, vorsichtiger sein. Doch seien beide Geschlechter fähig, die anstrengenden Figuren zu machen und zu halten.

 

An Meisterschaft separiert

Dass es bei der Redbull BC One Schweizermeisterschaft nun zum ersten Mal eine eigene Kategorie für Frauen gibt, sieht Xenia Halfmann jedoch nicht nur positiv. Zwar würde diese neue Kategorie sicherlich so manche Frau ermutigen, überhaupt erst mitzumachen. Und die Tatsache, dass es nun auch ein Weltfinal für die Frauen gibt, mache Breaking für die Frauen bekannter und interessanter. Doch befürchtet sie, dass die Trennung der Geschlechter deren Unterschiede noch hervorheben könnte. Als bräuchten die Frauen eine eigene Kategorie, weil sie nicht mit den Männern mithalten würden. «Dabei haben die Frauen die Männer längst eingeholt», sagt Halfmann. In Japan beispielsweise habe sich eine führende B-Girl-Szene etabliert, die der der Männern ebenbürtig ist.

Halfmann ist bereits letztes Jahr an der Schweizermeisterschaft von Redbull BC One angetreten, damals noch zusammen mit ihren männlichen Mitstreitern. Sie schaffte es unter die besten 32. In diesem Jahr wird es einen Gewinner und eine Gewinnerin geben, die dann am Red Bull BC One World Final in Mumbai, also der Weltmeisterschaft, teilnehmen.

Halfmanns Ambitionen für die Schweizermeisterschaft liegen jedoch nicht besonders hoch. Seit Monaten hat sie mit Knieproblemen zu kämpfen. Zudem hat sie sich noch das Handgelenk gebrochen – alles beim Tanzen. An die Vorbereitungen für die Meisterschaft war also lange nicht zu denken. Weshalb sie sich trotzdem angemeldet hat? «Aus Spass. Das Tanzen ist meine Passion und solange es irgendwie geht, will ich jede Chance dafür nutzen.»

So hat sich Halfmann in den letzten Wochen wieder richtig reingehängt, dreimal pro Woche im X-Project geübt und sich Figuren für ihren Auftritt ausgedacht. Sie schustert sich jedoch keine fixe Choreografie zusammen, lediglich Fragmente, die sie dann beim Auftritt aneinanderreiht. Diese Freiheit, sich nicht an einen strikten Plan halten zu müssen, sich bei einem Auftritt von der eigenen Intuition führen zu lassen und mit der Musik zu spielen: Das gefällt Xenia Halfmann besonders an diesem Tanzstil. Manchmal würde sie sich zwar gerne einfach mal an eine Choreographie halten. Aber: «Jeder tanzt nach seinem Charakter», sagt sie.

Link: www.redbull.ch/bcone

 

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Redbull BC One Switzerland

Das Redbull BC One Switzerland findet noch bis am Sonntag im Kongresshaus in Biel statt. Neben der Qualifikation der B-Girls heute Abend zwischen 19 und 21 Uhr gibt es Workshops, Talks, die Schweizermeisterschaft der Männer und andere verschiedene Battles zu sehen. Der Eintritt ist kostenlos, ausser für das Finale. Dieses findet für B-Girls und B-Boys am Sonntag von 15 Uhr bis 19 Uhr statt. haf

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