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Er heilt sich am liebsten selbst

Vor Kurzem brach sich Schauspieler Gilles Tschudi beim Proben die Nase. Nun steht er bereits wieder auf der Bühne. Weshalb das auch mit Schmerzen geht, erzählt er im Podcast «Sags Frei».

Der 64-jährige Basler wohnt nicht mehr im Seeland, ist aber ständig hier zu Besuch. Keystone
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Interview: Hannah Frei
 
Gilles Tschudi, ich muss zugeben, irgendwo tief in mir drin habe ich immer noch etwas Angst vor Ihnen. Sie sind einer der ersten Bösewichte, die ich im Fernsehen gesehen habe – und die sogar in meinen Albträumen vorkamen. Wie gehen Sie damit um?
Gilles Tschudi: Das ist für mich kein Problem. In den Märchen gab es schon immer sogenannte Böse, vor dem sich das Kind fürchtete. Gleichzeitig hat die Angst im Kind etwas ausgelöst. Das formt den Charakter, die Seele des Menschen, stellt sie infrage. Und von daher finde ich das eigentlich gut.
 
Wovor hatten Sie als Kind Angst?
Ich hatte einen wiederkehrenden Traum, in dem das Haus, in dem ich war, brannte. Ich wurde zwar stets gerettet, aber das Feuer war immer ein Thema. Woher das kommt, kann ich nicht genau sagen. Wenn man an Karma glaubt, an eine Wiedergeburt, dann könnte man sich vorstellen, dass ich in einem früheren Leben prägende Feuererlebnisse hatte. Darüber habe ich mir oft Gedanken gemacht.
 
Wovor fürchten Sie sich heute?
Ich würde sagen, ich habe vor nichts Spezifischem Angst. Angst formuliert sich immer dann, wenn ich etwas nicht verstehe. Alles, was ich mir erklären kann und halbwegs verstehe, löst bei mir keine Angst aus. Es ist vielmehr das Irrationale, das nicht Fassbare, dass mich verunsichern kann. Wenn ich beispielsweise krank bin, aber nicht weiss, was genau ich habe, dann ist das ein unangenehmes Gefühl. In diesen Fällen gehe ich zu meinem Arzt, um gemeinsam mit ihm herauszufinden, was mir fehlt.
 
Wie meinen Sie das, «gemeinsam herausfinden»?
Ich sage meinem Arzt meist, was ich das Gefühl habe, was es sein könnte, und er hilft mir dann dabei, das letzte Puzzle-Teil für einen Befund hinzuzufügen. Normalerweise erzähle ich ihm zuerst viel darüber, was ich denke und wie ich mich fühle. Erst danach gibt er seinen Teil dazu. Je nachdem, ob ich bei seinem Befund eine Resonanz spüre, gehen wir dem anschliessend nach.
 
Was ist das für ein Arzt?
Eine ganz normale Hausärztin, die sensibilisiert ist für Alternativmedizin. Und sie ist bereit, mit mir solche Diskussionen zu haben. Das ist längst nicht bei allen Ärzten der Fall.
 
Haben Sie das schon anders erlebt?
Ich war auch schon notfallmässig im Spital und wollte genauer wissen, weshalb ich ein bestimmtes Medikament hätte einnehmen sollen. Der zuständige Arzt meinte jedoch nur, ich soll das Medikament nehmen oder gehen. Also ging ich.
 
Was denken Sie: Mag Ihre Ärztin Sie?
Also wäre sie eine Ärztin, die diesen Dialog mit mir nicht begrüssen würde, würden wir ihn wohl auch nicht führen. In diesem Fall wäre es für beide einfach besser, nicht mehr zusammenzuarbeiten.
 
Wann waren Sie das letzte Mal bei der Ärztin?
Ich habe mir vor etwa zwei Wochen die Nase gebrochen. Meine Nase ist also ein bisschen schräger als vorher.
 
Mir wäre es nicht aufgefallen. Wie kam es dazu?
Es war drei Tage vor der Wiederaufnahmen des HD-Läppli, den wir in diesen Tagen wieder im Fauteuil in Basel aufführen. Ich fiel auf den Boden, machte kurz einen Check, stellte fest, dass meine Hand und meine Nase schmerzten – und dass ich ein Stück Boden in meinem Mund hatte. Zum Arzt ging ich vorerst nicht, ging am nächsten Tag wieder proben. Die anderen sagten mir dann, ich soll trotzdem zum Arzt. So ging ich ins Spital und sah, dass die Nase gebrochen ist.
 
Und dann haben Sie sich operieren lassen?
Nein. Der Arzt meinte, es dauere mehr als zehn Tage, wenn man die Nase richten lasse. Diese zehn Tage hatte ich nicht, die ersten Auftritte als Soldat Läppli standen kurz bevor. Somit hat man nichts gemacht.
 
Nahmen Sie auch keine Schmerzmittel?
Sie gaben mir zwar welche mit, aber ich nahm sie nicht. Es ist wichtig, zu wissen, welche Schmerzen ich habe und wo, um aktiv etwas dagegen zu unternehmen, die Energie dorthin zu leiten. Mit Schmerzmittel vergisst man das.
 
Tut die Nase denn heute noch weh?
Ein wenig. Aber es lässt sich aushalten.
 
Auch auf der Bühne?
Ja. Spielen ist ein gutes Heilmittel. Es ist oft so, dass die Schmerzen beim Spielen weggehen. Das ist eine Frage der Konzentration. Auf der Bühne bin ich abgelenkt und absolut auf das Spielen konzentriert. Schmerzen sind relativ, manche haben starke, andere spüren sie kaum, obwohl sie dieselbe Verletzung haben. Meine Grossmutter etwa hat bis zu ihrem Tod durch Krebs keine Schmerzmittel genommen. Das war für die Ärzte ein grosses Phänomen ...
 
Info: Wollen Sie erfahren, weshalb Gilles Tschudi in Biel gewohnt hat und was ihn immer wieder hierher bringt? Dann hören Sie die neuste Folge «Sags Frei» auf Spotify, Apple-Podcast oder hier:
 

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