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Essen Wirtskinder jeden Mittag Pommes frites?

Wenn wir drei «Grübis», wie uns unsere Eltern liebevoll nennen, zurückdenken, kommen uns viele lustige Ereignisse in den Sinn.

Bild: Susanne Schenk

Ereignisse, die sicherlich nicht jedes Kind erleben durfte. Unsere Eltern waren immer zuhause, ein toller Vorteil, wenn die Wirtswohnung direkt über dem Restaurant liegt. Wir hatten nie einen Schlüssel um den Hals oder mussten mittags alleine essen. Wenn wir nach der Schule nach Hause kamen, war die Gaststube mit vielen Gesichtern gefüllt. Papa hinter dem Grill, der uns zuwinkte, Mutti, die ein Plateau in den Händen hielt und uns liebevoll begrüsste, Stammgäste, die grüssten, sowie unser lieber Beni.

Wir drei hatten an der Bar immer unsere eigenen Stühle. Der erste Barhocker gehörte mir, der ältesten, der zweite der zweitältesten Tochter Isabelle und der dritte war für Stephan, den Jüngsten, reserviert. Wenn wir alle drei auf unseren Stühlen sassen und das Mittagessen serviert bekamen, folgte immer, aber wirklich immer, der Spruch von Beni: «Und, was heiter hüt ir Schueu glehrt?» Ein Mittagessen ohne diesen Spruch war kein richtiges Mittagessen. Dieser eine Spruch zaubert uns heute, wenn wir zurückdenken, ein Schmunzeln auf die Lippen. Aber damals, als Kinder, dachten wir eher: «Ach, dieser Spruch wieder.» 
Zu erwähnen ist, dass die Schule nicht unsere Lieblingsbeschäftigung war. 
Wir wollten viel lieber den Eltern helfen, Teller bringen, Suppen machen oder abwaschen. Aber wie es so ist, durften wir nun Barmann Beni erzählen, was wir heute alles in der Schule gelernt hatten.

Ein klassisches Vorurteil lautet, dass Wirtskinder jeden Tag Pommes frites essen. Das stimmt so nicht ganz. Wir bekamen immer, was auf dem Tagesmenü stand, über Geschnetzeltes mit Rösti zu Rindszunge bis hin zu unseren Kaninchen, die wir selber mästeten.

Stephan und ich sind zwei «Fleischmoudis» – wir mochten und assen aber alles gern. Für Isabelle bedeutete es einen Sechser im Lotto, in der Mitte zu sitzen: Wenn keiner zusah, vor allem Mama nicht, machte es einmal links und einmal rechts «zack», und alle drei strahlten über beide Ohren. Dass Isabelle nicht immer alles mochte oder gegessen hat, haben wir den Eltern erst im Teenageralter gebeichtet. Papa lachte, und Mutti schmunzelte und sagte, sie habe da so eine Ahnung gehabt.

Einmal, als sehr viel los war in der «Linde» und die drei «Grübis» auf ihren Barhockern hungrig auf das Essen warteten, hatte der Jüngste im Bund keine Geduld mehr. Stephan trat vor den Grill und sah unserem Vater zu, wie er eine Bestellung nach der anderen anrichtete. Unsere Kindermenüs waren nicht in Sicht. Da dachte sich Stephan, nun habe er das System verstanden und schrieb kurzerhand eine eigene Bestellung: «Dreimal ‹Grübis›». Diese hängte er an Papas Bestell-Brett. Kurze Zeit darauf durften wir auf unseren Barhockern das Menü geniessen.

Je älter wir wurden, desto spannender wurde das Gastgewerbe für uns. Wenn wir am Mittag nach Hause kamen, stand nicht mehr das Essen an erster Stelle. Wir fanden es viel besser, mit anzupacken und zu helfen. Das hatte manchmal zur Folge, dass wir das Mittagessen runterschlingen mussten, um noch rechtzeitig in die Schule zu kommen. Oft kam es vor, dass unsere Schulfreunde noch zu uns an die Bar sassen und uns beim Essen zuschauten, ehe wir zusammen zur Schule fuhren.

Samstags und sonntags haben wir immer alle zusammen das Mittagessen genossen. Alle bedeutet das ganze «Linde»-Team, das für uns stets wie eine Familie war.

Info: Einmal im Monat berichtet Mutter Yvonne Schenk oder Tochter Susanne Schenk, Gastgeberinnen im Restaurant zur Linde in Kappelen, aus dem Wirte-
alltag. Susanne Schenk ist 26 Jahre alt, ausgebildete Restaurationsfachfrau und eidgenössisch diplomierte Restauratrice/Hoteliere. Ihre Funktion im Restaurant: «Wosmi grad bruucht.»


Susanne Schenk

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