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78 Journalistinnen protestieren

Bei Tamedia werden Frauen "ausgebrest, zurechtgewisen und schlechter entlohnt" als Männer. Das schrieben 78-Tamedia-Journalistinnen in einem Brief an Chefredaktion und Geschäftsleitung.

Tamedia: Ein Unternehmen mit Luft nach oben, wenn es um Gleichstellung geht. Bild: Keystone

Sarah Zurbuchen/sda


Pünktlich zum heutigen internationalen Tag der Frau macht ein Protestbrief von Frauen die Runde, die Sexismus und Diskriminierung an ihrem Arbeitsplatz anprangern. «Erneut haben mehrere talentierte, erfahrene Frauen gekündigt. Sie gehen aus Resignation und Frustration darüber, dass sich die Situation für die Frauen auf den Tamedia-Redaktionen trotz anderslautender Statements nicht verbessert. Im Gegenteil.» So lautet der erste Satz eines vom Freitag datierten Briefs, den 78 Journalistinnen an die Chefredaktion und die Geschäftsleitung der Tamedia richten.
 

Schlechtere Entlöhung
An Sitzungen kämen Frauen weniger zu Wort, ihre Vorschläge würden nicht ernst genommen oder lächerlich gemacht, heisst es in dem am Wochenende auf Twitter und Facebook veröffentlichten Brief. Es herrsche eine von Männern geprägte Betriebskultur.


Männer seien auf den Redaktionen in der Überzahl und besetzten fast alle Schlüsselpositionen. Sie würden aufsteigen und Frauen übergangen. Ausserdem würden Frauen im Team bei gleicher Qualifikation, Erfahrung und Leistung deutlich weniger verdienen als ihre Kollegen. Die Probleme seien strukturell.


Die Unterzeichnerinnen des Briefes fordern sofortige Massnahmen, damit sich ihre Lage verbessert. «Wir erwarten, dass die Beleidigungen und Beschimpfungen aufhören», schrieben sie.
Vier Forderungen stehen im Zentrum: Sie erwarteten, mit Anstand und Respekt behandelt zu werden, ist dem Brief zu entnehmen. Weiter wollen die Journalistinnen der Tamedia eine anonymisierte Umfrage bei den Mitarbeitenden zum Arbeitsklima. Das Versprechen, Frauen in Führungspositionen zu fördern, solle endlich eingelöst werden. «Wir erwarten, dass bei der Besetzung aller Positionen gezielt nach Frauen gesucht wird.» Schliesslich fordern die Journalistinnen standardisierte Verfahren, wenn es um Mobbing oder sexuelle Belästigung geht, sowie eine Ansprechperson bezüglich Diversity.


Der Brief enthält einen Anhang, in dem die Frauen zahlreiche konkrete Beispiele auflisten. So wird etwa die Art angeprangert, wie über Frauen geredet werde: «Managerinnen oder erfolgreiche politische Exponentinnen werden wiederholt als ‹trockene Guetzli› oder ‹Mädel› bezeichnet.» Auch Sätze wie «Du bist hübsch, du bringst es sicher noch zu was» müssten sie sich anhören, schreiben sie im Anhang.


«Sind es uns bewusst»
Offenbar sieht auch die Chefredaktion einen Handlungsbedarf. Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser erklärte gestern gegenüber persoenlich.com: «Wir sind uns bewusst, dass die bisherigen Massnahmen zur Steigerung des Frauenanteils in den Redaktionen und insbesondere in Führungspositionen nicht ausreichen und es Zeit für eine verbindliche Strategie ist.»

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