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Bern

Berner Regierungsrat beugt sich dem Druck

Die Mitglieder der Berner Kantonsregierung verzichten ab sofort auf ihre Nebeneinkünfte, bis politisch geklärt ist, ob die heutige Regelung geändert werden soll. Es trifft primär Barbara Egger und Beatrice Simon, die dank der BKW hohe Nebeneinkünfte haben.

Wenigstens hier profitierten die Frauen von der Lohnungleichheit: Beatrice Simon (links) und Barbara Egger waren die Spitzenverdienerinnen. Bild: Susanne Keller

Fabian Schäfer

Eine Basler Affäre schlägt in Bern hohe Wellen. Nachdem Basels Gesundheitsdirektor Carlo Conti wegen unrechtmässig bezogener Nebeneinkünfte den Hut genommen hatte, fand sich die Berner Kantonsregierung unvermittelt im Scheinwerferlicht wieder. Zwar gibt es hier keine Anzeichen dafür, dass Gelder widerrechtlich bezogen wurden. Zudem ist schon seit Monaten bekannt, wie viel die beiden Regierungsrätinnen verdienen, die als einzige grössere Nebeneinnahmen haben. Trotzdem führt der Druck nun zu einer handfesten Praxisänderung im Kanton Bern.

Der Regierungsrat hat gestern beschlossen, dass ab sofort alle Mitglieder auf sämtliche Nebeneinkünfte verzichten. Dies gab Staatsschreiber Christoph Auer vor den Medien bekannt, da Regierungspräsident Christoph Neuhaus (SVP) durch den Neujahrsempfang absorbiert war. Die Regierungsmitglieder beziehen so lange keine Sitzungsgelder und Spesenentschädigungen, bis der Grosse Rat entschieden hat, ob und wie er die Frage der Nebeneinkünfte neu regeln will.

2000 Franken pro Sitzung

Die Finanzdirektion wird nun Vorschläge für eine neue Regelung ausarbeiten, wobei es dabei nicht nur um die Regierungsmitglieder gehen wird, sondern auch um die Kaderangestellten, die den Kanton in kantonsnahen Gesellschaften vertreten. Beim Kader ist die heutige Regelung nicht einheitlich; es kommt etwa darauf an, ob jemand nur Teilzeit arbeitet und ob er die Nebenbeschäftigung von Amtes wegen wahrnimmt oder quasi in der Freizeit. Die Regierung zwingt die Kader nicht, ebenfalls auf die Nebeneinnahmen zu verzichten, was rechtlich kaum ginge. Freiwillig zu verzichten, dürfte aber erlaubt sein.

Wie eine neue Regelung aussehen könnte, liess die Regierung gestern offen. Die Stossrichtung scheint aber klar: Mindestens Regierungsmitglieder werden weniger nebenher verdienen als bisher. Im Kanton Solothurn, in dem eine ähnliche Diskussion stattgefunden hat, dürfen Regierungsräte nur noch Spesenvergütungen behalten, Sitzungsgelder gehen an den Kanton. In Bern, wo vor allem die Sitzungsgelder der BKW – 2000 Franken pro Sitzung – zu reden geben, könnte es in eine ähnliche Richtung gehen.

49 000 Franken für Egger

Für die Mehrheit der Regierung hätte dies kaum spürbare Konsequenzen, da sich ihre Nebeneinkünfte in engen Grenzen halten, auch gemessen am Regierungslohn von rund 275 000 Franken brutto. Am stärksten betroffen sind die Energie- und die Finanzdirektorin, Barbara Egger (SP) und Beatrice Simon (BDP), die den Kanton im Verwaltungsrat der BKW (beide), der BLS (Egger) und der Rheinsalinen (Simon) vertreten. Egger durfte 2013 rund 49 000 Franken behalten, Simon rund 23 000 Franken.

Der Rest muss nicht auf viel verzichten. Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher (SP) erhielt 3200 Franken Sitzungsgeld von BE Tourismus, noch etwas mehr erhielt Gesundheitsdirektor Philippe Perrenoud (SP) aus mehreren interkantonalen Mandaten. Hans-Jürg Käser (FDP) bezog 1000 Franken, weil er als Präsident der Konferenz der Polizeidirektoren fungiert. Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) und Justizdirektor Neuhaus erhielten wenig bis gar nichts.

Einzigartiger Schlagabtausch

Zum Verlauf der gestrigen Regierungssitzung ist nichts bekannt. Sehr friedlich dürfte sie nicht gewesen sein. Am Sonntag lieferten sich Simon und Egger unvermittelt einen offenen Schlagabtausch. Simon teilte in einer persönlichen Erklärung mit, sie verzichte ab sofort auf Sitzungsgelder und Spesen. Egger sah sich überrumpelt. Sie zog zwar sofort nach, übte aber unverhohlen Kritik an Simons Vorpreschen.

 

Regierungsmitglieder

Bisherige Nebeneinkünfte der Berner Regierung (auf dem Bild von links nach rechts):

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektion: keine Mandate in Verwaltungsräten (VR), letztes Jahr 3500 Franken Sitzungsgeld aus diver- sen interkantonalen Mandaten.

Beatrice Simon, Finanzdirektion: VR-Mitglied der BKW und der Rheinsalinen, durfte daraus 23 000 Franken behalten, 250 Franken Sitzungsgeld aus der Finanzdirektorenkonferenz.

Hans-Jürg Käser, Polizei- und Militärdirektion: kein VR, erhielt als Präsident der Polizeidirektorenkonferenz 1000 Franken Sitzungsgeld.

Barbara Egger, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion: VR der BKW und der BLS, durfte daraus 49 000 Franken behalten.

Bernhard Pulver, Erziehungsdirektion: kein VR, interkantonale Mandate ohne Sitzungsgeld.

Christoph Neuhaus, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion: kein VR, 420 Fr. Sitzungsgeld aus interkantonalen Mandaten. (Staatsschreiber Christoph Auer)

Andreas Rickenbacher, Volkswirtschaftsdirektion: VR von «BE Tourismus», daraus 3200 Franken Sitzungsgeld.

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