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Coronaskeptiker wollen friedlich bleiben

Nach zahlreichen unbewilligten Demos haben sich die Massnahmengegner nun mit der Stadt Bern verständigt. Man sei stets offen für den Dialog, sagt Sicherheitsdirektor Reto Nause.

Seit September kam es bei den unbewilligten Demos in Bern nach friedlichem Beginn immer wieder zu Konfrontationen und Gewalt. Bild: Adrian Moser

Simon Wälti

Die Gegner des Covid-Zertifikats versuchen es nun mit einer bewilligten Kundgebung. Das Aktionsbündnis Urkantone und die Freie Linke Schweiz haben gemeinsam ein Gesuch für eine Demonstration mit Umzug vom Münster- zum Bundesplatz am kommenden Samstag gestellt. Die Stadt bewilligte das Gesuch nach Absprache mit den Organisatorinnen und Organisatoren.

«Wir waren stets offen für den Dialog», sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (Die Mitte). «Die Stadt Bern hält die Meinungs- und Versammlungsfreiheit hoch.» Die Organisatoren seien bereit, die notwendigen Auflagen zu erfüllen und das abgesprochene Sicherheitskonzept sowie die vorgegebene Route einzuhalten. «Der konstruktive Dialog ist für uns wichtig, die bewilligte Kundgebung wird die Situation hoffentlich beruhigen», sagt Nause, der mit mehreren Tausend Teilnehmenden rechnet.

Und am Donnerstag?

Das Komitee besitze eine gewisse Ausstrahlungskraft im Kreis der Zertifikats- und Massnahmengegner, etwa bei den Freiheitstrychlern und der Gruppierung Freunde der Verfassung, sagt Nause. Konkret hofft die Stadt darauf, dass der Personenkreis, der jeweils am Donnerstag an den unbewilligten Kundgebungen teilnimmt, sich verringert. Die Kantonspolizei sei weiterhin angehalten, regelmässig wiederkehrenden unbewilligten Kundgebungen entgegenzuwirken, heisst es in einer Medienmitteilung der Stadt Bern.

In ihrem Communiqué raten die Organisatoren davon ab, an unbewilligten Kundgebungen teilzunehmen. «Wir distanzieren uns in aller Form von jeglichem aggressiven und gewalttätigen Verhalten», heisst es darin. Offen ist die Frage, ob wirklich alle den Aufruf beherzigen werden.

Wegen dieser Ungewissheit dürfte auch an diesem Donnerstag ein grösseres Polizeiaufgebot nötig sein; auch, weil die Lichtshow «Rendez-vous Bundesplatz» wie geplant ab 19 Uhr stattfinden soll. Brigitte Roux, Produzentin und Veranstalterin von «Rendez-vous Bundesplatz», hofft, dass am Donnerstag alles friedlich bleibt und die Lichtshow sowie insbesondere deren Zuschauerinnen und Zuschauer von Störungen verschont bleiben, oder wenn nötig ausreichend geschützt werden.

Auch am Samstag soll «Rendez-vous Bundesplatz» das Bundeshaus nach Plan anstrahlen, die bewilligte Kundgebung soll um 16 Uhr zu Ende gehen.

Rechts mit Links

Die Kundgebungen hätten sich zuletzt nicht gut entwickelt, sagt Simone Machado von der Freien Linken Schweiz, sie ist auch Stadträtin der Grünalternativen Partei (GAP). «Eine Bewilligung ist die einfachste Lösung, um unser Anliegen in friedliche und geordnete Bahnen zu lenken.»

Dass die linken Gegnerinnen und Gegner der Covid-Massnahmen mit dem rechts zu verortenden Aktionsbündnis Urkantone zusammenspannen, liegt nicht unbedingt auf der Hand. Auf den Aufrufen prangen neben dem sowjetisch anmutenden roten Stern der Uristier und die Fahnen von Schwyz und Unterwalden. Man habe ein gemeinsames Anliegen und arbeite sehr gut zusammen, sagt Machado.

Die Organisatoren haben sich verpflichtet, einen Ordnungsdienst auf die Beine zu stellen, der deeskalierend wirken soll. Man habe dafür genügend Helferinnen und Helfer. «Wir sind zuversichtlich, ein gutes und friedliches Zeichen gegen Diskriminierung und Massenüberwachung im Hinblick auf die Abstimmung vom 28. November setzen zu können», sagt Machado. Am Umzug vom Münster- zum Bundesplatz, der um 13.30 Uhr starten soll, werden auch Trychler teilnehmen. Simone Machado hofft auf 10 000 oder mehr Demonstrierende.

Zuletzt versammelten sich die Massnahmengegner am vergangenen Samstag in Rapperswil SG, wobei zahlreiche Kantonsfahnen und -wimpel geschwenkt wurden. Die Zahl der Teilnehmenden wurde von der St. Galler Polizei auf 3000 geschätzt, in den Medien kursierten höhere Zahlen. So schrieb die «Südostschweiz» etwa von 6000 bis 8000 Teilnehmenden.

Mehr zu reden als die Zahl der Teilnehmenden gab aber eine Brandrede des SVP-Politikers David Beeler. Der Schwyzer Kantonsrat rief gemäss Medienberichten dazu auf, die «Pandemieverantwortlichen» vor ein Kriegsgericht zu stellen, und verglich das Zertifikat mit dem Judenstern. Beeler wurde für seine Äusserungen von der eigenen Partei kritisiert, ein Parteiausschluss soll aber kein Thema sein. Die Polizei hat Abklärungen in die Wege geleitet.

Am Samstag sind in Bern ebenfalls Reden geplant. Wer auftreten soll, geht aus den Aufrufen in den sozialen Medien nicht hervor.

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