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Motorfahrzeugsteuer

FDP-Grossräte wagen neuen Anlauf

Gegen alle anderen Parteien hat die SVP die Autosteuervorlage gebodigt. Aus FDP-Kreisen kommt nun
 der Vorschlag für eine radikal vereinfachte Vorlage.

Symbolbild: Keystone

Simon Thönen

Gross war der Jubel bei den SVP-Grossräten, als in der Staatskanzlei in Bern das Resultat verkündet wurde – und ebenso gross die Konsternation bei den Mitgliedern anderer Parteien. Einmal mehr hatte die SVP gegen alle anderen gewonnen: Das Volk hat die Motorfahrzeugsteuer-Vorlage mit 53 Prozent Nein-Stimmen verworfen.

«Das ist ein sehr grosser Tag für uns», sagte der Simmentaler SVP-Grossrat Thomas Knutti, der ein weniger deutliches Resultat erwartet hatte. «Wir hatten ja fast keine Verbündeten, aber die SVP ist eben nahe beim Volk.» Wie schon auf schweizerischer Ebene beim CO-Gesetz ist es der SVP auch diesmal im Kanton Bern gelungen, die ländliche Bevölkerung stark zu mobilisieren – indem sie auf den Kampf Land gegen Stadt setzte.

 

Stadt-Land-Graben

Auf der Kantonskarte sind denn auch die ländlichen Gebiete fast ausnahmslos rot und im Nein-Lager. Blau eingefärbt für Ja-Ergebnisse ist nur gerade der Kern der urbanen Agglomerationen. Zwar wohnen hier sehr viele Menschen – doch diesmal hat deren Stimmkraft nicht ausgereicht. Die Stadt Bern hat zwar mit knapp 75 Prozent Ja wie gewohnt sehr klar für die Ökovorlage votiert. Doch bereits in Biel, Thun, Burgdorf und erst recht in vielen Agglomerationsgemeinden waren die Ja-Mehrheiten weniger deutlich. Es reichte nicht, um die ländlichen Gegenden zu überstimmen. Zumal auch traditionelle Verbündete der Stadt wie der Berner Jura und kleine Zentren wie Langenthal, Interlaken oder Spiez diesmal im Nein-Lager waren.

Das Nein zur Autosteuervorlage kommt weniger als ein halbes Jahr nach dem klaren Volks-Ja für einen Klimaartikel in der Kantonsverfassung. Für die Grünen ist das Scheitern der ersten kleinen Umsetzungsvorlage bitter. «Das Auto ist offensichtlich für viele ein kleines Heiligtum», konstatierte der grüne Grossrat Jan Remund. Nicht gut für den Kanton sei zudem, «dass die SVP den Stadt-Land-Graben mit Erfolg bewirtschaftet». Die Grünen wollen nun grundsätzlicher vorgehen. Sie verlangen von der Regierung einen «Masterplan» für die Dekarbonisierung des Kantons. Die SP fordert eine ÖV-Offensive im ganzen Kanton, um den Verkehrssektor klimafreundlicher zu machen.

Dass die höheren Autosteuern durch tiefere Einkommenssteuern kompensiert worden wären, sei schwierig zu vermitteln gewesen, räumte Casimir von Arx, Präsident der Grünliberalen, ein. Für die GLP ist dies ein Problem, weil gerade die Kombination von Steuersenkung und ökologischer Autosteuerreform ideal zum Parteiprogramm passte. Die GLP hat die Vorlage denn auch initiiert.

Ebenfalls im Lager der Verlierer steht die FDP, zumal ihr Regierungsrat Philippe Müller die Vorlage vertreten hat. Auch für die Freisinnigen war die Vorlage im Nachhinein zu komplex. Sie umfasste nicht weniger als drei Elemente: eine Erhöhung der Autosteuern um 40 Millionen Franken, eine Steuersenkung bei den natürlichen Personen im gleichen Umfang als Kompensation – und eine ökologischere Ausgestaltung der Autosteuern.

Laut FDP-Grossrat Daniel Arn will eine Gruppe von freisinnigen Grossräten, zu der auch er zählt, nun den eigentlichen Kern der Vorlage retten: die ökologische Ausgestaltung der Autosteuern. Wie in der gescheiterten Vorlage soll der CO-Ausstoss der Autos ein Faktor bei der Besteuerung werden. Auch der Rabatt für die schwersten Fahrzeuge soll fallen. In der Summe sollen die Autosteuern aber nicht steigen, und es soll deshalb auch keine Senkung der Einkommenssteuern geben. Ein entsprechender Vorstoss werde, so Arn, bereits im März im Grossen Rat eingereicht werden.

Ob dies bei der Abstimmungssiegerin SVP gut ankommt, ist eine offene Frage. «Ich hoffe, dass das Parlament nun Ruhe geben wird mit der Erhöhung der Autosteuern», sagte SVP-Grossrat Knutti ohne Kenntnis des geplanten FDP-Vorstosses. Dieser würde zumindest keine Erhöhung der Autosteuern beinhalten.

 

Vorbild Energiegesetz?

Ein mögliches Vorbild für einen entschlackten Neuanlauf im Klimabereich gibt es im Kanton Bern: Auch die Revision des Energiegesetzes scheiterte 2019 in der Volksabstimmung, wenn auch knapper als jetzt die Autosteuervorlage. Bei der Neuauflage hat der Grosse Rat kürzlich auf die umstrittenen Punkte verzichtet – und das Energiegesetz ging in erster Lesung ohne Gegenstimme durch. Die zweite Lesung wird im März stattfinden. Wenn der Konsens erhalten bleibt, dann bestehen gute Chancen, dass niemand das Referendum ergreift.

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