Sie sind hier

Abo

Detailhandel

Schlechter Sommer führt zu Lücken im Gemüseregal

Die Migros bittet um Verständnis dafür, dass die Vielfalt beim Gemüse kleiner ist als gewohnt.

Auf Plakaten bittet die Migros um Verständnis für das reduzierte Sortiment. Bild: Nicole Philipp

Stephan Künzi

Plötzlich klafften beim Salat Lücken. Auch beim Broccoli, den Gurken oder den Zucchetti war das Angebot nicht mehr so reichhaltig, wie es sich die Kundschaft wünschen würde. In dieser Situation hat die Migros zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen. Auf einem kleinen Plakat am Regal entschuldigt sie sich ausdrücklich für «die zum Teil fehlende Verfügbarkeit in unserem Gemüseregal» – so liest es die «geschätzte Kundschaft» im Einkaufszentrum an der Marktgasse in Bern.

Denn: «Auch wenn das Wetter seit einigen Tagen wieder trocken und teilweise sonnig ist, ist es uns leider aktuell nicht überall möglich, Ihnen die gewohnte Sortimentsvielfalt bereitzustellen.»

Zu viel Wasser

Das Wetter. Es spielte in diesem Sommer tatsächlich verrückt. Auf die verheerenden Hagelzüge von Ende Juni, die vielerorts ganze Ernten zerstörten, folgten die sintflutartigen Regenfälle vom Juli. Sie sorgten für Überschwemmungen sowie hohe Grundwasserstände und setzten den Kulturen noch grossflächiger zu. Gerade im Seeland, wo die Niederschläge sogar etwas stärker waren als beispielsweise in der Ostschweiz.

Letztlich leidet der Gemüsebau unter dem vielen Wasser stärker als unter dem Hagel. Das schreibt Markus Waber, der stellvertretende Direktor des Schweizerischen Gemüseverbandes. Nicht nur, weil Felder, die über eine längere Zeit zu nass sind, viel aufwendiger zu pflegen und abzuernten sind: «Das Gemüse – Salate sind besonders betroffen – beginnt zu faulen, wenn die Wurzeln keinen Sauerstoff mehr erhalten.»

Die betroffenen Felder können zwar, sobald sie abgetrocknet sind, wieder neu bepflanzt werden. Bis es aber so weit ist und die Kulturen wieder reif sind, dauert es. Gut und gerne mehrere Wochen, wie Waber weiter ausführt.

Mehr importiert

In dieser Situation bleibt der Schweiz nichts anderes übrig, als vermehrt auf Importe zurückzugreifen. Wenigstens bot der internationale Markt ein Stück weit Ersatz, auch wenn dem europäischen Ausland die Unwetter zum Teil genauso zu schaffen machten. Eine Grafik der Schweizerischen Gemüsezentrale führt dies eindrücklich vor Augen (siehe Infobox).

Die Kurven zeigen, dass sich der Handel noch in der zweiten Junihälfte zum grossen Teil mit Schweizer Gemüse versorgte. Die inländische Produktion belief sich auf knapp 10 000 Tonnen pro Woche und bewegte sich damit im Rahmen der Vorjahre. Demgegenüber pendelten die Importe, ebenfalls wie üblich, um 800 bis 900 Tonnen pro Woche herum.

Ganz anders präsentiert sich das Bild zwei Monate später, nach dem Hagel und dem Hochwasser also. Mitte August war die Produktion auf rund 7000 Tonnen gefallen, die Importe dagegen schnellten auf über 2500 Tonnen empor. Die Zahlen decken sich mit jenen des Bundesamts für Landwirtschaft. Die Amtsstelle gibt in Zeiten, in denen die Nachfrage nach Gemüse das Angebot übersteigt, sogenannte Zollkontingente frei. In den letzten Monaten tat sie dies sehr ausgiebig. Statt der 27 000 Tonnen, wie sie in der jüngeren Vergangenheit Jahr für Jahr die Regel waren, wurden heuer auf diesem Weg bereits 33 700 Tonnen eingeführt. Und Silvester ist erst in vier Monaten.

Eine Gemüsesaison zum Davonlaufen also? Für Verbandsvertreter Markus Waber ist es jedenfalls «schon ausserordentlich, dass in der Hauptsaison sogar Salate importiert werden müssen». Und Migros-Sprecherin Daniela Lüpold ergänzt: Regional habe es zwar schon früher hin und wieder Engpässe beim Gemüse gegeben. Aber: «In dieser Breite ist das eine neue Situation.»

Und der Preis?

Deshalb prangen am Regal des Grossverteilers ja auch die kleinen Plakate, nicht nur im Einkaufszentrum an der Marktgasse in Bern übrigens, aber auch nicht gleich landesweit. Zum Einsatz kommen sie im Gebiet der Genossenschaft Aare und damit in den Kantonen Bern, Solothurn und Aargau – «aufgrund zahlreicher Kundenanfragen zur aktuellen Situation», wie Lüpold nachschiebt.

Offen bleibt, ob das Gemüse nun teurer wird. Natürlich führe die Verknappung zu höheren Preisen in der Beschaffung und je nachdem auch im Verkauf, so Lüpold. Die Entwicklung sei allerdings «sehr dynamisch, pauschale Aussagen sind nicht möglich».

Nachrichten zu Kanton Bern »