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Übrigens

Alte Kinos altern besser

Was ist das nur wieder für eine geballte Ladung modernster Technologie im neuen James-Bond-Film!

Tobias Graden
  • Dossier
Tobias Graden
 
Bei den Autos reichen zwar nach wie vor alte Aston Martins aus; und wie der vom Rücktritt zurückgetretene Agent dort im Wald mit einem gebrechlichen Japaner-4x4 die modernsten Gelände-SUVs von Range Rover ausmanövriert, das wirkt schon fast wie ein hintersinniger Brexit-Kommentar. Aber sonst? Die Bio-Genwaffe, um die es geht:Ausgeklügelter gehts nicht. Und wie man die in einem gefährlich blinkenden, aber bloss zigarrengrossen Zylinder transportieren kann – eindrücklich! Ist dann halt etwas suboptimal, wenn die Bösen ebenso hochgerüstet sind und den Doktor Obruchev über den Liftschacht entführen, weil sie dessen Fall dank hocheffizienter Magnete kontrollieren können. Aber was der Q mit seinen Computern jeweils in Windeseile alles herausfindet! Und wie das alles auch aus einem Flugzeug heraus funktioniert! Den müsste man mal ins Funkloch auf der Bahnlinie zwischen Lyss und Suberg schicken. 
 
Man könnte nun denken, ein solcher Film mache in einem supermodernen Kino am meisten Spass, so in einem Multiplexding, wo die Sitze rütteln und die riesige Leinwand hochaufgelöst ist und wo es überhaupt so aussieht, als habe der Stadtplaner von Dubai den Konferenzsaal der kommunistischen Partei Chinas designt. Abgesehen davon, dass ich solche Orte gemeinhin eher meide, verschlug es mich kürzlich in das pure Gegenteil eines solchen Cinedomes. Tief in der Deutschschweiz, also östlich von Olten, suchte ich einen Ort, wo Bond im Originalton gezeigt wird (man ist hier an der Sprachgrenze und in Bern ja verwöhnt in dieser Hinsicht). Wir landeten schliesslich im «Löwen» in Lenzburg. Der Schriftzug? Wohl aus den 50ern. Das Gebäude? Ein Haus in der Altstadt. Das Reservationssystem? Ein Telefon, und dann findet man handgeschriebene Namenszettel auf seinem Platz. Digitales Ticket? Zettelchen gibts von einer Rolle zum Abreissen. Die Gestaltung des Foyers? Es stehen Filmplakate aus den 90ern herum und zwei, drei antike Projektoren. Das Catering-Angebot? Der Betreiber selber türmt vor der Pause in seinem engen Kassenräumchen Popcorn und Vanillecornets um sich herum auf und rückt sie scheinbar grimmig gegen Bares heraus. Das Community-Management? «Besucher, welche die Schuhe auf oder an die Fauteuils halten, werden ohne Mahnung aus dem Kino gewiesen», steht auf mehreren Schildern im Saal. Kurz: Es war köstlich.
 
Stichwörter: Übrigens, Raus, Kino, Film, Kunst, Kultur

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