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Carrousel will den Festivalsommer – und findet ihn in Biel

Er Jurassier, sie Französin, eine Liebe, sowohl auf als auch neben der Bühne: Das Duo Carrousel gehört seit über 13 Jahren zur Schweizer Popszene. Morgen lädt es mit seinen französischen Chansons am Asphalt Openair in Biel zum Tanz.

Sophie Burande und Léonard Gogniat wünschen sich nicht viel. Nur, dass bei ihnen alles so bleibt, wie es ist. Bild: zvg
  • Dossier

Hannah Frei

Ihre Geschichte ist fast zu schön, um wahr zu sein. Sophie Burande und Léonard Gogniat lernten sich 2007 in Südfrankreich kennen, er Jurassier, sie Französin. Beide spielten Akkordeon, beide mochten französische Chansons, beide verliebten sich ineinander. Der Charme dieser Geschichte, das Stückchen Paris, das ist es, was ihre Musik bis heute prägt. Seit 2012 sind sie hauptberuflich als Duo Carrousel unterwegs. Und seither spielen sie Chansons, mit Akkordeon, Gitarre und französischem Duett-Gesang, mal mit mehr, mal mit weniger Pop gemischt.

Ein grosser Sänger sei er nicht, sagt Léonard bescheiden. «Sophie singt viel besser.» Er lacht. Ob sie das auch so sieht, bleibt offen. Er erscheint alleine zum Interviewtermin. Sie habe noch zu tun, wohl mit den beiden Kindern. Carrousel ist nicht nur auf der Bühne, sondern auch privat ein unzertrennliches Team geworden. Morgen Abend spielen sie auf der Bieler Esplanade am Asphalt Openair. Dass es dort heiss werden könnte, ist sich Léonard bewusst. Das sei auch nicht weiter schlimm nach all den Regentagen. «Wir sind bereit für den Festivalsommer», sagt er. Darauf gewartet haben die beiden lange genug.

Er mag die Studioarbeit, sie performt lieber auf der Bühne
Besonders für Sophie sei die lange Konzertpause schwierig gewesen. «Für sie ist die Bühne das Ziel, der Hauptgrund, weshalb sie Musik macht», sagt Léonard. Ihm gefalle auch die Studioarbeit. 15-mal nacheinander dasselbe Lied spielen zu müssen, um es für die Aufnahme zu perfektionieren, das störe ihn nicht. Als hätten sie es geahnt, haben die beiden bereits vor Ausbruch der Pandemie fürs Jahr 2020 geplant, die Auftritte in den Hintergrund zu stellen, wieder mehr Zeit in die Produktion zu investieren und neue Dinge auszuprobieren.

Die ersten Monate der Pandemie waren für sie folglich gar nicht so schlimm, zumindest auf professioneller Ebene. Sie produzierten ein neues Album, testeten neue Wege, eben so, wie es die Coronalage zuliess. Manche Teile ihrer Lieder wurden in Zürich aufgenommen, andere im Heimstudio. Zudem haben sie neue Beats und Instrumente ausprobiert – und konnten sich dafür richtig Zeit nehmen. Doch irgendwann seien die Tage zu lang geworden, sagt Léonard. «Die Auftritte fehlten uns.» Und irgendwann fehlte auch die Inspiration. All die Begegnungen, die Erlebnisse, die Carrousel normalerweise in den Texten und der Musik verarbeiten, fielen weg. «Es fühlte sich an, als wären wir emotional im Gefängnis», sagt er. Sie schrieben über das, was ihnen fehlte, wonach sie sich sehnten: Freiheit, viel Platz, viel Raum und Leichtigkeit.

Diese Themen haben das neue Album «Cinq» geprägt, es wird Anfang September erscheinen. Es werde anders als die bisherigen vier, sagt Léonard, «popiger». Aber solche Ankündigungen seien immer schwierig. «Wir haben bei jedem Album das Gefühl, dass es etwas Neues geworden ist. Aber unser Publikum nimmt das manchmal nicht so wahr», sagt er. Aus welcher Feder die Lieder stammen, wird man jedenfalls gut erkennen. Denn Carrousels Lieder animieren zum Tanz, egal, wie traurig die Texte sind und egal, wie melancholisch die Melodien klingen mögen.

Am Asphalt Openair spielen die beiden jedoch noch ihr altes Programm. Aus dem neuen Album wird es keine Kostprobe geben. Zu kurz sei die Vorbereitungszeit gewesen. Die Anfragen für die Konzerte im Sommer seien teilweise erst im Mai reingekommen.

Die Musik bewegt auch dann, wenn man die Texte nicht versteht
Normalerweise spielen Carrousel jährlich zwischen 60 und 80 Konzerte, im letzten Jahr waren es lediglich ein knappes Dutzend, in diesem Jahr bisher drei, eines davon im deutschen Freiburg. In Deutschland spielten die beiden bereits oft, laut Léonard etwa 20 Prozent all ihrer Konzerte. Und das, obwohl ihre Texte dort von den meisten nicht verstanden werden. Für das deutsche Publikum seien die Texte aber auch nicht ausschlaggebend, sagt Léonard. Es sei der französische Flair, das, was man fühlt, wenn man an Paris oder an die Provence denkt. «Da stehen die Musik und die Performance im Vordergrund.»

Er mag Auftritte auf grossen Bühnen. Und davon hat er bereits einige erlebt: In Biel spielte Carrousel am Podring, im «Le Singe», an der Braderie und am Lakelive-Festival. Sie spielen aber auch Wohnzimmerkonzerte, vor wenig Publikum, ohne Technik. «Dort ist der Druck für mich fast grösser als auf einer grossen Bühne», sagt Léonard. Diese Abwechslung, dieses Springen zwischen zwei Welten, möchten die beiden nicht missen.

Wo wollen Sophie und Léonard künftig noch hin? Die Antwort überrascht: «Wir wollen nur, dass es so bleibt, wie es ist», sagt Léonard. Solange das Publikum ihre Musik schätze, solange möchten die beiden weitermachen. «Wir haben ein Traumleben. Unsere Leidenschaft ist unser Beruf. Und die können wir miteinander teilen.»

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