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Biel

Das Innen tritt nach aussen

Die Ausstellung der Bildspracheklasse der Schule für Gestaltung zeigt, was junge Gestaltende beschäftigt: schlaflose Nächte, die Körper und die Frage danach, wem sie gehören.

Copyright: Peter Samuel Jaggi / Bieler Tagblatt

Clara Gauthey

Luca Hofmann hatte Glück. Der gerade einmal 21-jährige Schüler der Schule für Gestaltung Bern und Biel ist im dritten Ausbildungsjahr der Grafikfachklasse und konnte seine Werke bereits an den Bieler Fototagen sowie im Kunsthaus Steffisburg an der Cantonale Berne Jura zeigen. Als angehender Grafiker gestaltet er Plakate, Publikationen, macht digitale Illustrationen, entwirft visuelle Identitäten für die Dispohalle Nidau oder erweckt das zweidimensionale, statische Medium Zeitung in einer Animation zum Leben. Ausserdem arbeitet er für das Berner Streetwear Label Kollektiv Pouxa. Letzteres machte medial auf sich aufmerksam, als es 2020 versuchte, Hoodies mit dem umgedreht aufgenähten Logo der Kapo Bern zu verkaufen. Die Pullis waren schnell vergriffen, das Kollektiv sah sich kurz darauf mit einer Klage konfrontiert und musste eine happige Busse sowie Schadensersatz wegen Markenrechtsverletzung zahlen.

 

Eine halbe Ausstellung nur

«Pagua» nennt sich Luca Hofmann, wenn er seine Werke in Kunsthäusern zeigt. Aktuell kann man eines seiner grossformatigen Bilder auf dem Treppenabsatz der Schule für Gestaltung in Biel anschauen. Es ist nicht das einzige seiner Art, aber die Stückzahl an der Ausstellung der Bildspracheklasse ist diesmal, aufgrund des beschränkten Raumes im Treppenhaus, begrenzt auf genau ein Werk pro Mensch. Alles Weitere kann im Netz betrachtet werden, ein QR-Code an diversen Orten der Ausstellung verweist auf die Internetseite. Dort kann man sich im Prinzip alles auch digital anschauen: Filme, Bücher, Bilder.

Das Bild Hofmanns zeigt ein Aquarium, vor dem gaffende Zuschauer stehen und sich die Nasen platt drücken. Durch die Wahl der Perspektive – wir befinden uns als Betrachtende gewissermassen im Wasser bei den Fischen – werden die Schaulustigen mehr als die Fische thematisiert, geraten selbst in den Zuschauerfokus als Gaffer, Sensationslustige, als dumme Masse. In weiteren Bildern zeigt der Künstler Zwitterwesen aus Raubkatze und Mensch, ein Pferd in unterschiedlichen Bewegungsabläufen, daraus entwickelt sich eine Art Animiert- und Bewegtheit inmitten der Statik, werden Bewegungsabläufe lebendig: der abgeworfene, halb zertretene Reiter zum Beispiel. Lukas Hofmanns Manifest besagt, das Innen könne nach aussen treten – durch die Kunst. «Wollen wir es verstecken, wird es uns irgendwann fressen.»

 

Körper und Seele

Grafikerin Dimé Flühmann zeigt ein Buch, das die eigenen Lebensumstände recht intim beleuchtet, inklusive Körperpflege, Koitus, veganem Kochen und Klogang, gezeichnet und getextet. Noëmie Maurer hat zwei sich umarmende, aber auseinanderstrebende Akte aufgehängt, hat sich aber offenbar, wie auf der Internetseite ersichtlich ist, auch sonst viel mit dem Körper und seinen «Berührbarkeiten», seinen Grenzen und Wünschen zwischen Intimität und Abgrenzung auseinandergesetzt.

Den Körper stellt auch Hannah Schweizer ins Zentrum, im Treppenhaus hängen zwei bemalte Stoffe von ihr, im Internet wickelt sie sich in weitere, bemalte Stoffe und zeigt dabei den Körper mal mehr, mal weniger verhüllt. «Ein Körper, der nicht mehr gehört» entsteht bei Nadine Aeschbacher, die Ohren, Zehen, Unterarme, Po und Achselhöhlen in ihre Einzelteile zerlegt hat und in einem Film animiert. «Das Knie ist wütend. Die Hand will weg. Der Bauch erschreckt.» Und so weiter.

Der schlafende Körper ist für Leila Surkovic keine Selbstverständlichkeit. Sie kämpft mit krassen Schlafproblemen. Ihrer typographischen Arbeit liegen Auszüge aus Sitzungen mit dem Psychotherapeuten zugrunde und die ewige Suche nach Ruhe in Schlaflaboren, im Kampf gegen innere Unruhe. «Du hast Sex im Bett. Ich spiel Russian Roulette», steht da. Oder: «Ein Bett, ein Grab.» Und immer noch: «Keine Diagnose.»

Info: Ausstellung bis 18. März an der Salzhausstrasse 21 und unter www.bildsprache-biel.ch

Stichwörter: Kultur, Ausstellung, Biel

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