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Musik

Der Blues-Vertrag mit Philipp Fankhauser

Schon als 13-Jähriger hat Lucky Wüthrich ein grosses Vorbild gehabt: Philipp Fankhauser. Jetzt spannen die beiden Thuner Blueser zusammen. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft.

Blues-Musiker Philipp Fankhauser (rechts) nimmt das Talent Lucky Wüthrich unter Vertrag. Bild: Florian Spring

Michael Gurtner

Die Gesichtsmasken können es nicht verbergen. Philipp Fankhauser grinst. Lucky Wüthrich strahlt. Kein Wunder: Später an diesem Februartag werden die beiden Thuner Bluesmusiker ihre Unterschriften auf ein Stück Papier setzen. Der Star, der am Samstag seinen 57. Geburtstag feiert, schliesst mit dem Jungspund, der eben 25 Jahre alt wurde, einen umfassenden Künstlervertrag ab. Ein Novum für Fankhauser. Und das Erste, was er sagt, ist: «Ich platze fast vor Stolz!»

Wie es zur Thuner Blues-Connection kam? Lange Geschichte. Wenn man so will, beginnt sie an einem bitterkalten Februartag vor elf Jahren. Der Schreibende trifft einen aufgeweckten Jungen zu dessen allererstem Interview. Vor ihm steht kein hibbeliger Teenager, sondern ein erstaunlich abgeklärter 13-Jähriger, der vor seinem ersten Auftritt im legendären Thuner Cafe Mokka steht – an der Regionaltonwoche steht die Bühne jungen Talenten offen. Nervös? «Nein, speziell nervös bin ich nicht», sagt Lucky Wüthrich. Wovon träumt er? «Davon, dass ich Leuten mit meinen Songs eine Freude machen kann.» Und dann erwähnt der Junge sein grosses Vorbild: Philipp Fankhauser.

 

«Dieser Jung
 hat die Musik im Blut»

Besagter Fankhauser liest den Artikel in der Zeitung. Und beschliesst kurzerhand, dem Mokka einen Besuch abzustatten. «Lucky kam ganz allein mit seiner Gitarre auf die Bühne», erinnert er sich. Innert zehn Sekunden habe das Mokka getanzt, beim dritten Refrain mitgesungen. «Er berührte die Leute. Und für mich war klar: Dieser Junge hat die Musik im Blut.» Ein paar Monate später steht Lucky Wüthrich zum ersten Mal mit seinem Idol auf der Bühne. «Magisch» sei das für ihn gewesen. Und: «Seit damals kenne ich den Massstab, weiss, was für eine Energie im Zusammenspiel mit einer grossartigen Band entstehen kann. Du fühlst dich frei, kannst dich entfalten.»

Mittlerweile hat Lucky Wüthrich selber eine formidable Band im Rücken. Wenn man sie spielen sieht und hört, dann wirkt nichts angestrengt oder gesucht oder aufgesetzt. «I just wanna do my thing», singt Wüthrich. Und die Zuhörenden merken es sofort: Das hier, das ist sein Ding. «I got fire in my soul», schmettert er. Und es besteht kein Zweifel: Er hat dieses Feuer in der Seele. Und den Blues im Herzen.

«Blues ist nicht etwas, bei dem du ein bisschen den Clown machst», sagt Philipp Fankhauser. «Es ist furchtbar ernste Musik, bei der es wahnsinnig Spass macht, sie zu spielen.» Die Authentizität, die Ehrlichkeit, den Respekt: Das alles habe Lucky Wüthrich. «Ich habe in der Schweiz 30 Jahre lang niemanden gehört, der den Blues spielen und singen kann wie er.»

Und so geriet Philipp Fankhauser kurz in Panik, als er erfuhr, dass Lucky Wüthrich einen nächsten grossen Schritt machen wolle und auf der Suche nach Unterstützung durch Bookingagenturen und Labels sei. Denn: «Der Aufwand, alles in Eigenregie zu machen, ist einfach riesig – vom Arrangieren der Lieder über das Engagieren von Musikern bis zu Aufnahme-Sessions, Marketing und Booking», wie es Wüthrich ausdrückt. «Da bleibt oft nicht mehr viel Zeit zum Üben.» Für Fankhauser war klar: Dieses Juwel sollte sich nicht irgendjemand anderes sichern. Mitten in der Nacht schrieb er eine SMS und bot Wüthrich kurzerhand einen Vertrag an.

 

Letzte Entscheidung
bei Lucky Wüthrich

«Wie ein Sechser im Lotto», war das für Lucky Wüthrich. Fankhauser wird als Produzent und eine Art Mentor wirken. Der Vertrag mit seinem Label Funk House Blues Productions umfasst Verlagsarbeiten, Albumproduktionen, das Konzert-Booking. Nur: Philipp Fankhauser selber ging immer seinen eigenen Weg – es war und ist sein Erfolgsrezept. Besteht nicht die Gefahr, dass er dem Jungtalent zu sehr reinredet? Fankhauser lacht und sagt: «Lucky hat mir vor ein paar Wochen die erste Gitarrenlektion gegeben. So viel zum Thema reinreden.» Er wolle seine Erfahrungen weitergeben, könne Inputs liefern. «Aber die letzte Entscheidung liegt immer bei Lucky.»

Ende Jahr soll Lucky Wüthrichs erstes Album erscheinen. Mit 25 Jahren – Philipp Fankhauser war bei seinem Debüt genau gleich alt. Der junge Thuner hat eine klare Vorstellung, wie sein Erstling klingen soll. Der Blues ist das Fundament. Funk und Soul bringen weitere Klangfarben ein. Die Vielseitigkeit ist Wüthrich wichtig. Ob es auf dem Album ein Duett mit Philipp Fankhauser geben werde, sei noch nicht entschieden.

 

«Das regt mich
schon fast auf!»

Was aber bereits klar ist: Nicht nur der Jungspund profitiert vom Star. Sondern auch umgekehrt. «Lucky inspiriert mich, gibt mir ein Stück Jugendlichkeit», sagt Philipp Fankhauser. «Er schreibt Songs, wie er ein Glas Wasser trinkt. Das regt mich manchmal schon fast auf!» Er sagt es – und lacht herzhaft. Lucky Wüthrich mache keinen Museumsblues, klinge zeitgemäss. «Es ist junge Musik, geschrieben von jemandem mit einer alten Seele.»

Die Freude am gemeinsamen Projekt, der Stolz: Das alles spürt man im Verlauf des Gesprächs immer wieder, auch wenn die Gesichtsmasken einen grossen Teil der Mimik verdecken. 32 Lebensjahre liegen zwischen Philipp Fankhauser und Lucky Wüthrich. Aber was sind 32 Jahre, wenn die Passion dieselbe ist? Die Passion für diese Musik, die von Herzen kommt und das Herz berührt. Authentisch, direkt, ehrlich. Der Blues kennt keine Masken.

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