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«Der Film versteht sich keinesfalls als Legitimation der Taten»

«Der Läufer» greift einen realen Kriminalfall auf. Was haben die Produzenten für Ansprüche und wie viel in ihrem Film entspricht der Realität? Fragen an Stefan Eichenberger und Urs Frey von der produzierenden Contrast Film.

Max Hubacher. Bild: Keystone
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Stefan Eichenberger, wie kam die Zusammenarbeit mit dem Langspielfilmneuling Hannes Baumgartner zustande?
Stefan Eichenberger (links im Bild): 2012, als ich kurz vor Abschluss meiner Ausbildung als Produzent an der Filmschule in Zürich stand, kam mir plötzlich dieser Berner Kriminalfall wieder in den Sinn – und liess mich nicht mehr los. Ich habe sofort zu recherchieren begonnen und festgestellt, dass ich als jugendlicher Leichtathlet teilweise sogar an denselben Rennen gestartet bin wie der später geständige Täter. Spätestens dann war mir klar, dass es diesen Film geben muss. Der Zufall wollte es, dass Hannes im selben Jahrgang wie ich den Schwerpunkt Drehbuch und Filmregie belegt hat und soeben einen starken Kurzfilm über zwei jugendliche Bankräuber fertiggestellt hat. Dieser Kurzfilm ist thematisch ganz anders aufgeladen, aber hat Hannes’ grosses Talent für komplexe Figuren eindrücklich aufgezeigt.

 

Urs Frey, der Film basiert auf einem Fall, der auch hier in der Region wochenlang im medialen Brennpunkt stand. Wie viele künstlerische Freiheiten haben Sie sich gegönnt? Was ist wahr, was ist Fiktion?
Urs Frey: Der Film basiert auf dem realen Kriminalfall, ist aber keine Nacherzählung der Fakten und somit auch kein Biopic. Wir haben den Realfall lange und intensiv recherchiert, uns dann aber zu einem gewissen Grad davon gelöst und uns die Freiheit genommen, eine eigene künstlerische Interpretation vorzunehmen. Dies auch aus Respekt gegenüber den betroffenen Personen und aufgrund der Tatsache, dass wir uns nicht anmassen wollten, alle Fragen beantworten zu können, die nach dem tragischen Ende der Geschichte offen geblieben sind und auf die selbst Gerichtspsychiater und Kriminologen keine plausible Antwort wussten. Der Fokus des Films liegt somit mehr im Stellen von Fragen als im Geben von Antworten.

 

Bei solchen Film, wie aktuell zum Beispiel auch bei «Utøya 22. Juli», der die Anschläge von Anders Behring Breivik zeigt, stellt sich die Frage: Was antworten Sie auf den möglichen Vorwurf, mit dem Werk einem Mörder eine Beachtung zu schenken, die er nicht verdient?
Stefan Eichenberger: Der Film versteht sich keinesfalls als Legitimation der Taten oder gar als Verherrlichung von Gewalttaten. Ganz im Gegenteil: Der Film hat das Ziel, so präzise wie möglich die Hintergründe von Gewalttaten zu beleuchten und so einen gesellschaftlichen Diskurs über dieses wichtige Thema zu lancieren. Wir sind überzeugt davon, dass eine Debatte über Gewalt und ihre Entstehung der erste Schritt ist, um sie einzudämmen.

 

Wie rasch sind Sie auf Max Hubacher als Hauptdarsteller gekommen?
Urs Frey: Wir haben ein aufwändiges Casting durchgeführt und insgesamt rund 30 junge Schweizer Schauspieler angeschaut. Nach vier intensiven Casting-Runden war klar, dass Max Hubacher die Idealbesetzung ist: Er zeigte erstaunliches Gespür für diese hochkomplexe Figur und brachte auch die physiognomischen Voraussetzungen mit, um glaubwürdig einen Spitzensportler zu spielen.

Interview: Raphael Amstutz

 

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Der Film, die Gratiseintritte

- «Der Läufer» wird diesen Donnerstag um 20.15 Uhr im Kino Rex 2 in Biel in Anwesenheit von Max Hubacher (Hauptrolle), Hannes Baumgartner (Regie) sowie Ivan Madeo, Stefan Eichenberger und Urs Frey (Produktion) gezeigt.

- Das BT verlost 5x2 Eintritte. Wer diese gewinnen möchte, schreibt bis morgen Dienstagmittag eine Mail an verlosungen@bielertagblatt.ch. Den eigenen Namen und das Stichwort «Läufer» nicht vergessen.

- Im Sommer 2002 hat der Fall eines Waffenläufers für Aufregung gesorgt. Der damals 27-Jährige überfiel in Bern mehrere Frauen und tötete eine von ihnen. Schliesslich wurde er gefasst.

- Der Film von Hannes Baumgartner nimmt sich dieser Geschichte an und fragt danach, wie Gewalt entstehen kann (siehe auch Interview). raz

Info: Eine ausführliche Kritik lesen Sie auf der Filmseite vom Freitag.

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