Sie sind hier

Abo

Klassik

Die Mozart-Variationen sind besser als ihr Ruf

Das Sinfonieorchester Biel Solothurn brachte am Mittwoch ausschliesslich selten gespielte oder nahezu unbekannte Werke zur Aufführung. Die Raritäten lösten beim Publikum einhellige Zustimmung aus.

Das Sinfonieorchester widmete sich unbekannten Werken. Copyright: Sarah Bittel / Bieler Tagblatt

Das Konzert begann mit einer frühen Sinfonie des jungen Mozart. Die Sinfonie in g-moll KV 183 trägt zwar die Nummer 25, ragt aber aus der frühen Produktion des damals 17-jährigen Mozart insofern heraus, als sie in einer Moll-Tonart steht und in ihrem stürmischen Charakter von den leichten und tändelnden, von Italien beeinflussten früheren Sinfonien abweicht. Hier stehen eher Haydn und Philipp Emanuel Bach und damit auch der damalige Stil des «Sturm und Drang» Pate. Es ist auch die erste Sinfonie Mozarts, die viersätzig ist, mit einem Menuett an dritter Stelle, wobei dieses Menuett wiederum kaum an den höfischen Tanz erinnert, sondern wie die ganze Sinfonie eher dunkel gefärbt ist. Die Wiedergabe durch das Orchester unter der Leitung von Andreas Sebastian Weiser hatte viel Elan, war aber klanglich eher zu massiv und viele Details – etwa die reine Bläsermusik als Trio des Menuetts – wurden klanglich etwas summarisch behandelt, obwohl die Artikulation und die Akzente stimmten.

Im Krieg gefallen und fast vergessen

Die «Musik für Geige und Orchester» des 1915 mit 28 Jahren im Krieg gefallenen Rudi Stephan ist eine (Wieder-)Entdeckung. Der jung verstorbene Komponist hinterliess nur wenige Werke und all seine Manuskripte fielen im Zweiten Weltkrieg einem Bombenangriff auf Worms zum Opfer. Erhalten sind nur die Werke, die der Schott-Verlag zu Lebzeiten des Komponisten gedruckt hatte. Die «Musik» ist für die Zeit von 1911 durchaus modern und hoch expressionistisch, erinnert an Vorbilder und Zeitgenossen und ist doch sehr eigen. Es ist ernste und ausdrucksvolle Musik, im recht gross besetzten Orchester sehr farbig instrumentiert. Die Interpretation durch den Geiger Kolja Lessing wurde dem Werk in seinen gesanglichen wie virtuosen (fast grotesken oder scherzhaften) Teilen ausserordentlich gerecht.

Durch die Orchesterbesetzung mit viel Blechblasinstrumenten ging die Violine stellenweise etwas unter, da hätte vielleicht vom Dirigenten aus Handlungsbedarf bestanden. Es gibt aber auch viele zauberhafte Stellen, in denen die Geige mit einzelnen Instrumenten oder Gruppen – etwa der Harfe – duettiert. Im Ganzen war die Aufführung doch ergreifend. Ein wichtiges Werk der frühen Moderne, das sich eigentlich im Konzertsaal viel mehr durchsetzen sollte. Als Zugabe spielte Kolja Lessing – sehr gut überlegt, wie er dem Publikum darlegte – einen Satz aus der Solo-Sonate von Sandor Veress, einem ungarischen Komponisten, der jahrzehntelang in Bern gewirkt hatte und der zu Unrecht heute vernachlässigt wird.

Komponist des Übergangs

Nach der Pause ging es weiter mit Werken von Max Reger, zunächst mit einer Aria für Violine und Orchester, die sich an die Aria aus der 3. Orchestersuite von Bach anlehnt. Der grosse Brocken aber waren die Variationen über ein Thema von Mozart (aus der Klaviersonate A-Dur KV 331) für Orchester. Max Reger gehört wiederum zu den Komponisten, die zu ihrer Zeit, im Übergang von der Spätromantik zur Moderne von Bedeutung waren, aber später fast in Vergessenheit gerieten, obschon Reger wichtige Komponisten wie Bela Bartok oder Paul Hindemith stark beeinflusst hatte.

Spannende Variationen

Fazit aus der Aufführung mit Andreas Sebastian Weiser und dem Sinfonieorchester Biel Solothurn: Die Mozart-Variationen sind viel besser als ihr Ruf. Die ersten zwei Variationen halten sich noch stark an die Melodie des Themas und dann werden sie, nach dem Vorbild der Haydn-Variationen von Brahms, immer freier. Es gibt sehr spannende Variationen, und die langsame vor der heiteren Schlussfuge ist klanglich und melodisch ein sehr lohnender, fast meditativer Satz.

Ein kurzes Stück «Weihnachten», für Streicher bearbeitet aus den «Sieben Stücken für Orgel», schloss ein interessantes Konzert ab. Daniel Andres

Stichwörter: Sinfonie, Orchester, Kultur, Mozart

Nachrichten zu Kultur »