Sie sind hier

Abo

Konzert

Diese Schweizer begeistern die BBC

Der Aargauer Ellis Mano Band ist mit dem zweiten Album «Ambedo» der Sprung auf Platz 2 gelungen. Nun interessiert sich sogar die BBC für ihren Bluesrock – demnächst spielt die Band in Biel.

Auf dem Weg: Die Ellis Mano Band mit Edis Mano (rechts) gibt sich zehn Jahre Zeit, um von der Musik leben zu können. zvg/Pascal Berger
Reinhold Hönle
 
Den Durchbruch hätte die Ellis Mano Band schon im vergangenen Jahr schaffen können, doch verhinderte Covid-19, dass sie mit Konzerten auf ihr Debütalbum «Here And Know» aufmerksam machen konnte. Gitarrist und Bandgründer Edis Mano (42), Sänger Chris Ellis (47), Bassist Severin Graf (38) und Schlagzeuger Nico Looser (59) liessen sich jedoch nicht entmutigen und nutzten die Zwangspause, um Songs für zwei weitere Alben zu schreiben und aufzunehmen. 
Als wir Mano treffen, der wie Ellis im Aargauer Reusstal zuhause ist, kommt er direkt vom Soundcheck eines Konzerts von Luca Hänni. Den Hauptteil des Lebensunterhalts für seine fünfköpfige Familie verdient er als Tontechniker für bekannte Künstler sowie mit dem Verleih von Mischpulten, Verstärkern und Mikrofonen. «Mein Traum ist es jedoch, ganz von meinen Einkünften als Musiker leben zu können», sagt er. «Dafür gebe ich uns zehn Jahre Zeit. 2030 wird Bilanz gezogen.» Sieht man von der höheren Gewalt ab, verlief der Start schon mal vielversprechend. Die Ellis Mano Band erhielt einen Plattenvertrag beim renommierten Freiburger Label Jazzhaus Records. Dies hat nicht nur bei Schweizer und deutschen Konzertveranstaltern und Medien Interesse geweckt, sondern sogar in England.
 
Sind sie nicht zu alt?
«Wir haben in den letzten Wochen schon über 30 Interviews gegeben, zwei davon bei der BBC, und sind auf dem Cover des Magazins Blues in Britain», sagt Mano und erzählt, wie sein Vater reagiert hatte, als er vor zwei Jahren seinen Nebenjob als Gitarrist und Leader der Band des Luzerner Popstars Kunz aufgab, um seine eigenen musikalischen Vorstellungen zu verwirklichen. «Sohn, ich muss dich etwas fragen!», sagte er, auf die Art, wie man in Bosnien ein ernstes Thema einleitet: «Seid ihr nicht alle ein bisschen zu alt für eine Band?»
Mano konnte sich schon damals kaum halten vor Lachen. Dann antwortete er ihm, seine Frage sei berechtigt, aber er habe all die unterschiedlichen Erfahrungen der letzten dreissig Jahre in der Musikbranche gebraucht, um dieses Niveau und diese Reife zu erlangen. 
 
In Bosnien in der Hitparade
Mano wurde in Baden geboren und wuchs einem Hochhaus in Spreitenbach unweit des damals bekanntesten Shoppingcenters der Schweiz auf. «Ich fand es super, dass bei der jamaikanischen Familie unter uns dauernd Reggae lief und dass ich jeden Fünfzigräppler beim K3000 im Parterre in Raketenglacés investieren konnte.» Als seine Eltern 1989 mit ihm und seiner Schwester nach Kroatien, der Heimat der Mutter, zurückkehrten, machten ihnen die wachsenden politischen Spannungen und die horrende Inflation einen Strich durch die Rechnung. «Ein Brot kostete zwei Milliarden Dinar, als sie den Versuch nach anderthalb Jahren abbrachen.»
Dann trat die Gitarre in sein Leben. Edis machte rasch Fortschritte, aber als ihm sein Lehrer, der angesehene Musiker Toni Lumiella, eröffnete, er müsse sich jemand anders suchen, da er ihm nichts mehr beibringen könne, fühlte er sich als Siebe-siech. «Das nehme ich ihm bis heute übel», merkt Mano grinsend an. «Danach war ich so eingebildet, dass ich mich nur noch autodidaktisch weitergebildet habe.»
Noch als Teenager schaffte er zusammen mit zwei Cousins und einem Sänger, der heute Fahrlehrer ist, unter dem Namen Ba’Rock in Bosnien den Sprung in die Album-Hitparade. Wenn sie dort Konzerte gaben, wurden sie sogar auf der Strasse erkannt und um Autogramme gefragt. Leben konnten sie davon aber nicht. Nach einer Lehre als Musikinstrumenten-Verkäufer in Wettingen, bei der Mano seine Frau Rosie kennenlernte, mit der er drei Kinder zwischen 7 und 15 Jahren hat, baute er bei Musik Hug in Zürich die E-Gitarrenabteilung auf, die schon im ersten Jahr eine halbe Million Franken Umsatz machte. Da es sich in seinem Lohn kaum niederschlug, wechselte er für sieben Jahre als Billettkontrolleur im Spätdienst zur Zürcher S-Bahn. Daneben baute er seine heutige Selbständigkeit im Veranstaltungsgeschäft auf. 
 
Bluesrock statt Mundartfolk
«Als ich wieder einmal A-live abmischte, drückte mir Marco Kunz, der damals noch bei dieser A-cappella-Formation sang, sein Demotape mit Mundartliedern in die Hand und fragte, was ich davon halten würde», erinnert sich Mano, der dessen Talent erkannte, aber auch die mangelnde Qualität seiner Musiker. Darauf stellte er für Kunz eine Band zusammen und begleitete ihn, bis dieser mit «Mundart Folk» sein erstes Nummer-eins-Album hatte. 
«Als bei mir der Drang wuchs, ambitioniertere Musik zu machen, konnte ich glücklicherweise Chris Ellis, den ich ebenfalls von A-live kannte, für mein Projekt gewinnen», erklärt der Küntener. «Er ist für mich der beste Sänger der Schweiz, denn er gibt sich immer voll in die emotionalen Songtexte hinein, die ihm der Ire Shane Brady, ebenfalls A-live-Mitglied, auf den Leib schreibt.» Nachdem der Stilmix aus eingängiger Rockmusik, Blues und Funk den hochkarätigen Musiker und ihrem zweiten Album «Ambedo» Platz zwei in der Schweizer Hitparade und internationale Resonanz beschert hat, besitzt Edis Manos Vater nun auch die Gewissheit, dass es für gute Musiker nie zu spät ist, ihr Ding zu machen.
Info: Ellis Mano Band:«Ambedo» (Jazzhaus Records). Live am 17. November an den Christmas Sessions, Kongresshaus Biel.

Nachrichten zu Kultur »