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Biel

«Eine frivole Fast-Liebesgeschichte»

Den Anfang machte eine Bier- und Schnapsidee. Am Ende ist eine Kunst-Publikation zum Abonnieren entstanden. Sie heisst «Und Mond» und spielt auf der Erde. Vier Menschen aus Biel stecken dahinter.

Sie malen, schreiben, gestalten «Und Mond»: Colin Bottinelli, Manuel Naef, Regina Dürig und Grafikerin Miriam Affolter (v.l.). Bild: Clara Gauthey

Clara Gauthey

Colin Bottinelli und Manuel Naef treffen sich erstmals 2014 am Schweizerischen Literaturinstitut. Ja, dort schreiben sie Texte, Prosa und Lyrik, aber nicht nur. Denn per Zufall landen beide an einem interdisziplinären Seminar der HKB, in welchem vor allem gemalt wird. «Wir haben geplappert und gezeichnet», sagt Manuel Naef. Da aber Colin Deutsch ähnlich gut (oder schlecht) wie Manuel Französisch konnte, kam man immer mehr auf die Bildsprache. «Irgendwann haben wir nur noch gezeichnet.» Im Herbst werden die Literaten nun ihre erste gemeinsame Kunstausstellung in der Voirie gestalten. Manuel Naef hat die alte Wohnung Colins an der Obergasse als Atelier übernommen. Wenn es kurz sein muss, signieren sie ihre Werke mit «C1M0», übersetzt eine Chiffre für den Duo-Namen «Cool1 & Manul».

 

Ringen um die Handlung

Autorin Regina Dürig hat das Literaturinstitut bereits 2009 unter den ersten Absolventinnen überhaupt mit Dorothee Elmiger oder Arja Lobsiger abgeschlossen. Zusammen mit Manuel Naef verfiel sie erstmals 2018 der «Bier- und Schnapsidee», gemeinsam an einem Text zu stricken. Das Resultat wurde im Lokal-Int musikalisch untermalt und vorgetragen. Seither ist die Stimmung für Live-Lesungen jedoch weniger euphorisch, weshalb sie für ihr neues Zusammenschreibprojekt «Und Mond» nun also wieder zum guten alten Papier und zum Postweg greifen. Ihre «frivole Fast-Liebesgeschichte» haben sie abwechselnd geschrieben, pro Text gab man sich drei Tage, dann übernahm der nächste. Am Ende sei «Und Mond» ein annähernd geradliniger Text geworden, «liebevoll und auch politisch», sagt Naef, mit «unerwarteten Wendungen». Regina habe mehr feine und poetische Töne eingebracht, während er selbst dazu neigte, Dinge zu überzeichnen. «Das Setting mit Monsieur Bipadu, dem Grafen mit Hund, stammt von Manuel», erklärt Regina Dürig. «Aber seine Idee, dass eine der Figuren Hautfarbe und Geschlecht wechseln kann, habe ich mehrfach in andere Bahnen gelenkt, weil mir das für diesen Text zu schrill schien.» Am Ende musste jeder ein paar Handlungsstränge aufgeben zugunsten eines gemeinsamen roten Fadens.

Interessant sei gewesen, dass man im Laufe der Hin- und Herschreiberei weniger Energie in das Durchsetzten eigener Vorstellungen gesteckt habe und sich mehr habe einlassen können, der Logik der Geschichte zu folgen. Am Schluss mussten einige schreiberische «Sackgassen» gekillt werden, wurde gestrichen und gebüschelt, was zusammenwachsen wollte.

 

«Habe wenig verstanden»

Und dann standen Naef und Bottinelli, der 20-jährig den Gedichtband «Les jours sont longs» veröffentlichte, im Atelier und schwangen den Pinsel, acht DIN A4-Blätter kamen dabei heraus. «Ich habe die Geschichte gelesen», sagt Colin Bottinelli auf Französisch und lacht, «aber ich habe wenig verstanden.» Schliesslich habe man mit Figuren und Symbolen gearbeitet, welche zur Geschichte gehörten. Zum Beispiel mit der Börsenzeitschrift, die der betuchte und sanftmütig-verträumte Monsieur in den Händen hält, als er bei einem Hundespaziergang mit seiner haarigen «Madame» auf einer Parkbank unvermittelt Vater wird.

Dieser nicht mehr völlig junge Mensch aus gutem Hause träumt gerne davon, zum Mars zu fliegen, nimmt aber aus Bequemlichkeit vorlieb damit, den Mond zu betrachten. Er neigt zu Kränklichkeit und Ausschlafen. «Auch hat er viele Laster, die ihm fast alle lieb sind.» Fraglich, wie so einer mit einem Säugling klarkommen soll.

 

Bild als Rahmen für Text

Bilder und Texte suchten schliesslich eine gemeinsame Heimat in einem Endprodukt. Die gab ihnen die Grafikerin und Gastdozentin an der Schule für Gestaltung, Miriam Affolter vom Atelier Komma, mit der Regina Dürig schon mehrfach zusammengearbeitet hat. «Ich wollte Text und Bild ihr Eigenleben lassen», sagt sie.

Nun könnte man sagen, das grössere DIN A4-Bild rahme den darauf als herausnehmbares, kleineres Heft liegenden Text. Unzertrennlich sind sie zwar nicht, aber sie gehören trotzdem zusammen.

Info: «Und Mond». Text Regina Dürig/Manuel Naef, Bilder Colin Bottinelli/Manuel Naef; Bestellung bis am 24. Januar per E-Mail an
undmond@gmx.ch, 100 Franken für vier Hefte, handgefertigte, limitierte Serie (Versand inkl.).

Stichwörter: Und Mond, Kultur, Biel, Literatur

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