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Nachruf

«Er war total begeistert»

Edi Benz war Gründer und langjähriger Direktor der damaligen Orchestergesellschaft Biel. Und noch viel mehr. Er hat das Bieler Kulturleben über Jahrzehnte massgeblich geprägt.

Edi Benz, fotografiert am 11. Januar 2019.  copyright: peter Samuel Jaggi/a

Annelise Alder

Von Haus aus war er Architekt. Als Mitarbeiter des Büros von Max Schlup wirkte Edi Benz unter anderem am Bau des Bieler Kongresshauses mit. Sein Entwurf zur Konzeption des Konzertsaals wirkt visionär und verrät zugleich, wofür sein Herz wirklich brannte: für die Musik. Edi Benz war nämlich ein begeisterter Amateurmusiker. Parallel zu seinem Architekturstudium nahm er Bratschenunterricht am damaligen Konservatorium. Dort lernte er unter anderem Jost Meier kennen: «Wir haben zusammen im Streichquartett gespielt», erinnert sich der Musiker, der am Konservatorium unterrichtete.
Eine lebenslange Freundschaft nahm damals ihren Anfang: «Er war ein treuer Freund». Die Begegnung war auch folgenreich für das professionelle Musikleben, denn die beiden legten – zusammen mit Gerhard Thomke und Francis Pellaton – den Grundstein für das heutige Sinfonieorchester Biel Solothurn. Rückblickend bedauert Jost Meier nur eines: «Aufgrund von Corona durfte ich den Schwerkranken nicht im Spital besuchen.» Nur gerade die engsten Angehörigen waren zugelassen.»
Am Stephanstag ist Edi Benz im Alter von 89 Jahren gestorben. Zurück bleiben Erinnerungen an eine aussergewöhnliche Persönlichkeit. Edi Benz gehörte dank seinem unermüdlichen Gestaltungswillen und seinem musikalischen «Feu sacré» zu den massgeblichen Mitgestaltern des Bieler Kulturlebens.

Zwei Freunde vollbringen eine erstaunliche Tat
Das Jahr 1968 bildet dabei ein Schlüsseljahr. «In diesem Jahr wurde das damalige Stadtorchester führungslos», erzählte Edi Benz vor zwei Jahren der Gratiszeitung «Biel Bienne», «der amtierende Präsident suchte krampfhaft einen Nachfolger. Schliesslich wandte er sich an mich.»
Der zukünftige Orchesterdirektor hatte dabei genaue Vorstellung, wie sich die Bieler Orchesterlandschaft verändern sollte: Alle damals aktiven Berufs- und Amateurorchester sollten zu einem einzigen Klangkörper vereint werden. Ein Jahr später folgte das Gründungskonzert der neuen Orchestergemeinschaft. Zwei Jahre später stiess auch das damalige Theaterorchester zur neu gegründeten Orchestergesellschaft Biel OGB.
Daniel Andres, der damals als Musikjournalist des «Bieler Tagblatts» die Ereignisse verfolgte, erinnert sich gut an diese Zeit: «Es war eine erstaunliche Tat». Und auch Jost Meier erwähnt den damaligen «Pioniergeist». Er muss es wissen, denn der ausgebildete Cellist und Komponist wurde zum Dirigenten des neu gegründeten Klangkörpers ernannt: «Edi hat mich angefragt, denn keiner der damaligen Amateurdirigenten war fähig, ein grosses Orchester zu leiten», erinnert er sich.

Erfolg dank Vernetzungin Politik und Wirtschaft
Bis 1996 amtete Edi Benz als Vereinspräsident, später als operativer Direktor der OGB. Jost Meier schwärmt heute noch von der «fantastischen Zusammenarbeit» mit dem damaligen Orchesterleiter. «Wir haben uns halt sehr gut verstanden und konnten alles miteinander besprechen.»
Daniel Andres, der damals als Kapellmeister am Theater tätig war, erinnert sich auch an die damaligen Schwierigkeiten: «Es war von Anfang an nicht nur einfach.» Schliesslich war der Edi Benz ein beruflicher Quereinsteiger.
Zudem stellten sich bald auch finanzielle Probleme ein. Doch der Orchesterdirektor, der seinen Architekturberuf zugunsten seiner neuen Berufung aufgegeben hatte, nutzte Kontakte in Politik und Wirtschaft, um den Fortbestand des jungen Profiensembles zu sichern und die finanziellen Hürden zu beseitigen. Er liess sich als Mitglied der Freien Bieler Bürger FBB in den Stadtrat wählen und engagierte sich auch in diesem Rahmen für das Orchester. Seinen damaligen Mitstreitern Frank A. Meyer, Mario Cortesi, aber auch Francis Pellaton, dem Verwaltungsratspräsidenten der damaligen Ersparniskasse, ist es zu verdanken, dass das Personal des OGB an die Pensionskasse der Stadt Biel angeschlossen wurde. Daniel Andres konstatiert rückblickend deshalb: «Edi Benz blieb stets standfest und hartnäckig. Ohne ihn hätte die Orchestergesellschaft nicht überlebt.»
Das unermüdliche Engagement von Edi Benz zahlte sich aus. Das Sinfonieorchester ging mit Unterstützung von Pro Helvetia mehrmals auf Tournee. Jost Meier erinnert sich: «Wir haben in den 70er-Jahren am Sommerfestival in Paris gespielt. Die Franzosen waren sehr erstaunt, dass eine so kleine Stadt wie Biel über ein so gutes Orchester verfügt.» Auch Martin Markun, von 1989 bis 2002 künstlerischer Leiter am Bieler Musiktheater, bezeichnete seine Zeit in Biel als «die sieben fetten Jahre unter Edi».

Engagiert für kulturelle Anliegen bis zuletzt
Auch nach seiner Pensionierung als Direktor der Orchestergesellschaft 1996 spielte Edi Benz eine aktive Rolle im Bieler Kulturleben. Bis die Orchestergesellschaft Biel in eine Stiftung überging, sprang er mehrmals als Troubleshooter ein. Daneben engagierte er sich in verschiedenen Verbänden. So amtete er als Präsident des Vesbo (Verband Schweizerischer Berufsorchester). Er schrieb Kolumnen im «Bieler Tagblatt», die später gesammelt als Buch erschienen, und regelmässig Leserbriefe, in denen er sich als bestens informierten, weitsichtigen und höchst engagierten Kämpfer für die Kultur offenbarte. Dabei scheute er sich nicht vor dezidierten Äusserungen: «Mein Ärger ist grenzenlos», ereiferte er sich einmal über einen Befürworter einschneidender kantonaler Sparmassnahmen.
Edi Benz gründete 2008 auch die Bourgkonzerte. Nur wenige Jahre später schlitterte der Verein und mit ihm auch sein Präsident in eine Krise, wie sich sein Nachfolger Fred Greder erinnert: «Immer weniger Menschen interessierten sich für die rein klassischen Programme, wie sie Edi favorisierte.» Fred Greder schaffte den Turnaround der Konzertreihe dank neuen Vereinsstatuten und stilistisch breit gefächerten Programmen.
Edi Benz honorierte den Erfolg mit treuer Anhängerschaft: «Er war bei jedem Konzert anwesend und total begeistert von unseren Programmen», erzählt der heutige Präsident der Bourgkonzerte, der privat mit Edi Benz bis zuletzt freundschaftlich verbunden blieb, und auch er hält fest: «Das Bieler Kulturleben hat ihm sehr viel zu verdanken.»

Info: Theater Orchester Biel Solothurn wie auch die Bourgkonzerte werden Gedenkkonzerte durchführen, sobald öffentliche Veranstaltungen wieder möglich sind.

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