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Oper

Faszinierender Schrecken

Morgen wird am Stadttheater die Bergsteiger-Oper «Eiger» uraufgeführt. Den packenden Stoff von Autor Tim Krohn und Komponist Fabian Müller hat die Regie grossartig auf die kleine Bühne gebracht.

Bild: Suzanne Schwiertz/zvg

Annelise Alder

Bereits als Kind hatte Fabian Müller die Wand stets im Blick. Mit seiner Familie verbrachte er die Sommer- und Winterferien jeweils in Grindelwald. Als Jugendlicher verschlang er «Die weisse Spinne» von Heinrich Harrer. In chronologischer Reihenfolge werden darin die Versuche aufgeführt, die Eiger-Nordwand zu bezwingen. Später vertiefte sich der Zürcher Komponist in Rainer Rettners Buch «Eiger – Triumphe und Tragödien.» Darin wird beschrieben, wie die ersten Begehungen in den 30er-Jahren jeweils in einer Tragödie endeten. «Mich faszinierte die Ohnmacht des Menschen gegenüber den Naturgewalten und welch fatale Auswirkungen das Wetter an diesem Berg haben kann.»

 

Die frühe Orchesterskizze ist in die Oper eingeflossen

Es ist eine Mischung aus Schrecken und Anziehungskraft, die vom berühmt-berüchtigten Berg ausgeht und die den 57-jährigen Komponisten heute noch fasziniert. «Ich ziehe mich gerne in die Alpen zurück, um zu komponieren. Auch gehe ich leidenschaftlich gerne wandern. Bergsteigen ist allerdings nichts für mich. Ich bin nicht schwindelfrei.» Lieber blickt er der kargen Wand an der Nordseite des Eigers hoch und lässt sich davon zu Musik inspirieren. «Bereits im Jahr 2004 komponierte ich eine sinfonische Skizze mit dem Titel «Eiger».» Weshalb eine Skizze? «Musikalisch kann man einen Berg nie vollständig erfassen.» Jedenfalls nicht mit einem Orchesterstück. Schon damals keimte in ihm deshalb der Wunsch auf, eine Oper über den berühmt-berüchtigten Berg und seine damit verknüpften Schicksale zu schreiben. Erst seit Kurzem wurde sie vollendet. Das Auftragswerk von Theater Orchester Biel Solothurn wird Morgen am Stadttheater Biel uraufgeführt.

 

Auch Mystisches findet Eingang ins Textbuch

Das Textbuch stammt von Tim Krohn. Der Erfolgsautor schrieb mit «Quatemberkinder» oder «Vrenelis Gärtli» zwei Bestseller. Es sind Bücher, die in einer von Mythen umrankten Bergwelt spielen. «Ich kenne Tim schon lang», sagt Fabian Müller. Sie hätten schon mehrfach zusammengearbeitet. Immer ging es in diesen Kompositionen um Mythen und moderne Sagen. «Uns beide verbindet ein Flair für Mystisches. Eine Zusammenarbeit bot sich also auch für die Oper «Eiger» an. Wir mögen beide auch archaische Themen, solche, wo Mensch und Natur aufeinanderprallen.» Konflikte sind somit vorprogrammiert. Das zeigt auch der Besuch der Hauptprobe der Oper «Eiger» am Stadttheater Biel. Die vier Bergsteiger kämpfen mit einfachster Ausrüstung gegen Steinschlag und Eis an. Schliesslich ereignet sich die Geschichte im Jahr 1936. Auch ein überraschender Wetterumschlag bringt die jungen Männer in die Bredouille. Tim Krohn flicht eine weitere thematische Ebene ein. Das Drama spielt sich am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ab. Die braunen Schatten reichen bis ins Berner Oberland. Am Berg geht es nicht nur um Leben und Tod, sondern auch um Heldentum und Führerschaft.

 

Kleines Sinfonieorchester, aber grosser Klang

Das Thema ist wie gemacht für die grosse musikalische Geste. «Ursprünglich habe ich die Oper für grosses Sinfonieorchester geschrieben», sagt Fabian Müller. Für die kleinen Orchestergräben in den Theatern in Biel und Solothurn musste er allerdings eine Fassung für kleinere Besetzung einrichten. Die Musik klingt trotzdem erhaben und schön, aber auch dramatisch. Der Komponist setzt auf dichten Klang und weite Melodiebögen sowie auf tiefe Orchesterinstrumente.

Das Drama am Berg geht unter die Haut. Das ist auch das Verdienst des Sinfonieorchester Biel Solothurn unter der Leitung von Kaspar Zehnder. «Kaspar erfasst meine Musik total gut», sagt der Komponist.

 

Ein Kletterexperte verhilft zu Bühnendramatik

Auch für das Regieteam rund um Barbara-David Brüesch ist Fabian Müller voll des Lobs. «Es war eine grosse Herausforderung, das Thema auf der Bühne darzustellen.» Doch Ausstatter Alain Rappaport hat ein eindrückliches Bühnenbild entworfen. Damit die Kletterszenen authentisch wirken, hat Tobs eigens einen Kletterexperten engagiert. Mit der Inszenierung seiner Oper ist der Komponist offensichtlich zufrieden. «Das Regieteam hat bei der Umsetzung des Themas sehr gute Lösungen gefunden.» Er bewundere, wie alle Beteiligten ihr jeweiligen Talente einbringen. «Für mich ist eigentlich das Schönste zu erleben, wie auf der kleinen Bühne etwas eindrücklich Grosses entstanden ist.»

Info: Premiere in Biel morgen um 19.30 Uhr.

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