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Musik

Folk und Mundart im Orchesterkleid

Im letzten Sommerkonzert erkundet das Sinfonieorchester Biel Solothurn ungewohntes musikalisches Terrain. Mit dabei: die Songwriter Shirley Grimes und Tinu Heiniger sowie am Bass Wolfgang Zwiauer.

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Annelise Alder

Es sei eine Premiere, sagte Kaspar Zehnder, der Chefdirigent des Sinfonieorchesters Biel Solothurn. Gemeint war damit der Austragungsort des letzten Sommerkonzerts. Denn bereits Anfang September werden die Musikerinnen und Musiker im Rahmen des ersten Abonnementskonzerts wieder im Innern des Kongresshauses Platz nehmen. Zum ersten Mal also spielte das Orchester draussen vor den Eingangstüren des Jubiläumsbaus. Und das Publikum, das am Montagabend so zahlreich erschienen war, dass selbst Tobs-Direktor Dieter Kägi beim Stühle Hinaustragen mitanpacken half, sass auf der Esplanade. Und blickte eigentlich auf zwei Bühnen. Zunächst auf den Abschnitt der Zentralstrasse direkt vor den Treppenstufen des Kongresshauses, wo vorbeifahrende Busse – mit winkender Buschauffeurin - und Velofahrer, ein Tänzchen einer angeheiterten Passantin oder Hallenbadbesucher auf dem Nachhauseweg zur lockeren Atmosphäre dieses Sommernachtskonzerts beitrugen.

 

Ungewohnt in vieler Hinsicht

Auch der Orchesterapparat, der direkt vor dem Eingangsbereich des Kongresshauses aufgestellt war, kündigte mit den verschiedenen Gitarren neben dem Dirigentenpult ein Sinfoniekonzert der anderen Art an. Unter den Orchestermitgliedern fielen zudem die vielen jungen Gesichter auf: Es sind angehende Orchestermusikerinnen und -musiker, wie die Zusatzbezeichnung «In Kooperation mit Son» auf dem Programmblatt verriet. Ungewohnt dürfte für viele im Publikum auch das Musikprogramm gewesen sein, welches das Sinfonieorchester Biel Solothurn unter Leitung seines Chefs Kaspar Zehnder präsentierte. Dies obwohl einige Melodien zum traditionellen Schweizer Liedgut gehören. Denn wer kennt nicht «Lueget vo Bärg und Tal»? Anklänge daran, die in einem Medley eingebunden waren, sowie zum Auftakt ein Lied über die Schweizer Heimat von Abbé Joseph Bovet gaben nämlich die musikalische Fahrtrichtung dieses Abends vor: Für ihre lokale Ausprägung sorgte der Berner Liedermacher Tinu Heiniger, dessen Mundartlieder dank Streichergewand einen sanften Anstrich erhielten.

Es wurde an die nicht immer nur gute alte Zeit erinnert («Verby isch nit verby»). Aber auch neue Bande geknüpft: So fügten sich die im irischen Folk verwurzelten Songs der irisch-schweizerischen Sängerin Shirley Grimes erstaunlich geschmeidig in den Mundartsound ein, die Duette Heiniger-Grimes erwiesen sich als reizvolle stilistische Begegnungen.

 

Kraftvoll und berührend

Die irischen Wurzeln bilden den Nährboden der Songs von Shirley Grimes. Zwar zog die Songwriterin mit 19 Jahren nach Bern, sie spricht sogar hervorragend Berndeutsch, wie ihre Ansagen verrieten. Doch zeugt ihre Soloperformance von einer tiefen emotionalen Verbundenheit mit dem Land, das vor nicht allzu langer Zeit mausarm war und dessen Bevölkerung sich nur von «Kartoffeln und Musik» ernährte. Auch das Lied über die Rolle einer Mutter macht deutlich, dass Shirley Grimes Lieder, die in der irischen Folk-Tradition wurzeln, von eigenständiger Kraft sind und zugleich berühren. Der Groove, der von diesem irisch- schweizerischen Songprogramm ausging, wäre ohne die präzise und unaufgeregte Begleitung durch Wolfgang Zwiauers Bass und Mandoline nicht denkbar.

Das Orchester agierte diesmal vorwiegend im Hintergrund. Doch hatte es dennoch Entscheidendes zum Konzert beigetragen: Die Idee zu diesem «Chanson, Jazz, Pop»-Programm des Sinfonieorchesters Biel Solothurn ging nämlich von Konzertmeisterin Luitgard Mayer aus. Doch Akzente setzte das Orchester in den reizvoll eingerichteten Arrangements auch mit schönen Einzelleistungen in den Bläsern (allesamt Praktikanten) und beim Schlagzeug, wo für einmal rock-poppiges Rhythmusgefühl gefragt war.

Info: Das erste Abonnementskonzert unter Leitung von Kaspar Zehnder findet statt am 7. Sept. 19.30 Uhr im Kongresshaus Biel.

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In die Lehre bei einem Sinfonieorchester

SON steht für Stiftung Schweizer Orchesternachwuchsförderung. Die Stiftung möchte junge professionelle Musikerinnen und Musiker auf die Anforderungen in einem Berufsorchester vorbereiten. Zu diesem Zweck wird jährlich im Frühling ein Probespiel durchgeführt, zu dem sich in der Schweiz wohnhafte Musikhochschulabgängerinnen oder Berufsmusiker bis zum Alter von 30 Jahren anmelden können. Von den 140 Anmeldungen haben sich in diesem Jahr rund 90 junge Instrumentalistinnen und Instrumentalisten an den Probespielen beteiligt. 20 haben schliesslich eine der begehrten Praktikumsstellen im Orchester erhalten, wie Beat Hunziker, der Geschäftsführer der SON auf Anfrage erklärt. Dabei werden zwischen zwei Arten von Praktika unterschieden: Ein Praktikum bei den Sommerkonzerten, welches mit dem ersten Abonnementskonzert zu Ende geht, oder ein Ganzjahrespraktikum beim Sinfonieorchester Biel Solothurn. Ziel ist es in jedem Fall, die jungen Orchestermusikerinnen und –musiker auf den Beruf und die Anforderungen als Orchestermitglied vorzubereiten und zu schulen.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Tobs und der dort angegliederten SON besteht schon seit vielen Jahren. Die SON wird zusätzlich auch vom Schweizerischen Musikpädagogischen Verband sowie vom Schweizer Orchesterverband, Sektion Biel unterstützt. aa

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