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Biel

"Frauen sind weich"

Gestern Abend feierte die Gewölbegalerie Vernissage. Fuhrimann, Strub und Tschersich zeigen sehr unterschiedliche Positionen – sommerlich wirds noch einmal mit Sonnenschirmen und Horizontlinien.

"Chugeli" von Lucia Strub in der Gewölbegalerie Bild: Susanne Goldschmied

Clara Gauthey

Sarah Fuhrimann, Lucia Strub und Petra Tschersich: keine leichte Aufgabe, diese drei in einer Ausstellung zu vereinen. Vor allem die Malereien von Sarah Fuhrimann wollen nicht recht zu den Werken der anderen beiden passen. Zu leise und ungewiss scheinen ihre Malereien, zu zart die pastellenen Farben, zu verschwommen und verträumt die Welten, die sich aus den intuitiv aufgetragenen Farben schälen. Statisch geben sich die mit groben Strichen angedeuteten Figuren in den schemenhaften Landschaften. Sanfter und etwas undramatischer, als man sie beispielsweise 2013 im Kunstkeller in Bern sah und zugleich völlig typisch und genau so verrätselt wie eh und je.

Sie bleibt ihrer Arbeitsweise treu, bei der sich ihr die Bilder im Prozess des Malens selbst erschliessen, nach und nach aus den fast meditativ aufgetragenen Farbschichten zu erkennen geben, bis die Künstlerin einer Form folgt, sie weiterführt. Ob sie das Offenbarte am Ende selbst einordnen kann? «Mit Distanz verstehe ich meine Bilder manchmal», sagt die Künstlerin. Konkreter wird es nicht. Als Hommage an den Sommer sieht man hier und dort Sonnenschirme, Horizonte, Himmel und kurzärmlige Kleidung, praktisch alles ist frisch aus dem Atelier.

 

Langbeinige und «Chugeli»
Daneben Petra Tschersich und Lucia Strub. Interessant, dass die skulpturalen Werke Strubs neben den Arbeiten von Tschersich besser wirken und neben jenen von Fuhrimann praktisch verschwinden. Ihre sanften, dicken Frauen ebenso wie die schlanken, pharaonischen Langbeinschönheiten «Josephine» und «Geraldine» vertragen kräftige Farben im Hintergrund.

Lucia Strub ist Gründungsmitglied der Gruppe «Skultur» aus Biel und das erste Mal in der Gewölbegalerie. Die regionalen Bildhauer erregten 2003 Aufsehen, als sie die zwei Tonnen schwere Gemeinschaftsskulptur «Rolling Stone» illegal auf dem Zentralplatz deponierten. Später kam der «Stein des Anstosses» bei der Seelandhalle in Lyss unter. Lucia Strub realisiert Auftragsarbeiten vom Grabmal bis zum Relief, am liebsten widmet sie sich aber ihren «Frauen». Mal aus Terrakotta, mal aus Speckstein oder Muschelkalk, bevorzugt aus Hautrive Kreidekalk.

 

«Stundenporträts» am First Friday
So wie das «Chugeli» – eine Form, die sie seit 1999 pflegt und perfektioniert hat. «Ich versuche, herauszufinden, wie sehr ich Natur und eigene Formensprache einander annähern kann.» Eine Betrachterin möchte «Chugeli IV», die voluminöse, zur Kugel vornübergebeugte Frau, am liebsten direkt einpacken, sie strahle so ein «wohliges» Gefühl aus. Anfassen ist erlaubt, Mitnehmen kostet hingegen 4500 Franken. «Frauen sind weich», findet Strub, das Material hart unter Hammer und Meissel, aber am Ende, nach all dem Schleifen und Polieren, doch wieder samtig glatt mitunter. Ihre Figuren strahlen eine Ruhe aus, als kämen sie aus einer Zeit, die Musse und echte Langsamkeit noch zuliess. Wer seinen eigenen Kopf in kurzer Zeit im «Stundenporträt» von der Künstlerin in Ton brennen lassen will, kann dies am kommenden First Friday in der Gewölbegalerie tun (siehe Fussnote).

 

Rosenkränze und Petticoats
Und dann sind da noch die farbgewaltigen Horizonte von Petra Tschersich, inspiriert von einem Malediven-Aufenthalt, kräftige, mitunter glitzernde Dinger, abstrakt und doch bis obenhin mit Geschichten und Menschen vollgepackt. Alle Collagen tragen Namen aus ihrem Umfeld – von «Armin» bis «Yvonne». Mal ists die Tante Ursula, dann das Grosi oder der Autohändler, der einem Bild den Namen leiht. Unter den Farbschichten sichtbar werden ihre Visitenkarten, gehäkelte Deckchen, Geburtsanzeigen, Rosenkränze, technische Pläne oder Fetzen von Petticoats. Tschersich, die 2014 und 2015 im Atelier Robert weilte, hat sogar einmal eine Skizze von Paul-André Robert übermalt. Es war wohl eher mässige Qualität, denn das Bild, das im Dachstock schlummerte, wurde offiziell zur «Zerstörung» freigegeben. Wer weiss, wie lange «Robert» auf diese Art seinen Platz in der Moderne hat?

 

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Info: Lucia Strub modelliert am First Friday, 7. September, zwischen 16 und 21 Uhr in der Gewölbegalerie Köpfe; pro Gast eine Stunde, das Resultat kann man auf Wunsch für 200 Franken mitnehmen. Die Ausstellung ist noch bis am 15. September zu sehen.

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