Sie sind hier

Abo

Übrigens

Ich freu mich, dass du gehst

Dieses Wochenende sagen wir dem Chessu Adieu, oder auf Wiedersehen, vorausgesetzt, ich schaff es auch noch mit über 30 Jahren an diesen wunderbaren, dunklen und geheimnisvollen Ort – was ich durchaus zu bezweifeln mag.

Hannah Frei, Verantwortliche Raus!
  • Dossier
Aber sicher ist: Wir sagen Adieu zu den Chessu-Toiletten. Die werden nämlich im Neubau Platz finden. Dieser Abschied fühlt sich gut an. Ohne Sie mit Details über das vermeintlich stille Örtchen langweilen zu wollen, möchte ich Ihnen doch kurz ein Bild der noch aktuellen Klo-Lage vor Augen führen: Dann, wenn aus Bier Wodka wird, aus schwarzen Schuhen braune und aus Nicht-Raucherinnen «Ichrauch-nur-wenn-ich-trinke»-Menschen mutieren, kommt der Moment, in dem der Drang zum Harn die Angst vor dem grossen schwarzen Loch in den Schatten stellt. Dann, aber wirklich erst dann, begibt man sich Richtung Frauenklo. Mit leicht feuchten Händen umschliesst man den leicht feuchten Griff der Toilettentür, drückt runter, stösst nach vorne und tritt ein. Anstehen ist dort nicht. Es gibt zwei Klos für Frauen, das dritte ist seit meinem ersten Besuch im Chessu verschlossen. Man sieht das Loch, das dunkle Loch umrahmt von farbigen Schriftzügen. Links und rechts davon ein paar Rillen im Metall-Aufsatz, da für den Halt unter den Füssen.
 
Man macht sich unten frei, positioniert beide Füsse auf besagten Rillen, senkt sich langsam in die Hocke, die heruntergelassene Hose fest in der rechten Hand fixiert während die linke die Stange an der Wand umschlingt. Noch fünf Zentimeter, so tief wie möglich. Langsam, langsam, Stopp! Niemand, aber wirklich niemand, will dem Boden in diesem Klo zu nahe kommen. Also wieder fünf Zentimeter hoch. Der Einspritzwinkel ist nun optimal eingestellt, genauso wie seine Reflexion – denkt man sich. Haben Sie schon einmal um 3 Uhr morgens nach ein paar Gläsern einen Einspritzwinkel korrekt berechnet? Na eben. Und kurz bevor man diesen erneut zu berechnen versucht, fliesst es los. Wer während des Akts keine Spritzer auf seinen Beinen spürt, darf man zur Elite zählen. Abgeputzt, Hosen hoch, nur schnell weg. Spülung drücken und rausrennen. Denn tut man dies nicht, wird man nass gespritzt – dem hohen Wasserdruck verschuldet.
 
Ich hab das Gefühl, das wird ein richtig schönes Adieu, wohl eines der Schönsten meines Lebens.
 
Stichwörter: Chessu, Kultur

Nachrichten zu Kultur »