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Kunst

«Ich tue, was das Wasser will»

Im Aarbergerhus in Ligerz stellt zurzeit der Künstler Eugen Bachmann-Geiser aus. Plakate,Landschafts-Aquarelle, Musikerporträts und Flüchtlingsbilder bestimmen sein vielfältiges Werk.

Copyright: Matthias Käser / Bieler Tagblatt

Helen Lagger

Sichtlich gerührt übergab der ganz in Rot gekleidete Künstler Eugen Bachmann-Geiser der Violinistin Michaela Paetsch und dem Pianisten Peter Solomon anlässlich seiner Vernissage am vergangenen Samstag, im Aarbergerhus in Ligerz, Blumensträusse. Dass er die expressive amerikanische Geigerin auch schon anhand einer farbigen Federzeichnung festhielt, kann man im Obergeschoss des Hauses, im Kapitel «Musikerporträts» entdecken.

Der Kunsthistoriker Jürg Schweizer führte in die Ausstellung ein und stellte kurz die Geschichte des Aarbergerhus vor. Diese reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück, als das Haus noch ein Rebbaubetrieb war. Sein heutiges Gesicht hat das Gebäude im 18. Jahrhundert von den damaligen Besitzern erhalten, bis es schliesslich 1996 in eine Stiftung überführt wurde.

 

Inspirationsquelle Ligerz
und Umgebung

Der Grafiker Eugen Bachmann-Geiser und seine Frau Brigitte, Musikethnologin, sind vor zwei Jahren von Bern nach Ligerz umgezogen. «Der Künstler hat Wurzeln geschlagen», so Schweizer in seiner Rede. Tatsächlich ist das pittoreske Dorf Ligerz und seine Umgebung für Bachmann-Geiser zur Inspirationsquelle geworden. Manchmal arbeite er nach Fotos, so der Künstler, der beim Aquarellieren auch einiges verfremdet beziehungsweise «tut, was das Wasser will».

Ursprünglich machte der 1942 geborene Luzerner Geiser-Bachmann eine Lehre als Flachmaler. Später liess er sich an der Kunstgewerbeschule Luzern zum Grafiker ausbilden. Er wurde zum gefragten Plakatgestalter. Eine Auswahl dieser Arbeiten ist nun im Aarbergerhus ausgestellt. Ein Werk, das geradezu zur Ikone wurde, ist das Dampfschiff, das er 1968 im Auftrag für die Schweizerische Verkehrszentrale, heute «Schweiz Tourismus» gestaltete. Das Plakat wurde zur regelrechten Ikone. Der fast psychedelisch wirkende Himmel in Blau und Gelb entsprang der Fantasie des Gestalters. «Ein Plakat muss ansprechen und verkaufen», so Bachmann-Geiser, der auch für das Schauspielhaus Zürich oder das Theater Luzern regelmässig gestaltete.

 

Intensive Vorbereitung 
für Theaterplakate

Für das Stück «Richard II» von Shakespeare etwa entschied Bachmann-Geiser sich für eine Blutfontäne, Kleists Prinzen von Homburg stellte er mit verbundenen Augen dar, in jenem Moment, als der Prinz im Stück zum Tode verurteilt wird. Laudator Schweizer sieht in der heutigen Gaze, die als Augenbinde dient, einen Bezug in die Gegenwart. Bachmann-Geiser bereitete sich jeweils intensiv auf seine Plakate vor, las die Stücke, sass in den Proben und hatte auch mal eine schlaflose Nacht.

 

Musikerinnen und Flüchtlingssituationen

Auch ein Plakat für eine Plakatausstellung von 1994 durfte er gestalten. Die Schriften entspringen wie Flammen aus einem Kopf – es sind wohl die Geistesblitze der Gestaltenden, die hier ein wahres Feuerwerk entfachen. Bachmann-Geisers Musikerporträts entstanden während zahlreicher Konzertbesuche, bei denen er mit dem Stift bewaffnet die Spielenden in Aktion porträtierte. Grössen wie die Geigerin Patricia Kopatchinskaja oder den Hornisten Olivier Darbellay sind dabei. «Ich wollte früher selbst Geige spielen, aber das hat man mir ausgetrieben», so Bachmann-Geiser, der es nicht bereut, stattdessen bildender Künstler geworden zu sein.

Nebst den Landschaften und den Musikerporträts gibt es ein drittes Thema, dem im Aarbergerhus ein Saal gewidmet wurde: die Flüchtlingsbilder. Bachmann-Geiser geht das Thema, das er vor allem durch die Medien verfolgt, nahe. Er zeichnet, was er in der Presse sieht, mal mit Farbstiften, mal in Aquarell-Technik. So hat er etwa ein Boot, auf dem sich Flüchtlinge in Schwimmwesten, dicht aneinandergedrängt, fortbewegen aus der Vogelperspektive festgehalten. Das Bild «Muslimin» (2017) zeigt eine verschleierte Frau.

Auch, wenn man nur die Augen der Porträtierten sehen kann, drückt die Frau Verunsicherung und Schmerz aus. «Kleines Mädchen auf der Flucht», ein Aquarell von 2015 kann man nirgendwo verorten. Das Kind in einem prekären, weissen Kleidchen steht verloren im Nichts, wird zum Symbol für das verloren und verlassen sein. Das Aquarell «Kleiner Flüchtling hinter Gitter» (2017) besteht aus einem farbigen Raster, hinter dem zwei vor Angst geweitete Kinderaugen hervorblicken. Ein Bild, das einem regelrecht anspringt, das den einstigen Plakatgestalter verrät.

Ein Teil aus dem Erlös der Bilder wird der Schweizerischen Flüchtlingshilfe überwiesen, wie der Künstler beim gemeinsamen Rundgang betont.

Info: Bis 22. Januar, Aarbergerhus Ligerz, www.aarbergerhus.ch

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