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Bielersee

Ihr Tanzfieber ist ansteckend

Diana Polansky leitet seit über 30 Jahren eine Tanzschule in Biel. Dreimal pro Jahr lädt sie zum Tanz aufs Schiff Mobicat. Diesen Freitag ist es wieder soweit. Willkommen sind nicht nur geübte Tänzerinnen.

Am liebsten tanzt Diana Polansky lateinamerikanische Stile. Mit ihrem Vater hat sie immer Tango getanzt. Matthias Käser
  • Dossier
Hannah Frei
 
Diana Polansky bewegt, allen voran sich selbst. Ohne Tanz ginge es nicht, sagt sie und setzt sich auf die Sitzgruppe aus weissem Leder in ihrem Tanzstudio in der Bieler Innenstadt. Daneben die Bar, vis-à-vis das Herzstück des Studios: Die Tanzfläche mit Spiegelwand. Polansky hört man gerne zu, nicht nur wegen ihres englischen Akzents, der alles ein wenig dramatischer klingen lässt. Wenn es ums Tanzen geht, können wohl nur wenige mit ihr mithalten. Ob Cha-Cha-Cha, Rumba, Standard oder Line-Dance – Polansky beherrscht sie alle. Und sie will, dass so viele Menschen wie möglich von ihren Fähigkeiten lernen. «Tanzen ist etwas so Natürliches, es gehört zum Menschen, genauso wie der Rhythmus des Herzens», sagt sie.
 
Dreimal im Jahr lädt sie zum Tanz auf dem Bielersee, zweimal wird ausschliesslich Line-Dance getanzt, einmal gibt es ein gemischtes Programm. Diesen Freitag ist es wieder soweit: Es wird Standard, Latin, Salsa, Rock’n’Roll und einiges mehr getanzt, und zwar auf dem Schiff Mobicat, während dieses seine Runden auf dem Bielersee dreht.
In den letzten Jahren sei das Schiff jeweils voll gewesen, die 100 Tickets ausverkauft, sagt Polansky. Wie es in diesem Jahr aussehen wird, sei ungewiss. Manche seien noch zurückhaltend, wenn es ums Tanzen geht. Berührungen, Nähe, Bewegung, das sei für einige aufgrund der Pandemie noch zu viel.
 
Eine der Besten aus 200
Für Polansky gehört der Tanz seit sie denken kann einfach dazu. Aufgewachsen ist sie am anderen Ende der Welt, im australischen Sydney. Ihre Mutter brachte sie als kleines Mädchen in eine Tanzschule. Denn in ihrer Familie wurde getanzt, viel, ausgiebig, mit Freunden. Oft lud man abends Gäste ein, legte eine Platte auf und legte los. Ihr Vater habe ihr immer gesagt, er habe ihre Mutter nicht wegen ihres Aussehens geheiratet, sondern, weil sie die beste Tänzerin sei. Also kam auch Polansky nicht ums Tanzen herum.
 
Mit 21 Jahren begann sie eine Ausbildung zur Tanzlehrerin. Einer ihrer beiden Brüder hatte sie bei einer Audition angemeldet. 200 Leute kamen, drei wurden genommen, eine davon war Polansky. «Von da an war für mich klar, dass es mein Schicksal ist, zu tanzen», sagt sie. Es folgte ein Erfolg dem nächsten: 1973 machte sie den ersten Platz im Cha-Cha-Cha und Wiener Walzer. Drei Jahre später wurde sie zur besten Tanzlehrerin Sydneys gekürt. Und zwei Jahre später wanderte sie in die Schweiz aus, wegen ihres damaligen Mannes. Da war sie 27 Jahre alt.
 
Schon als Kind wollte Polansky irgendwann nach Europa auswandern. Dorthin, wo alles anders schien, unterschiedliche Menschen auf engstem Raum lebten, Kultur an jeder Ecke stattfand. «Das war mein Traum.» Als sie dann in Sydney einen Schweizer lieben lernte, stand für sie fest: Sie wird ihn nur heiraten, wenn sie danach gemeinsam nach Europa ziehen. Und das taten sie. Zuerst landeten sie in Erlach, danach begann eine Tour durchs Seeland: Lyss, Aarberg, Täuffelen und schliesslich Biel. Nach neun Jahren hatte sie eine grosse Tanzschule mit sieben Lehrerinnen und Lehrern in Bözingen aufgebaut. Als die Pensionierung in greifbarer Nähe war, trat Polansky einen Schritt kürzer, zog um in die Innenstadt und machte dort mit einer kleineren Gruppe weiter: Line-Dance, Standard, Hip-Hop, Zumba.
 
Mit dem Wegzug in die Schweiz verlor Polansky die Freude am Wettbewerb. Der Konkurrenzkampf sei nichts für sie. Persönlich erlebt habe sie die Machtkämpfe zwar nicht, davon gehört jedoch von vielen. Durchgeschnittene Riemen der Tanzschuhe, Lästereien, Mobbing. Für Polansky hat dies im Tanz nichts verloren. «Tanzen ist Freude», sagt sie. Bei ihr sind alle wie eine Familie, alle per Du. «Das ist mir mehr Wert als die Beste zu sein.» Und sie wolle nicht einfach nur für sich tanzen, sondern das Tanzen, die Freude weitergeben. «Ich wollte Gesellschaftstanz anbieten, um den Männern beizubringen, wie sie auf der Tanzfläche eine Frau führen und dadurch zum König werden können.»
 
Sie mag am liebsten Cha-Cha-Cha
Am liebsten tanzt Diana Polansky Rumba und Cha-Cha-Cha, lateinamerikanische Tänze eben. Diese habe sie bereits als Kind am meisten gemocht. Mit ihrem Vater tanzte sie viel Tango. Besonders im Trend liege derzeit Line-Dance, der choreografierte Tanzstil, der meist zu Country oder Pop in Reihen oder Linien getanzt wird. Der Tanz sei überall auf der Welt derselbe, sagt sie. Und für Line-Dance brauche es keinen Partner und keine Partnerin. «Man muss niemanden kennen, macht beim Tanzen aber trotzdem Bekanntschaften.» Begeistern könne sie sich jedoch für praktisch alle Tanzstile. Am Freitag wird es jeweils drei Songs zu jedem Tanzstil geben.
 
Willkommen seien nicht nur geübte Tänzerinnen, sondern auch Anfänger. Für Letztere werde sie einen kurzen Workshop geben, um ihnen ein paar Grundschritte beizubringen. Mit den Fortgeschrittenen werde sie eine Choreografie einüben. «Aber auf dem Schiff geht es nicht ums Lernen. Dort wollen wir einfach tanzen», sagt Polansky.
 
Heute wohnt Polansky in Oberhofen am Thunersee. Dorthin ist sie wegen ihres Freundes gezogen. Für sie ist jedoch klar: Ihr Tanzstudio bleibt in Biel. «Die Leute würden mich nicht gehen lassen», sagt sie und lacht. Drei Tage arbeitet sie in Biel, vier Tage hat sie ganz für sich. Sie malt viel und spielt Klavier.
 
Wie lange sie noch unterrichten wird, könne sie nicht sagen. «An dem Tag, an dem ich ins Studio komme und es mir stinkt, eine Anfängergruppe zu unterrichten, werde ich aufhören.» Doch davon sei sie heute weit entfernt. Ihr Alter will sie in der Zeitung nicht verraten. Nur so viel: Polansky ist noch lange nicht müde. Mit den Jahren sei sie gelassener geworden, «eine bessere Lehrerin mit mehr Geduld». Und davon sollen noch so viele wie möglich profitieren können.
 
Info: Die Veranstaltung findet am Freitag von 20 bis 23 Uhr auf dem BSG-Schiff Mobicat statt. Das Schiff steht ab 19.45 Uhr in der Bieler Schiffländte zum Einstieg bereit. Zutritt nur mit gültigem Covid-Zertifikat. Anmeldung erforderlich unter www.bielersee.ch.

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