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Ausstellung

Island im Fokus

Im Photoforum zeigen sechs Künstlerinnen und Künstler ihren Blick auf Island. Die räumliche und zeitliche Distanz steht im Zentrum der sehr unterschiedlichen Arbeiten.

  • 1/14 Bild: Olaf Otto Becker
  • 2/14 Bild: Olaf Otto Becker
  • 3/14 Bild: Olaf Otto Becker
  • 4/14 Bild: Ingvar Högni Ragnarsson
  • 5/14 Bild: Olaf Otto Becker. Zwischen den zwei Bildern liegen 17 Jahre. Rückgang eins isländischen Gletschers.
  • 6/14 Bild: Claudia Hausfeld
  • 7/14 Bild: Claudia Hausfeld
  • 8/14 Bild: Eniar Falur Ingólfsson
  • 9/14 Bild: Eniar Falur Ingólfsson
  • 10/14 Bild: Ingvar Högni Ragnarsson
  • 11/14 Bild: Ingvor Hägni Ragnarsson
  • 12/14 Bild: Olaf Otto Becker
  • 13/14 Bild: Mathilda Olmi
  • 14/14 Bild: Mathilda Olmi
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von Simone Tanner

Die aktuelle Ausstellung im Photoforum ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem spartenübergreifenden Kunst- und Kulturfestival Culturescapes in Basel. Der Anlass widmet sich jedes Jahr einem anderen Land. 2015 ist es Island. Das Land der Vulkane, Feen und Geysire steht denn auch im Photoforum im Zentrum. Gezeigt werden Werke von sechs Künstlerinnen und Künstlern, die selbst aus Island stammen oder einen engen Bezug zur Insel haben.

 

Sehnsuchtsort Island

Island gilt seit jeher als Sehnsuchtsort für viele Europäer. Die dünn besiedelte Insel ist immer wieder Anziehungspunkt für Urlauber, aber auch für Kunstschaffende, die sich vom Mystischen, Erhabenen der isländischen unberührten Natur inspirieren lassen oder versuchen, sie abzubilden. Und irgendwie scheint man ihrer nie ganz habhaft zu werden, so dass sich unweigerlich eine gewisse Distanz zwischen dem Betrachter und dem Betrachteten einstellt. Es ist diese Distanz, die auch als Oberbegriff für die aktuelle Ausstellung «Coping with Distance» dient und ein zentrales Moment in der Fotografie überhaupt darstellt.

Entfernung prägt auch das Leben vieler Isländer in ihrer Abgeschiedenheit. Eine Möglichkeit, diese Distanz zu Überwinden, ist die Technik. Auf sie konzentriert sich der in Reykjavik geborene Fotograf Pétur Thomsen. Für das Photoforum schuf er eine Serie mit dem Titel «TF-Land». TF ist das Funkrufzeichen von Island. Thomsen porträtiert in seiner Arbeit Funkamateure. In kleinen, manchmal fast schrankartigen Zimmern ohne Tageslicht sind diese Menschen über die Radiowellen mit der Welt verbunden. Dennoch wirken sie mit ihren teils archaisch wirkenden technischen Maschinen ein wenig verloren, wie aus einer vergangenen Zeit.

 

Der Zahn der Zeit nagt nicht überall

Distanz wird denn auch von anderen Fotografen eher zeitlich interpretiert. Ein Highlight der Ausstellung sind die Bilder des Deutschen Olaf Otto Becker. Der Abenteurer fotografierte bereits zwischen 1999 und 2002 die Landschaft Islands. Die damals entstandenen Bilder sind im Band «Under the Nordic Light» versammelt. 2010 hat sich der Fotograf erneut nach Island begeben, um dieselben Orte aufzusuchen und zu fotografieren. An manchen Orten hat der Zahn der Zeit nur minim genagt, so dass man die Unterschiede suchen muss. So sieht eine Fischerei noch fast genau so aus wie vor zehn Jahren, nur die davor aufgetürmten Netze sind neueren Datums. Die Zeit scheint hier stehengeblieben zu sein. Dagegen wird auf dem Bild des Gletschers und jenem seiner traurigen Überreste deutlich, wie die Erderwärmung das Eis innert kurzer Zeit zum Verschwinden brachte.

Becker setzt sich in seinen Werken nicht nur mit der Natur, sondern auch mit den Menschen und ihrem Blick auf die Natur auseinander. Das erst auf den zweiten Blick skurril anmutende Bild «60 minutes Dettifoss» zeigt einen Wasserfall und daneben Menschen, die ihn fotografieren (siehe Titelseite). Erst allmählich erkennt man, dass die Menschen distanziert sind und überhaupt nicht miteinander interagieren. Jeder ist auf sich und das Naturspektakel fokussiert. Der Fotograf hat seine Kamera während einer Stunde am Ort positioniert, die Touristen dieser 60 Minuten sind nun im selben Bild und Moment vereint.

Trist wirken die Fotografien von Ingvar Högni Ragnarsson. Er hat sich auf die Suche gemacht nach den Spuren der Wirtschaftskrise. Seine Serie «Waiting» zeigt, wie nach der Krise plötzlich alles stillstand. Häuser wurden nicht mehr fertig gebaut. Andere verlottern. Orte, die von ganz anderen Sehnsüchten erzählen.

 

Weitere Fotografien aus der Ausstellung bielertagblatt.ch/kultur

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«Es geht nicht darum, alles zu verändern»

Nadine Wietlisbach, künftige Direktorin Photoforum Pasquart

 

Ab Dezember übernimmt Nadine Wietlisbach die Leitung des Photoforums. Die gebürtige Aargauerin ist zurzeit als stellvertretende Leiterin des Nidwaldner Museums in Stans tätig. Mit dem Photoforum hat sie einiges vor.

Nadine Wietlisbach, was hat Sie an der Stelle gereizt?
Nadine Wietlisbach: Die Möglichkeit, eine Institution mitzugestalten, über Bilder nachzudenken, zu schreiben und natürlich auszustellen. Die Stadt Biel. Die Architektur des Hauses, die verschiedene Partner unter einem Dach vereint.

Was haben Sie mit dem Photoforum vor?
Ich möchte verstärkt darüber nachdenken, was Fotografie alles sein kann, wie sie sich auf dem Papier und im digitalen Raum gestaltet. Geplant sind verschiedene Satelliten, die mit den Ausstellungen einen Kosmos bilden. Das können Screenings oder Rundgänge, Publikationen, Podcasts, digitale Bilderbücher oder Gastauftritte sein.

Wie wollen Sie das Haus positionieren?
Das Photoforum hat eine Position. Es geht in Zukunft nicht darum, alles zu verändern, sondern die Ausstrahlung zu stärken. Wir stellen junge Fotografinnen und Künstler einem Publikum vor und zeigen Arbeiten von Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland. Das Photoforum kann und muss nicht das Rad neu erfinden, sondern soll auch ein Begegnungsort für die Region und darüber hinaus sein.

Wollen Sie die Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Pasquart und Felicity Lunn weiterführen?
Ja, ich bin davon überzeugt, dass ein Dialog fruchtbar sein wird, und freue mich auf den Austausch mit Felicity Lunn und ihrem Team.

Sie haben sich bisher nicht nur mit Fotografie beschäftigt, sondern allgemein mit bildender Kunst. Ist das nicht ein Nachteil?
Nein, im Gegenteil! Ich halte nicht viel von gschlossenen Gefässen: Ich werde einfach meine Antennen feiner ausrichten dürfen.

Sie haben heuer einen Swiss Art Award gewonnen, wurden als aussergewöhnliche Vermittlerin gelobt. Welche Vermittlungsprojekte schweben Ihnen für das Photoforum vor?
Das werden Sie bald auf unserer Website erfahren.

Haben Sie auch ganz neue Ideen für das Photoforum?
Die neuen Ideen beinhalten Wirbelstürme und Tiger. Mehr dazu bald.

Wie gut kennen Sie Biel und seine Künstlerinnen und Künstler?
Ich kenne einige aber bestimmt noch nicht alle; freue mich auf Begegnungen und werde bestimmt regelmässig bei Chri Frautschi im Lokal-int anzutreffen sein.

Was gefällt Ihnen an der Stadt Biel?
Die Zweisprachigkeit, der Bahnhof, der See, die Altstadt, alles, was ich nicht kenne und noch entdecken kann.

Gedenken Sie, nach Biel zu ziehen?
Ja, ich werde mit meiner Familie nach Biel ziehen.

 

Info: Nadine Yvonne Wietlisbach ist 1982 im Aargau geboren. Sie hat an der Zürcher Hochschule der Künste einen Master of Arts in Art Education, Kulturpublizistik erworben und studierte Design und Kunst in Luzern und Tallinn sowie Kulturtheorie und -management an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

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