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Lockerungen für die Seele, nicht für das Portemonnaie

Freude, aber auch gemischte Gefühle - so geht derzeit der Puld bei den hiesigen Kulturstätten.

Symbolbild: Pixabay

Endlich wieder ein Theaterstück oder ein Konzert geniessen – das ist jetzt wieder möglich. Mit sehr vielen Auflagen zwar, aber immerhin. Doch ganz so einfach ist es nicht, jetzt ein Theaterbillett für das Theater Orchester Biel Solothurn (Tobs) zu ergattern.


Die Platzbeschränkung auf 50 Personen drinnen führt dazu, dass das Tobs eine Auswahl treffen muss. Und zuerst kommen die Abonnenten und Abonnentinnen an Tickets. «Wir wollen eigentlich ein Haus sein, das für alle offen ist», sagt Anna-Barbara Rothen, Co-Kommunikationsverantwortliche des Tobs. Vorrang haben also all jene Personen, die das Tobs in dieser Zeit auch unterstützten und treu waren, indem sie beispielsweise auf die Rückerstattung der gekauften Tickets verzichteten oder ihr Abonnement behielten – trotz Spielverbot. Das heisst aber auch, dass das Theater Orchester keine Einnahmen momentan generieren kann. Finanziell mache das Spielen vor 50 Personen aber so oder so keinen Sinn, so Rothen. «Darum geht es uns jetzt in erster Linie aber auch nicht.» Die Freude über die überraschend frühen Lockerungen sei bei allen gross gewesen. Diese rasche Wiederöffnung bedeutet für das Team jedoch viel Aufwand – vor allem administrativer Natur. Als Erstes müsse jetzt abgeklärt werden, ob alle Spieler wieder zur Verfügung stünden. Nicht wenige, die beim Tobs auftreten, reisen nämlich jeweils aus dem Ausland an. Dann muss das Publikum informiert werden. «Da werden wir einige Anrufe machen müssen», so Rothen. Dazu kommt noch der technische Aufwand – an zwei Standorten alles wieder aufzubauen. Bereit ist das Theater aber. Denn hinter den Kulissen lief die Arbeit immer weiter. Einige Spielende waren in Kurzarbeit. «Das Schauspiel und die Oper haben aber zwei neue Stücke geprobt, zudem die im Herbst kaum gespielten wieder aufgenommen.» Und auch das Orchester hatte Gelegenheit zum Spielen. Eine CD wurde eingespielt und es gab Streaming-Konzerte.


Auch Lea Krebs von Groovesound war überrascht über diesen Lockerungsschritt. Sie veranstaltet alles vom Jazzkonzert über World Music bis zur Kleinkunst. Für sie bedeuten die neusten Lockerungen aber keinen Grund für grosse Euphorie. «Ich freue mich einerseits, dass wir wieder Kultur machen können, aber die Voraussetzungen mit den Schutzmassnahmen sind auch sehr schwierig. Sie verunmöglichen einiges», so die Veranstalterin. «Sie machen natürlich absolut Sinn.» Es stellten sich ihr dadurch aber Fragen wie: «Veranstaltet man ein Konzert mit einem Künstler, der Zwei- bis Dreitausend Franken kostet, wenn man je nach Kapazität des Raumes, nicht einmal 30 Personen reinlassen kann.» Dazu komme noch das Konsumationsverbot – eine Einnahmequelle, die wegfalle. «Ich persönlich wäre eher dafür gewesen, es mit den Öffnungen langsam anzugehen», so Krebs. Während des Lockdowns war sie vor allem damit beschäftigt, neue Daten zu finden für ihre Veranstaltungen. Sie hatte viel häufiger Kontakt mit Agenten und Agenturen als sonst. Denn sie habe stets weiterprogrammiert. Auch, um bei einer allfälligen erneuten Absage zu garantieren, dass die Künstler und Musikerinnen eine Entschädigung beantragen können.
Zudem war sie mit der Mitgründung von Kartell Culturel beschäftigt (das BT berichtete). Ideen zu alternativen Veranstaltungsformen seien vorhanden, aber noch nicht spruchreif, so Krebs. Sie sei etwas überrumpelt worden von den schnellen Öffnungen. Deshalb sei auch das Programm von Groovesound noch nicht definitiv.


Steve Iseli vom Kultur Kreuz Nidau hingegen war nicht überrascht von der Entscheidung desBundesrates. Er glaubt allerdings nicht an den grossen Publikumsansturm. Er freut sich aber, dass seit Langem wieder einmal das ganze Team zusammen kommt. «Improvise the shit» lautet das Credo von Daniel Schneider, der das Le Singe betreibt. Ganz viele Konzerte kann auch er unter den gegebenen Bedingungen nicht durchführen. Aber nicht nur wegen der strengen Auflagen, sondern auch weil viele Musiker aus dem Ausland einreisen müssten, aus Südafrika oder Grossbritannien beispielsweise, was derzeit unmöglich ist. Er setzt dafür auf Jazzkonzerte. «Auf Dauer können wir aber so nicht überleben», sagt er. Finanziell würde es für ihn mehr Sinn machen, gar nicht aufzumachen, gibt er zu. Aber auch bei ihm ist die Lust gross, wieder Veranstaltungen durchzuführen und den treuen Abonnenten etwas bieten zu können. 

Simone K. Rohner

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