Sie sind hier

Abo

Biel

«Mehr machen, weniger rumstudieren»

Das internationale Festival «Guitarras del Mundo» ist ein Vater-Sohn-Projekt geworden: Carlos und Lucas Dorado bringen am Wochenende ein paar der besten Gitarristen nach Biel.

Die beiden abgelichtet hat der Bieler Fotograf Nicolas de Nisco. Er wird während des Festivals einige seiner Bilder aus bisherigen 
Festival-Ausgaben ausstellen. Bild: zvg/Nicolas de Nisco
  • Dossier

Interview: Vera Urweider

Lucas Dorado, Sie spielen Vibrafon und nicht Gitarre, wie Ihr Vater Carlos. Sind jedoch Mitorganisator des von ihm gegründeten Festivals «Guitarras del Mundo». Würden Sie nicht lieber ein Vibrafonfestival organisieren?

Lucas Dorado: Na ja, als ich 2017 in die Festivalorganisation eingestiegen bin, hatten wir es für drei Editionen umbenannt auf «Guitars and Vibes». Aber jetzt, für das 20-Jahr-Jubiläum, sind wir zum ursprünglichen Namen zurückgekehrt, denn unter dem kennt man das Festival international.

Carlos Dorado: Und «Guitarras del Mundo» ist halt einfach auch ein schönerer Name als «Guitars and Vibes von der Welt» oder so (beide lachen). Aber wir haben ja mit David Friedman und Lucas selber trotzdem zwei Vibrafonisten im Programm.

 

Nach welchen Kriterien, unabhängig des Instruments, wählt ihr die Gäste aus?

Carlos: Wir haben tatsächlich wöchentlich mehrere Anfragen und haben also das Glück, dass wir auslesen können. Aber für diese Jubiläumsedition haben wir bewusst zwei Gitarristen eingeladen, die bei der allerersten Ausgabe – Lucas war gerade mal fünf Jahre alt – gespielt hatten: Mahmoud Turkmani aus dem Libanon und der Spanier Mariano Martín, die zusammen am Donnerstag spielen werden. Und seit kurzem spielen Lucas und ich ja nicht nur im Duo, sondern manchmal eben auch im Trio mit Dalmiro, meinem jüngeren Sohn, er spielt Saxofon. Das wollten wir auch unbedingt selber im Programm haben. Dann versuchen wir jeweils, einen Stargitarristen zu engagieren, dieses Jahr ist das der deutsche Peter Finger mit seiner Akustikgitarre als Abschluss am Sonntag.

 

In den letzten 22 Jahren, beziehungsweise 19 Ausgaben, ist das Festival enorm gewachsen, vor der Pandemie dauerte es über zwei Wochen und fand neben Biel in verschiedenen Gaststätten der Schweiz statt. Jetzt ist es wieder einfach in Biel und dauert fünf Tage ...

Carlos: Ja, wir wussten ja bis vor drei Wochen gar nicht, ob wir es endlich durchführen können.

Lucas: Ausgerechnet das Zwanzigjährige musste zwei Jahre warten.

Carlos: Ich hatte damals ganz klein angefangen und jetzt, nach zwei Jahren Zwangspause, beginnen wir eben wieder etwas vorsichtiger.

 

Und wenn wir nun aber einen Blick in die Zukunft wagen, die Pandemie einfach ausgeklammert, soll es wieder wachsen, oder soll es klein und fein bleiben?

Carlos: Hach, wir haben so viele Ideen. Also vor allem Lucas natürlich. Ich habe es nun zwanzig Mal durchgeführt.

 

Was sind denn das für Ideen, Lucas Dorado? Sie haben bereits das Vibrafon zum Gitarrenfestival gebracht – sollen es noch mehr Instrumente werden? Oder soll es doch eher hauptsächlich bei der Gitarre bleiben?

Lucas: An Ideen mangelt es tatsächlich nicht, da schwirrt ganz viel im Kopf herum. Beispielsweise immer andere Instrumente zu den Gitarren einzuladen.

Carlos: Die Welt der Gitarren ist aber auch schon sehr gross: Klassisch, Flamenco, Elektronisch.

Lucas: Ja, aber man könnte ja auch expandieren und in Richtung World Music gehen. Nicht mehr instrumentenspezifisch programmieren, sondern Instrumente aller Welt einladen und vorstellen. Auch exotische, die man hier nicht so gut oder gar nicht kennt. Oder den Teil der Perkussion erweitern. Also neben Vibrafon andere Instrumente der Perkussionswelt einladen. Du siehst, Ideen sind viele vorhanden. Was und wie es realisierbar ist, das wissen wir aber noch nicht.

 

Dann müsste aber ja vielleicht der Namen wieder angepasst werden.

Lucas: «Ritmos del Mundo»!

Carlos: Ja, aber nein. «Guitarras del Mundo» ist bekannt. Es gibt ja weltweit sogar Parallelfestivals mit demselben Namen. So entstand das ja damals.

 

Parallelfestivals?

Carlos: Ja, das war eine verrückte Idee damals. Eine Idealvorstellung, die nie ganz umgesetzt wurde. Wir, ein paar Gitarristen, wollten «Guitarras del Mundo» quasi als fortlaufendes Festival weltweit erfinden. Wir wollten das ursprüngliche Festival aus Argentinien expandieren. Eine Woche in der Schweiz, dann eine Woche in Spanien, dann Holland, Frankreich, Deutschland, Argentinien, Mexiko ... Einfach immer weiter, alles unter demselben Namen. Aber wir waren halt nur so vier, fünf Leute, die diese Idee umsetzen wollten und das war schlicht zu ambitioniert. Niemand von uns kann ein ganzes Jahr einfach nur auf Tournee sein und daneben das Festival bei sich zu Hause organisieren.

 

Dann war euer Bieler «Guitarras del Mundo» ein Baustein dieser universellen Idealvorstellung?

Carlos: Ja.

Lucas: Und wir sind noch der einzige Baustein in Europa, der überlebt hat. Brasilien, Argentinien und wir. Die restlichen haben aufgegeben.

 

Woher nahmen Sie, Carlos, die Energie, das so lange durchzuführen, während die Partner verblassten?

Carlos: Keine Ahnung. Ehrlich. Ich organisiere einfach gerne. Früher lud ich oft zu Hauskonzerten in unser Wohnzimmer.

Lucas: Es ist wohl einfach die Liebe zum Konzerteorganisieren.

 

Das haben Sie anscheinend übernommen. War es schon früh klar, dass Sie in die Festivalorganisation einsteigen und es später sogar übernehmen würden?

Lucas: Ich hab schon als Kind geholfen. Eintrittskontrollen, später an der Bar. Aber erst als ich die Musik als Beruf einschlug, kam auch das Interesse für die professionelle Organisation.

 

Und wenn jetzt Vater und Sohn mal nicht derselben Meinung sind, knallt es dann auch mal?

Lucas: Mal so, mal so. Grundsätzlich sind wir jedoch dankbar für die jeweils andere Meinung. Und ich hab so viele Ideen, die oft unmöglich wären, da bin ich schon froh, wenn Vater mich da wieder etwas zügelt.

 

Und was können Sie, Carlos, von ihrem Sohn lernen?

Carlos: Mehr improvisieren. Nicht nur in der Musik, sondern auch beim Organisieren. Also einfach mehr machen und weniger lang rumstudieren.

 

Sie organisieren zusammen, arbeiten zusammen, spielen zusammen im Duo und Trio – ist das manchmal nicht auch etwas zu viel «Familie»?

Lucas: Nein, im Gegenteil. Ich lebe in Berlin und Dalmiro will nach der Matura auch da studieren kommen. Die Musik ist das, was uns alle verbindet. Wir treffen uns immer wieder irgendwo und spielen ein Konzert zusammen. Besser könnte es kaum sein.

Info: «Guitarras del Mundo», La Voirie, Brunngasse 1, Biel, Morgen bis 27. Februar. Morgen findet zudem die Vernissage mit Fotos aus den letzten fünf Festivaljahren von Nicolas de Nisco statt. Das Festivalprogramm:
www.dorado-music.com/festival
Reservationen: guitarrasdelmundo@gmail.com oder 079 676 16 98

Nachrichten zu Kultur »