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Nidau

«Mein Herz schlägt für Techno»

Mendy Indigo beneidet die Menschen in Europa, weil Techno hier zur Kultur gehöre. In ihrer Heimat Thailand sei das anders. Am Samstag tritt sie am Summer Now in Nidau auf.

Die 32-jährige Mendy Indigo ist im letzten Jahr von Bangkok auf die Insel Koh Phangan gezogen. zvg
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Hannah Frei
 
Sie sieht gar nicht nach Techno aus, aber sie lebt es: Mendy Indigo gehört mittlerweile zu den erfolgreichen jungen Elektro-Künstlerinnen und Künstlern in Thailand. Ihre Musik lebt vom Rhythmus, vom Bass, von der Schnelligkeit, den Tiefen. Es ist irgendetwas zwischen Techno, House und Trance. Hauptsache dunkel und melodiös. 2017 startete sie ihre erste Tour durch Europa, insgesamt spielte sie während der Tour auf 22 Bühnen. 
Heute lebt die 32-Jährige nicht mehr auf dem Festland, sondern auf der von Touristen geliebten Insel Koh Phangan. Ende dieser Woche reist sie nach Biel, um am Samstag am Summer Now aufzulegen.
 
Mendy Indigo, was ist Techno für Sie?
Mendy Indigo: Es ist mehr als nur ein Musikgenre. Es ist ein Gefühl. Das realisiere ich jedes Mal, wenn ich nach Europa komme. Hier gehört Techno zur Kultur, es ist ein Teil davon. Ich bin stolz, diese Musikkultur auch in Asien aufleben zu lassen und verbreiten zu können.
 
Wie war der Moment, als Sie das erste Mal Technomusik hörten?
Ich habe mich sofort in diese Musik verliebt. Ich tanzte die ganze Nacht durch, Techno hielt mich wach. Ich fühlte mich berauscht von der Musik, von der Energie und den musikalischen Höhepunkten. Diese Musik wollte ich besser kennenlernen. Heute kann ich sagen, dass ich über die Jahre meinen ganz eigenen Sound entwickelt habe und nun mit meiner Musik das präsentieren kann, was ich bin und was mir gefällt.
 
Ihre Musik ist dunkel, düster, schnell. Sie hingegen sind das Gegenteil: warm, freundlich, zart. Wie kommt das?
Welche Musik man mag, bestimmt natürlich der eigene Geschmack, nicht die Persönlichkeit. Aber ich denke auch, dass jede Person eine dunkle Seite hat. Es geht immer um den Ausgleich, um die Balance zwischen dem Ruhigen und Sanften und dem Harten und Schnellen.
 
Was kann Techno, was andere Musikgenres nicht können?
Ich bin grundsätzlich sehr offen und mag verschiedene Genres, je nachdem, wie ich gerade drauf bin. Aber mein Herz schlägt definitiv für Techno. Sobald ich Techno höre, will ich mich bewegen, kann kaum still sitzen. Die Energie, die durch Techno entsteht, ist mit nichts vergleichbar. Besonders dann, wenn du als DJane siehst, wie das Publikum auf die Musik reagiert. Das ist für mich jedes Mal unglaublich. Um Techno zu verstehen, muss man ihn erleben.
 
Was braucht es, um eine erfolgreiche DJane zu werden?
Versuche nicht, jemanden zu kopieren oder mit dem aktuellen Hype zu gehen. Bleib ganz du selbst und investiere in dich und in das, was dir gefällt. Nur so findest du deinen eigenen Style. Und das ist, was eine gute DJane oder einen guten DJ ausmacht.
 
Sie haben einen Bachelor in Musik, Medien und Kommunikation. Wann haben Sie sich entschieden, alles auf das DJing zu setzen?
Eine Passion für Musik hatte ich schon früh. Ich dachte immer, ich würde einmal Sängerin werden. Früher sang ich auch in einer Band. Doch dann entdeckte ich Techno und Deep House. Das hat meinen Horizont erweitert, mir die Augen geöffnet. Es zeigte mir, dass die Musikwelt viel mehr zu bieten hat, als ich dachte. So kam ich zum DJing. Damit ergab sich für mich die Möglichkeit, meinen Traum zu erfüllen, die Welt zu bereisen und durch die Musik neue Kulturen kennenzulernen. Und somit war für mich klar: Das ist, was ich machen möchte.
 
Wie sieht Ihr Leben als DJane aus?
Bis zum Beginn der Pandemie war ich immer unterwegs, habe Menschen kennengelernt, neue Kulturen entdeckt, neues Essen. Wenn ich gerade nicht auf Tour war, entdeckte ich Zuhause neue Musik und liess mich inspirieren. Ruhig war mein Leben also nie.
 
Was fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie ans vergangene Jahr denken?
Ich habe im letzten Jahr gelernt, dass ich weit mehr kann, als ich dachte. Und dass sich die Dinge schnell ändern können. Heute ist es wichtig, finanziell mehrgleisig zu fahren, um auf Überraschungen vorbereitet zu sein und reagieren zu können, sollte es in einem Bereich nicht mehr klappen. Durch die Pandemie konnte ich nicht mehr auftreten und ich musste mir andere Möglichkeiten suchen, um Geld zu verdienen. Aber alles in allem hatte ich ein tolles Jahr: Ich zog auf eine Insel, nach Koh Phangan. Dort habe ich festgestellt, wie wenig ich brauche, um glücklich zu sein. Ich mag das einfache Leben.
 
Sie sind in Thailand nicht nur als DJane bekannt, sondern auch als Köchin. Wie kam es dazu?
Ich habe schon immer gekocht, aber im letzten Jahr steckte ich meine ganze Energie hinein und versuchte mich mit Kochvideos unter dem Namen Shit Mendy Cooks. Wissen Sie, ich versuche, die Dinge nicht zu ernst zu nehmen. Mein Ziel ist es, die thailändische Essenskultur mit anderen Menschen zu teilen und zu zeigen, wie viel Spass kochen machen kann.
 
Sie legen meist erst nach Mitternacht auf. Wie halten Sie sich so lange wach?
Ich weiss, ich klinge nun vielleicht wie eine Oma, aber je älter man wird, umso mehr will und muss man zu sich schauen. Genügend und guter Schlaf sind für mich genauso wichtig wie gutes Essen. Meist schlafe ich auch vor meinen Auftritten ein paar Stunden, um dann in der Nacht fit zu sein.
 
Sie sagen, Sie waren bereits in der Schweiz. Was hat Sie bei Ihrem ersten Besuch am meisten beeindruckt?
Ich komme normalerweise jedes Jahr in die Schweiz, auch für Auftritte. Was mich am meisten beeindruckte, waren die wunderschönen Landschaften – und dass man das beste Wasser aus dem Hahn trinken kann.
 
Was möchten Sie in Zukunft noch erreichen?
Ich will meine zwei Passionen miteinander verbinden: Musik und Essen. So könnte ich auf der ganzen Welt touren, abends als DJane und tagsüber als Köchin. Ein Foodtruck wäre toll. Damit könnte ich thailändisches Essen vor den Clubs anbieten und später dort auflegen. Und irgendwann möchte ich meinen Kindern zeigen, wie das Leben auf der Bühne ist. Sie sollen sehen, dass man alles erreichen kann, was man will, solange man an sich glaubt und hart dafür arbeitet.
 
Info: Das Interview wurde schriftlich auf Englisch geführt. Mendy Indigo tritt am Samstag an der Elektro-Party von Pleasurelab am Summer Now in Nidau auf. Mit dabei sind unter anderem auch der Stuttgarter Dj Ninetoes und die Bieler Djs Läder und Läder. Der Besuch ist nur mit einem gültigen Covid-Zertifikat möglich. Infos und Tickets unter www.summernow.ch.
 
 
 

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