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Biel

Nochmals sehen oder neu entdecken

Morgen geht es wieder los. Das Bieler Filmpodium zeigt während eines Monats 18 Filme unter freiem Himmel. Das Programm ist ein Best of des Kinojahres. Woody Allen ist mit dabei, zwei unterschiedliche Polizisten, rebellische Frauen und Gott, der in Brüssel lebt.

Es lohnt sich, rechtzeitig vor Ort zu sein: Die Terrasse des Filmpodiums Biel. psj/a
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Raphael Amstutz

Eine Freude ists – das kleine Open Air des Bieler Filmpodiums. Die besondere Atmosphäre auf der Terrasse, die Wärme des Betons, der sich tagsüber aufgeheizt hat, der unverstellte Blick auf den Bieler Nachthimmel und als Alleinstellungsmerkmal die vorbeiruckelnden Züge.

Das Programm erlaubt auch in diesem Jahr einen Blick zurück auf die vergangenen Kinomonate, gleichsam ein Best of aus zahlreichen Genres. Fleissige Kinogänger können Liebgewonnenes nochmals sehen, alle anderen jene Werke entdecken, über die gesprochen wurde.

Unzählige Geschichten

Der Zyklus startet morgen mit «Irrational Man» von Woody Allen, der Geschichte eines gelangweilten Uniprofessors, der entscheidet, Schicksal zu spielen. Ein typischer Allen, locker, luftig und geschwätzig, der aber mit der Themenwahl zünftig Diskussionsstoff liefert.

Ebenfalls kontrovers besprochen worden ist «Dheepan» (17. Juli), 2015 der Gewinner der Goldenen Palme von Cannes, eine Mischung aus Flüchtlingsdrama und hochstilisiertem Thriller.

In «Taxi Teheran» (28. Juli) gibt es eine aufschlussreiche und überraschend humorvolle Auseinandersetzung mit dem Leben in einer Diktatur, mit der Rolle der Medien und der eigenen Befindlichkeit.

Auch «La isla mínima» (29. Juli) spürt den politischen Zuständen in einem Land nach: Als zwei Mädchen verschwinden, machen sich zwei Polizisten auf ins Marschland des südspanischen Flusses Guadalquivir. Eine Gegend, in der die Menschen so verschlossen sind wie die Wasserwege verschlungen. Das unterschiedliche Duo symbolisiert die Widersprüchlichkeit des Landes fünf Jahre nach der Franco-Diktatur.

Zwei Dinge

Ganz grundsätzlich wird es in «Le tout nouveau testament» (13. August). Zu erfahren ist nämlich, dass Gott existiert und in Brüssel lebt. Doch dieser Gott ist nicht gut, er quält die Menschen und tyrannisiert seine Familie. Eines Tages schlägt seine Tochter zurück und sendet allen Menschen das persönliche Todesdatum. Das surrealistische Märchen, in dem es von schrägen Einfällen und bitterbösen Anspielungen auf das Menschsein und auf die Religion wimmelt, wurde zu einem Überraschungserfolg.

Drei Filme, die das BT den Leserinnen und Lesern besonders ans Herz legt, finden sich rechts unten.

Jetzt braucht es eigentlich nur noch zwei Dinge: Freundliches Wetter und einen Stift zum Eintragen in die Agenda.

Info: Die Filme starten jeweils um 21.30 Uhr. Bei schlechtem Wetter wird im Saal gespielt. Reservationen können keine entgegengenommen werden. Die Abendkasse ist ab 20.15 Uhr geöffnet. Das ganze Programm unter www.filmpodiumbiel.ch.

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Abend des Kunstvereins

  • Der Abend des 12. Augusts gehört dem Kunstverein Biel.
  • Gezeigt wird um 21:30 Uhr «Journey in Sensuality – Anna Halprin und Rodin» von Ruedi Gerber («Breath Made Visible»). Die Musik kommt von Fred Frith.
  • Die mittlerweile 95-jährige US-amerikanische Tänzerin und Choreografin Anna Halprin ist bestürzt ob der Gewalt in der Welt. Bei einem Besuch im Rodin-Museum in Paris wird sie von den Skulpturen berührt. Daraus entsteht das Projekt, Rodins Werk mit ihrem Tanz zu verbinden. Die Tänze zeigen eindrücklich, wie Halprin dem Elend die Hoffnung gegenüberstellt.
  • Zum Auftakt ist der sechsminütige Kurzfilm «The Five Minute Museum» von Paul Bush programmiert, eine schweizerisch-britische Ko-Produktion. raz

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Mustang

Das eindrückliche Debütwerk der jungen Türkin Deniz Gamze Ergüven prangert das konservative Frauenbild in ihrer Heimat an. Trost finden die Mädchen beieinander. Immer wieder zeigt die Filmemacherin die eingeschworene Gemeinschaft mit Bildern voller Sinnlichkeit und Geborgenheit. Diese stehen im krassen Gegensatz zum erlebten Schmerz und zur Härte der Erziehung. Das rebellische Ende lässt einen hoffen und zeigt, dass es sich lohnt, für seine Rechte einzustehen.

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Tinou

Tinou (Roger Jendly) wartet auf eine neue Leber, Aschi (Gilles Tschudi) leidet, weil das Leben kleiner ist als seine Vorstellungen. Zusammen stolpern sie durch Bern, umgeben von einer Handvoll Menschen – gespielt von Max Rüdlinger, Sabine Timoteo oder der Bieler Malerin Pat Noser. Die graue Welt scheint für die Ewigkeit, doch plötzlich landen Tinou und Aschi im Senegal. Skurril, versponnen, eigensinnig. Es holpert und rumpelt im sympathischen Spielfilmdebüt von Res Balzli.

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New York in den 50er-Jahren: Therese (Rooney Mara) trifft Carol (Cate Blanchett). Therese ist verunsichert und fasziniert, Carol angetan und herausgefordert. Was folgt, ist eine der ergreifendsten Liebesgeschichten der letzten Kinojahre – mit formidablen Hauptdarstellerinnen, einer hervorragenden Kameraarbeit und vielen Andeutungen. Dafür gab es sechs Oscar-Nominierungen. Ein Film, der das Herz, den Kopf, die Ohren und die Augen berührt und zeigt, was wir der Liebe wegen tun.

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