Sie sind hier

Abo

Biel

Orchestrales Heimspiel für Fanny

Phanee de Pool hat am Sonntagabend im Nebia für stehende Ovationen gesorgt. Unterstützt wurde sie in der quirligen Show auch von alten Bekannten.

Copyright: Barbara Héritier / Bieler Tagblatt

Clara Gauthey

Nach über zwei Stunden Performance mit lustigen und bösen Gesichtern, viel Zeichensprache, Hüpferei und Gänsehaut-Geigen bei «Papillon de nuit» ist es so weit: Phanee de Pool sind die Lieder ausgegangen. Nach langem Applaus und stehenden Ovationen hat sie dem Bieler Publikum eine Zugabe nach der anderen und schliesslich ihr gesamtes Repertoire gegeben. Einen kleinen Witz mit dem Pariser Kammerorchester hat die Bieler Königin des Loop – Phanee de Pool andersherum geschrieben – allerdings noch in der Hinterhand. Klar, das Ganze hätte eigentlich schon vor zwölf Monaten hier stattfinden sollen, aber (Bühnen-)Zeit wurde eben seither relativ.

Fanny Diercksen ist geboren in Biel, aufgewachsen im Berner Jura, nach der Zeit an der Polizeischule und im Dienst als Polizistin wohnte sie sieben Jahre lang in Tavannes, bis sie vor einigen Jahren ans Ufer des Bielersees umsiedelte. Seit Ende 2017 setzt sie voll auf ihre Musik, nachdem ihr Song «Luis Mariano» 2016 im Internet gut ankam. Er ist bis heute einer ihrer meistgespielten Songs und handelt, grob gesagt, von einer Arbeitslosen.

 

Die Sache mit der Jacke

Die schwarze Jacke, die sie heute trägt, hat sie im September 2017 im Bieler Théâtre du Poche eingeweiht, am Beginn ihrer Solokarriere. Die Kostümjacke von Ralph Lauren, sie besitzt zwei dieser Art, hat sie vielleicht auch an ihre Anfänge auf der Bühne erinnert. Als Schulkind stand Fanny mit einer Nummer für den Zirkus auf den Brettern, jonglierend und die Klarinette spielend, wie sich ihr Vater und Manager, Laurent Diercksen, erinnert. Seither trägt sie die schwarze Jacke zu Jeans und Turnschuhen sommers wie winters, selbst am glühend heissen Asphalt Festival. Kurz vor Weihnachten hat die 32-Jährige nun ein Heimspiel vor praktisch ausverkauftem Haus. In der Stadt, wo schon Grossvater Rolf bis 1986 den Tea Room Moccador an der Zentralstrasse fast 30 Jahre lang führte.

In Biel tritt sie erstmals mit orchestraler Begleitung auf, wenn auch nur mit dem kleinen Besteck. Mit dem Programm «Symphogramme» waren mit dem Orchester Amati 50 professionelle und semi-professionelle Musizierende auf der Bühne. Zwei Mal wurde gespielt, einmal in Mézières 2019. Dann, mit Lockdown-Unterbrechungen, am 6. November, anderthalb Jahre nach der geplanten Albumtaufe von «Amstram» in Montreux, im Auditorium Strawinsky. Diese sehr aufwendige Aufführung mit allerlei Schnickschnack – sogar das Orchester muss schauspielerische Leistung abliefern – wurde mit neun Kameras gefilmt und wird Anfang Januar in 22 Kinos der Schweiz laufen, am 7. Januar auch in Biel.

Symphogramme also. Der Titel tönt ihr zweites Album «Amstram» an, 2017 hatte sie «Hologramme» veröffentlicht. Wie wohl das Dritte heissen wird? Lieder wären parat, die Produktion kostet. Finanzieren lässt es sich kaum über Downloads, sondern vor allem über Live-Auftritte – die wieder auf der Kippe stehen.

Am Flügel wirft Etienne Champollion sein langes Haar in rockiger Manier zurück, während er in die Tasten haut. Der Rest des Ensembles ist sich nicht zu schade, in Edelweiss-Hemden zu schlüpfen, um Fanny bei der Schweizhymne «Le Parfait» zu unterstützen. Die wechselt vom rockenden Springteufel zur verträumten Chansonnière und wieder zur quasselnden Komikerin. Klar, einzelne Lieder sind in die Jahre gekommen, die «Reine de la provoc» gabs 2010 in einer jazzig-verschwommeneren Version, damals unter dem Label Fanny Diercksen Trio. Als Relikt aus dieser Zeit geben die Bieler GangsAlien einen Gastauftritt: Beatbox meets Kammerorchester. Die Musikerin wirkt zeitweise etwas eingeengt im häufig wechselnden Zusammenspiel zwischen Bühnenpartnern und Publikum. Am authentischsten ist sie allein, verdient ist ihr Applaus allemal.

Info: Symphogramme mit Phanee de Pool im Kino Rex in Biel 7. Januar, 20.15 Uhr.

Nachrichten zu Kultur »