Sie sind hier

Abo

Popmusik

Pegasus und die falsche Fährte

Die Bieler Band Pegasus hat mit «Streets Of My Hometown» den Song zur Spendenaktion «Jeder Rappen zählt» geschrieben. Das nächste Album werde aber anders klingen, sagt Sänger Noah Veraguth. Bis es veröffentlicht wird, braucht es noch Geduld.

Platinjungs: Die in der Schweiz erworbenen Meriten nützen Pegasus auch im Londoner Exil, sagt Noah Veraguth (2. v. l.)
  • Video

von Tobias Graden

Dieser Tage weilt Noah Veraguth wieder mal in der Schweiz. Und in den nächsten Wochen werden die Radiohörerinnen und -hörer nicht um Pegasus herumkommen. Die Bieler Band hat mit «Streets Of My Hometown»den offiziellen Song zur SRF-Spendenkampagne «Jeder Rappen zählt» geschrieben. Ein eingängiger, nicht allzu komplexer Popsong mit EDM-Elementen;Musik, wie man sie von Pegasus seit dem letzten, mittlerweile Platin-geadelten Album «Love & Gunfire» kennt. Im Lied «erinnern sich die vier Bieler auch an ihre eigene Jugend und die Schwierigkeiten, die auf dem Weg zum Erwachsensein lauern können», hiess es in der Mitteilung von SRF, und Michael Schuler, Leiter Fachredaktion Musik bei SRF, lobte: «Der Song ist eine starke Hymne, die das diesjährige Spendenthema gut beschreibt.»

Noah Veraguth, Sänger und Songschreiber von Pegasus, hatte den Song an einem Nachmittag geschrieben, wie er im SRF-Studio sagte.

«Wir sind einfach Bieler»

Die kurze Entstehungsgeschichte sei aber keineswegs dahingehend zu deuten, dass Pegasus die Auftragsarbeit auf die leichte Schulter genommen hätten, beteuert Veraguth. Im Gegenteil: «Es sind gerade die guten Songs, die schnell entstehen. Wir wollen auch mit diesem Song eine Visitenkarte abgeben.»

Einmal mehr rückt die Band mit dem Stück auch wieder die Stadt Biel ins Zentrum des Interesses, als eigentlicher Botschafter der Heimat mag er sich aber nicht sehen: «Wir sind einfach Bieler. Biel ist für uns immer wieder mal im Zentrum.»Es freut ihn aber, wenn Biel wie jüngst in der Schweiz nicht nur seinem althergebrachten, etwas negativen Image gemäss wahrgenommen werde, sondern mehr und mehr auch als kreativer Ort, der im Vergleich zur Grösse der Stadt überdurchschnittlich viele gute Bands hervorbringe. Als jüngstes Beispiel nennt der Pegasus-Kopf die Rockband Death by Chocolate, die kürzlich eine US-Tournee absolvierte. Und:Veraguth vermeidet es zwar, klar politische Aussagen zu machen, hebt aber hervor, dass Biel gerade in diesen Tagen als Beispiel für einen Ort gelten könne, wo auf engem Raum mehrere Sprachen und Kulturen friedlich zusammenleben.

Veraguth schreibt für andere

Dass es im «Jeder Rappen zählt»-Song wiederum um Biel geht, könnte aber auch mit einem gewissen Heimweh zu tun haben. Die Bandmitglieder von Pegasus leben derzeit nämlich in London. «Die Stadt hat mich schon immer angezogen», sagt Veraguth, «viele Musik, die uns beeinflusst hat, kommt von dort. Und wenn man dort lebt, merkt man auch, warum das so ist.» Sozusagen an jeder Ecke treffe er Leute, die selber Musiker seien oder mit Musik zu tun haben:«Musik hat in London einen ganz anderen Stellenwert. Man findet leicht Gleichgesinnte.»

Nun ist es zwar nicht gerade so, dass die britische Metropole auf die Schweizer Band gewartet hat. Doch die Meriten, die sich Pegasus in ihrer Heimat erworben haben – zuletzt wurde «Love & Gunfire» als Platin-Album ausgezeichnet –, bringen den Bielern auch in England durchaus Anerkennung und direkten Nutzen ein, wenn es um die Suche nach Partnern geht. Noah Veraguth beispielweise will zunehmend auch als Songwriter für andere Künstler arbeiten, «und da hilft es mir, wenn ich aufzeigen kann, was ich mit meinen Songs bereits erreicht habe».

Erste solche Kooperationen sind im Entstehen begriffen, etwa mit englischen Castingshow-Teilnehmern. Dass er selber in dieser Funktion in den Hintergrund tritt, damit hat Veraguth überhaupt keine Probleme: «Wenn herausragende Sängerinnen und Sänger meine Lieder interpretieren und diese dann besser klingen, als wenn ich sie sänge, dann gibt mir das mehr Erfüllung.» Interessant sei es zudem, sich in andere Künstler hineinzuversetzen und mit verschiedenen Stilen zu experimentieren.

Leichter und heller

Hauptsächlich sind Pegasus in London mit den Arbeiten am nächsten Album beschäftigt. Und hier legt die Band mit «Streets Of My Hometown»gewissermassen eine falsche Fährte, denn das Album wird anders klingen. «Wir haben Lust, zurück zu unseren Wurzeln zu gehen», sagt Noah Veraguth. Auf «Love & Gunfire»wählten Pegasus oft die üppige Geste, sei es mit elektronischen Klängen, sei es mit Orchester:«Insgesamt waren über 70 Musiker beteiligt», sagt Veraguth. Nun aber wollen Pegasus «die Form der letzten beiden Alben brechen», organischer und simpler werden, intimer klingen und nicht zuletzt «eine neue Facette meiner Stimme zeigen». Die Attitüde des Albums werde leichter, heller sein, sagt der Sänger – was nicht zuletzt an der optimistischen, freundlichen Art der Engländer liege. In Berlin, wo Veraguth die Songs für das letzte Album geschrieben hat, herrsche eine düsterere Stimmung.

Das Songwriting für das Werk ist mehrheitlich abgeschlossen, die Arbeit an den Arrangements aber noch länger nicht. Ungeduldige Fans muss der Bandleader noch länger vertrösten, das Album werde «innerhalb der nächsten 18 Monate» erscheinen. Wichtiger als eine rasche Veröffentlichung ist der Band die saubere Arbeit an den Songs:«Die Superstars dieser Band sind die Songs», betont Veraguth. Auch gegenüber dem Label habe man darum klar gemacht, wie wichtig die sorgfältige Arbeit an diesen sei.

Wo das Album aufgenommen wird, ist noch nicht bestimmt. Es wird kaum in London sein. «Um mit jenen zehn Prozent der Produzenten, die wirklich top sind, arbeiten zu können, muss man Termine Jahre im Voraus vereinbaren», sagt Veraguth. Zweifellos aber wird die Zeit in London die Band beeinflussen, auch menschlich. Veraguth lebt mit Bassist Gabriel Spahni zusammen, und er sagt:«Wir waren uns als Band noch nie so nah.»

Info: Pegasus: «Love & Gunfire The Platinum Edition» (Musikvertrieb)

Nachrichten zu Kultur »