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Konzert

Plötzlich stellt sich die Frage von A und O

Jahrzehntelang hat der Bieler Gitarrist Markus Moser als Jazz-Instrumentalist gewirkt. Nun macht er Mundartrock und singt. Das klingt einfacher, als es für ihn selber war.

Markus Moser (links) lässt mit der Riffband seine alten Inspirationen erklingen. zvg/enrique muñoz garcia

Audiobeitrag

"Uf em letschte Zug hei"

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Tobias Graden

Eric Merz gab den Ausschlag. Markus Moser, Bieler Gitarrist, hatte dem renommierten Schweizer Produzenten (u.a. Polo Hofer, Züri West) eine Aufnahme seines Songs «Uf em letschte Zug hei» geschickt und ihn um seine Meinung gebeten. Das Echo war positiv. Merz ermutigte Moser, auf diesem Weg weiterzugehen.

Der Rock war zuerst
Das Besondere an dem Song: Es war der erste, in dem Moser nicht nur Gitarre spielte, sondern auch sang. Der Musiker war die letzten Jahre, ja Jahrzehnte in erster Linie im Jazz und dessen anverwandten Gebieten zuhause. Er liess sich von Lateinamerika inspirieren, weilte auf Kuba, spielte manch ein Konzert an asiatischen Jazzfestivals, hatte mit dem Gesangsexzentriker Bruno Amstad zusammengearbeitet. Dabei wirk-te er stets als Instrumantalist.
Warum nun Mundartrock? Moser holt aus: «Ich war ein Rocker, bevor ich ein Jazzer war.» Er habe ja schon mit 14 in der Mundartrockband Vakuum gespielt, sagt er, man spielte an Geburtstagen, Firmenfesten, aber auch am Pod’ring, lang ist’s her. Dann folgte die Band Heino & The Sexmachine, auch das war Rock.
Erst dann kam der Jazz. Mit dem Besuch an der Jazzschule trat der Rock in den Hintergrund, aber nur in der Praxis: «Ich habe weiterhin gerne Rock und Blues gehört und mich beispielsweise auch von Rumpelstilz inspirieren lassen.»Solchen Einflüssen habe er nun in seinem Schaffen wieder grösseren Raum geben wollen.

Ein Ringen um jedes Wort
Hinzu kommt ein zweiter Punkt: «Ich wollte mich neu herausfordern.» Mundartrock dürfte zwar gemeinhin musikalisch weniger komplex sein als Jazz – doch er benötigt Texte. Sich nicht «nur» mit Noten, sondern auch mit Worten auszudrücken, das sei zwar sehr schön, aber für ihn auch nicht einfach. Zumal er den Anspruch an seine Texte folgendermassen formuliert:«Ich will damit niemandem auf den Sack treten. Meine Texte sollen anregen, sie sollen Themen ansprechen, doch sie tun dies ohne Punkt. Jeder Hörer soll sich seine eigenen Gedanken machen.»
Ein solcher Text sei beispielsweise die «Gschicht vom Johnny». Sie handelt von einem jugendlichen Aussenseiter, einem Opfer. Statt dass ihm jemand hilft, wird er verhöhnt. Johnny gleitet in die Drogen ab und stirbt früh. Es ist eine Geschichte, wie sie Moser in jungen Jahren selber aus der Nähe beobachtet hatte. Die Message des Songs ist deutlich, direkt ausgesprochen wird sie aber nicht.
Doch dies klingt einfacher, als es für Moser war. «Die Musik lief uns leicht von der Hand», sagt er, «doch an den Texten habe ich bis um vier Uhr morgens vor den Aufnahmen gefeilt.» Dabei achtete er nicht nur auf deren Inhalt, sondern auch auf die Musikalität – so dass der Bieler, der für «stehen» eigentlich das Wort «stoh» gebraucht, des Klangs wegen «stah» singt.

AC/DC, Marsalis, The Police
Wobei: Das ist selber ein unpräzises Wort, «singen». Was Moser macht, ist eher ein Sprechgesang, da macht er sich nichts vor:«Arno oder Serge Gainsbourg waren auch keine ausgebildeten Sänger», sagt er. Sein Gesang solle schlicht «angenehm klingen», was ab einer gewissen Tonhöhe nicht mehr gegeben sei.
Was die Musik betrifft, so liefern Moser, Bassist Hugo Rust und Schlagzeuger Dario Kuro ein anachronistisches Album ab: Es klingt wie Mundartrock, in einer denkbar schnörkellosen, aber nicht rotzigen Variante, also nach 80er-Jahre, nach etwas, das es heute eigentlich nicht mehr gibt. Die Inspirationsquellen schimmern bisweilen bewusst deutlich durch. Unumwunden gibt Moser zu, dass er mit «Vo nüt chunnt nüt» einen AC/DC-Song habe schreiben wollen. Dass die «Gschicht vom Johnny» dermassen Branford Marsalis’ «Mo Better Blues» ähnelt, sei ihm dagegen erst im Nachhinein aufgefallen. Manchmal drückt eben der Jazzer durch, so auch im funky angehauchten «Friss und nimm». Verwirrend dort ist allerdings eher die Feindbilderparade mit verschwörungstheoretischem Touch im Text, nicht mal vor dem antisemtisch behafteten Begriff «Lügenpresse» schreckt Moser zurück. Das sei nicht er, sondern ein lyrisches Ich, das da singe, beteuert er. Allerdings ist er ob dem Text selber nicht mehr glücklich und singt ihn mittlerweile anders.
Mit dem Stück «Uf em letschte Zug hei» ist denn auch leichter nachvollziehbar, wie Eric Merz zu seinem positiven Feedback kam:Der Text fängt die nächtlich-ambivalente Stimmung, in der das Diffuse vorherrscht und keine simplen Wahrheiten mehr gelten, gelungen ein. Das Klangbild des Songs ist schlank, doch er rockt auch dort, wo die Gitarre clean gespielt ist – Mosers frühere Helden The Police lassen grüssen. Gleichwohl: Für die Konzerte sucht Moser einen zweiten Gitarristen. Die Riffband spielt schliesslich Rock.


Info:Markus Moser & Riffband: «Eifach si» (Eigenvertrieb). Live am Sonntag, 15 Uhr, Strandbad Biel (bei gutem Wetter, Eintritt frei).

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