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Ausstellung

Prinzessin im Spukhaus der Einsamkeit

Anna Altmeier zeigt in der Galerie Mayhaus betörend melancholische Bilder von der Suche nach dem vermeintlichen Glück.

Dunkle Seelenträume «Freunde», 2015. zvg

von Alice Henkes

Eine Gruppe junger Frauen steht eng zusammen. Der Bildausschnitt ist so gewählt, dass nur die weiten, schwingenden Röcke zu sehen sind, die Gesichter sind ausgeblendet. Dennoch ahnt man ein nervöses Kichern, ein vorfreudiges Flüstern und Rascheln. Diese Röcke: Nur zu gut kann man sich vorstellen, wie sie aufwirbeln, sobald die Mädchen tanzen.

Auf den Bildern daneben sieht man Mädchen, die wie in der Tanzschule nebeneinander aufgereiht sitzen. Oder junge Männer, die ebenfalls lediglich als Beine und Füsse in Jeans und Sneakers in Erscheinung treten.

Über Anna Altmeiers Serie «Rock-Stars», die gemeinsam mit weiteren Werkgruppen in der Galerie Mayhaus in Erlach zu sehen ist, liegt eine erwartungsfroh aufgeladene Atmosphäre, die jugendlich frisch und nostalgisch zugleich wirkt. Letzteres vor allem aufgrund der Malweise: Die hellen, beschwingten Mädchen-Röcke und -Beine verschwimmen mit einem mattdunklen Hintergrund, der wie von Alter und Patina gefleckt scheint.

Die Bilder sind auf nicht grundiertes, grobes Leinen gemalt. Das erzeugt diesen schummerigen Ton, der an abblätternden Putz und verwischte Erinnerungen denken lässt. Der Titel der Serie spielt auf die schwingenden Kleider der Mädchen an, aber auch auf die Musik, die sie vielleicht zu ihren Tänzen hören werden.

Anna Altmeier erzählt in ihren malerisch eindrucksvollen, berührenden Bildern von den Hoffnungen der Jugend mit jenem Hauch von Melancholie, der aus dem Wissen von Vergänglichkeit und Enttäuschung gespeist wird.

In ihrer jüngsten Werkserie wird diese leise Melancholie zum bestimmenden Ton. Über Bilder junger Frauen und leerer Interieurs breitet sich ein Schleier aus Traurigkeit. Die Künstlerin widmet diesen Bildzyklus der Märchenschönheit Schneewittchen und stellt sich ihr Leben im goldenen Käfig nach der Hochzeit mit dem Prinzen vor, die zugleich die Erfüllung aller Wünsche bedeutet.

Altmeier malt Schneewittchens Hausfrauenwelt als Szenerie der inneren Ödnis. Sie zeigt Festtafeln, an denen hinter funkelndem Kristallglas sprachlose Langeweile herrscht. Oder spukhaft leere Räume, in denen Tauben und Raben sich eingenistet haben und die wie beklemmenden Spiegeln einsam-dunkler Seelenräume wirken. Nichts, so zeigen diese Bilder, liegt so empfindlich nahe beieinander wie die Hoffnung auf das grosse Glück und die ganz grosse Enttäuschung.

Info: Galerie Mayhaus, Erlach. Ausstellung bis 25. Oktober. www.galerie-mayhaus.ch

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