Sie sind hier

Bern

Schweizer Podcast des Jahres bietet mehr als Plauderei

Der Podcast "Kurds & Bündig mit Yoldaş & Sero" ist als Schweizer Podcast des Jahres 2024 ausgezeichnet worden. Warum das Format mehr als der übliche Plauderpodcast sein will, erklärte Co-Host Serhat Koca der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

(sda) "Damit haben wir nicht gerechnet", sagte Serhat "Sero" Koca am Tag nach der Auszeichnung. Für den 29-jährigen Podcaster ging es sofort weiter mit seiner Hauptarbeit als Informatiker. "Ich konnte mich noch gar nicht fangen", sagte Koca. Zusammen mit dem 28-jährigen Yoldaş Gündogdu moderiert er "Kurds & Bündig".

Am Mittwochabend wurden in Zürich die Suisse Podcast Awards 2024 zum zweiten Mal verliehen. "Kurds & Bündig" räumte den Hauptpreis ab. Laut Eigenbeschreibung ist der Podcast "für Leute, deren Namen im Word rot unterstrichen sind". Zu definieren, um was für ein Format es sich genau handelt, ist gar nicht so einfach.

"Wenn es eine Kategorie braucht, dann Comedy", sagte Koca. Wobei die beiden Winterthurer Moderatoren auch nicht vor ernsten Themen zurückschrecken. "Wir wollen auch Tabuthemen aus unserem Kulturkreis, aber auch gesellschaftspolitische Themen wie Feminismus, Rassismus oder mentale Gesundheit ansprechen."

Beide Winterthurer haben kurdische Wurzeln. Die Eltern mussten aus politischen Gründen aus der Türkei in die Schweiz flüchten. Es gebe bereits genug Männerpodcasts, in denen die Coolness der Podcastmoderatoren betont werde und im Zentrum stehe. "Unser Mehrwert ist, dass wir auch Dinge ansprechen, die sonst wenig oder gar nicht beachtet werden", so Koca.

Die Saat für den Podcast wurde noch während der Corona-Pandemie gestreut. Koca, Gündogdu und ihre Freunde verbrachten damals viel Zeit auf der Chat- und Telefonieplattform Discord. Die Freunde hätten den beiden gut zugesprochen. Es sei witzig, ihnen zuzuhören. Zuerst wimmelten sie ab, doch als plötzlich Gündogdu mit dem Equipment aufgetaucht sei, wurde aus dem Jux Ernst.

"Wir hatten keinen konkreten Fahrplan", sagte Koca. Doch der Podcast nahm fahrt auf - mittlerweile haben Koca und Gündogdu zwei Live-Touren hinter sich. In erster Linie wollten sie den Kulturspagat aufzeigen, in dem sie aufwuchsen als erste Generation in der Schweiz. "Viele Menschen, die uns hören, können sich mit unseren Geschichten identifizieren".

Gleichzeitig bekommen sie auch Zuschriften von Leuten, die sich über einen Einblick in eine andere, also ihre Lebensrealität freuen. Zwischen 10'000 und 15'000 Personen hören den Podcasts, der jeweils am Montagmorgen erscheint. Auf Tiktok haben beide Winterthurer über 30'000 Followerinnen und Follower. Zu hören sind auch immer wieder Gäste, zuletzt der Schweizer Rapper Manillio.

Trotz ernster Themen ist Humor das Fundament von "Kurds & Bündig". Für Koca ist klar: Eine Sendung, die nur ernst sei, würde weniger vom jungen Publikum gehört. Der Erfolg freut die Hosts. Anfangs hätten sich Koca und Gündogdu nicht ernst genommen gefühlt. Auch wegen ihrer Wurzeln. Aber: "Wir spüren, dass sich vieles zum Besseren ändert - gerade in der Unterhaltungsbranche".

Der Podcast macht viel Arbeit. Zwischen 20 bis 40 Stellenprozent wenden sie pro Woche auf. Gündogdu reduzierte bereits sein Arbeitspensum. "Der Podcast ist eindeutig mehr als ein Hobby geworden", sagte Koca.

Zeit zum Durchatmen und Revue passieren lassen nach dem Gewinn des Schweizer Podcastpreises haben Koca und Gündogdu aber nicht. Mit dem Fernsehsender Pro7 ist eine Sendung in Arbeit, und die wöchentliche Sendung ruft. Zudem wollen die beiden mehr visuelle Inhalte produzieren. Im Juli sind aber Ferien geplant. Koca: "Dann können wir uns hinsetzen und sagen: Wow, dass alles allein in diesem Jahr passiert".

Nachrichten zu Kultur »