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Bieler Filmpodium

Sie hat den Blick

Zwei grossen Namen des Kinos gehört der nächste Monat im Bieler Filmpodium: Der jungen Französin Céline Sciamma und dem verstorbenen Italiener Federico Fellini.

Der Zyklus startet mit "Portrait de la jeune fille en feu".

von Raphael Amstutz

Céline Sciamma hat den Blick. Und das Können, aus diesem Blick Gefühle mit einer unglaublichen Präzision auf die Leinwand zu bringen. Dazu die seltene Gabe, als Drehbuchautorin und Regisseurin gleichermassen zu überzeugen.

Hier in Biel ist sie einem grösseren Publikum erstmals am Festival du Film Français d’Helvétie 2014 aufgefallen, als ihr «Bande de filles» als Eröffnungsfilm zu sehen war. Das Porträt einer Gruppe von Mädchen, die in den Vororten von Paris lebt, übt keine Sozialkritik, sondern ist eine stimmige Coming-of-Age-Geschichte – und manch einer fragte sich: Wer ist diese Céline Sciamma?

Seit Sciamma «Portrait de la jeune fille en feu» gedreht hat, ihren vierten Langfilm, ist diese Frage obsolet geworden. Sciammas Name ist nun weltweit in aller Munde. Das Feuilleton überbietet sich gegenseitig mit Lob und mehrseitigen Porträts, in vielen Jahreshitparaden taucht das Werk, das von der lesbischen Liebe berichtet, die  im späten 18. Jahrhundert nicht sein darf, ganz oben auf.

Sciamma wird als neue feministische und vor allem queere Stimme des französischen Kinos verehrt und in einem Atemzug mit Claire Denis und Catherine Breillat genannt.

Die Liebesgeschichte zwischen einer Malerin und ihrem adligen Modell, angesiedelt in der schroffen Landschaft der Bretagne, zeigt dabei weit über diese zwei Frauen und ihre Gefühle und Widerstände hinaus.

Sciamma thematisiert die fehlende weibliche Perspektive in der Kunstgeschichte in dieser Zeit. Und nicht nur dieser Zeit. Bis heute gebe es einen Mangel an queerer und lesbischer Repräsentation im Kino.

In einem Interview mit dem deutschen «Tagesspiegel» sagte Sicamma denn auch: «Mein Film ist ein Manifest des weiblichen Blicks.» Sciamma setzt sich auch ausserhalb ihrer eigenen Filme für die Frauen ein. So macht sie sich stark für ein paritätisches Geschlechterverhältnis auf Festivals und in der Filmindustrie. Im besagten Interview erklärte die 41-Jährige: «Wir haben einen Kulturkampf begonnen.»

Gleichzeitig relativiert sie aber: «Die Filmwelt ist total männlich dominiert, ich dagegen möchte niemanden ausschliessen.» Und so arbeiten auf ihren Sets immer auch Männer mit.

Diese beiden erwähnten Werke nochmals zu sehen oder gar neu für sich zu entdecken, dafür gibt es im nächsten Monat im Bieler Filmpodium die Möglichkeit. Das Kino an der Seevorstadt richtet aber gleich umfassend an und zeigt praktisch das Gesamtwerk der französischen Drehbuchautorin und Regisseurin (siehe Infobox). Es gibt sogar eine Verbindung zur Schweiz: Céline Sciamma hat das Drehbuch zu einem der schönsten Schweizer Filme der letzten Jahre geschrieben: «Ma vie de courgette» von Claude Barras.

Zwei Geschlechter, zwei Generationen

Genau wie Céline Sciamma in der Filmwelt für ihre Generation einer der prägenden Namen ist, war es Federico Fellini für seine. Der italienische Regisseur(geboren 1920) starb 1993, am 20. Januar hätte er seinen100. Geburtstag feiern können.  Das Filmpodium zeigt zwischen dem 26. Januar unddem 18. Februar sieben seiner wichtigsten Werke. Dazu «Che strano chiamarsi Federico» (2013), in dem Ettore ScolaFellini ein Denkmal setzte.

Programmiert sind:
«La strada» (1954)
«Le notti di cabiria» (1957)
«Otto e mezzo» (1962)
«Roma» (1972)
«Amarcord» (1973)
«E la nave va» (1983)
«Ginger und Fred» (1985)

In seinen Werken erspürte er mit grossem Geschick das Tragische in den Menschen, er zeigte ihren Lebenshunger ebenso wie ihre Ängste, er oszillierte zwischen Realismus und poetischer Überhöhung und sagte einmal: «Der einzige wahre Realist ist der Visionär.»

Die Filme von Céline Sciamma in der Übersicht:
«Portrait de la jeune fille en feu»
«Tomboy»
«Bande de filles»
«Quand on a 17 ans»
«Naissance des pieuvre»
«Ma vie de Courgette»
(bei den beiden letztgenannten Filmen  schrieb Sciamma das Drehbuch).

Info: Die Daten und Spielzeiten unter www.filmpodiumbiel.ch

Stichwörter: Kino, Film, Bieler Filmpodium

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