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Sutz

Sie lebt ihren Traum

Mehr als eine Plattentaufe: Das Duo Dust of Soul mit Saskia Stäuble und Michael Odermatt lädt zu einem märchenhaften Nachmittag.

Saskia Stäuble lebt auf der Bühne die "crazy" Seite ihrer Persönlichkeit aus. Bild: zvg
  • Dossier
Tobias Graden
 
Eine Frau, stark geschminkt, mit knallroter Perücke. Ein Mann mit streng nach hinten gekämmten Haaren, akkurat gestutztem Bärtchen und Glitzerhemd. Im Hintergrund: Schnee? Nieselregen? Feuerwerk? Weiter: Kecke Mädchen, harlekinartig aufgemacht; ein Magier mit grossem Hut und wallendem Haar, eine Dame, es muss eine Königin sein; und schliesslich, liegend, ein, nun, das ist wohl ein Katzenmensch. Im Hintergrund schliesslich, das kann jetzt nicht anders sein, wartet ein Zauberschloss. 
 
Nein, es ist das Von-Rütte-Gut in Sutz, die beschriebenen Gestalten tummeln sich auf einem Flyer, und wenn man Saskia Stäuble, die Initiantin dieses ganzen Auflaufes, fragt, was das denn sein soll, sagt sie zuerst ganz schlicht: «Eine Plattentaufe.» 
 
Ganz so simpel ist es natürlich nicht, der grosse Schriftzug «Wonderland» deutet darauf hin. So heisst der Anlass vom Sonntag, so heisst aber auch das neue Album von Dust of Soul, dem Musikprojekt, das Saskia Stäuble alias Sängerin Dusty mit dem Pianisten Michael Odermatt alias Mikey verfolgt. Und die Inspiration des Duos ist auch klar: Die Besucherinnen und Besucher erwartet eine Mischung aus Disneys «Alice in Wonderland», Tim Burton in freundlich («Kinder müssen keine Angst haben», sagt Stäuble) und einem Konzert mit Musik, deren Stil Stäuble als «Opera Pop» beschreibt. Eine eher opulente Angelegenheit also. 
 
Wink des Schicksals
Dabei ging das Leben von Saskia Stäuble zuerst doch in eine andere Richtung. Das Singen war zwar schon immer ihr Traum, wie sie in der Biografie auf der Website breit ausführt. Die Eltern befanden jedoch, zuerst gelte es eine handfeste Lehre abzuschliessen. So wurde Stäuble Köchin, arbeitete einige Jahre in der Gastronomie, aber auch als Ernährungsberaterin und Motivationscoach für Sportler. Bis, so beschreibt es Stäuble, ein Hirnschlag im Alter von 30 zur Zäsur wurde. Sie verstand den medizinischen Vorfall als Wink des Schicksals, endlich ihre eigenen Träume zu verfolgen: «Zuvor bestand meine Aufgabe darin, die positiven Energien in anderen Menschen zu wecken», sagt sie, «nun wollte ich meine eigene Energie für mich nutzen.» 
 
Der befreundete Fotograf Marco Grob, den sie in New York besuchte, bestärkte sie in ihrem Vorhaben. Es war das erste Mal, dass sie alleine so weit weg verreiste, doch als der Bus sie auf dem Broadway absetzte, schaute sie die Häuserschluchten hoch und weinte: «Es fühlte sich an wie ein Nachhausekommen.» Bis dahin hatte sie mit Joss-Stone-Covers erste Versuche als Sängerin unternommen. Grob aber sagte ihr: «Mach dein eigenes Ding, geh’ deinen eigenen Weg, finde deinen eigenen Stil.» Er, der die Stars vor seiner Linse hatte, zeigte ihr: Man kann es schaffen, auch als Schweizer, auch in New York. 
 
Dass dies ihr Ziel war, wusste sie schliesslich schon als Jugendliche, wie sie in ihrer Biografie schreibt: «Auf ihrer Schule kam geade das Rauchen in Mode. Saskia widerstand der Versuchung jedoch mit der Begründung, dass sie eine weltberühmte Sängerin werden und ihre Stimme nicht ruinieren wollte.» Stäuble setzte sich in den Central Park und schrieb dort ihren allerersten eigenen Song, «Hometown». 
 
Das ist jetzt acht Jahre her, doch von dem Zeitpunkt an liess sie sich nicht mehr aufhalten. Zurück in der Schweiz suchte sie Musikerinnen und Musiker, die sich mit ihr auf den Weg machen wollten. «Aber niemand war bereit, etwas Neues zu machen», erzählt sie, «bis mir Michael über die Füsse gestolpert ist.» 
 
Die positive Kraft der Musik
Odermatt war bereit, den Weg mit Stäuble zu gehen. Die beiden verkauften einen Grossteil ihres Hab und Guts und zogen für drei Monate nach New York, wo sie ihrem Projekt eine erste Form gaben. So entstand Dust of Soul, eine Formation, der es um mehr als bloss die Musik geht: Sängerin Dusty ist überzeugt, dass die Kraft der Musik geholfen hat, den Hirnschlag rasch und ohne Spätfolgen zu überstehen – und diese positive Kraft will sie nun auch ihrem Publikum weitergeben. «Musik kann mehr als bloss unterhalten», sagt die Sängerin, «wer unsere Konzerte besucht, soll sich danach besser fühlen als vorher.» Entsprechende Rückmeldungen von zahlreichen Shows in verschiedenen Ländern hätten sie darin bestärkt.  «Positive Music Power» nennen Stäuble und Odermatt das Prinzip, sie wollen diese Kraft verströmen, egal ob sie in Mumbay zusammen mit Strassenkindern einen Musikclip drehen oder im Duo am Shopping Center Forum auftreten.
 
Musikalisch mag sich Saskia Stäuble keine engen Grenzen setzen. Mal findet sich ein Rapper, der in einem Song mitmacht, mal greift das Duo auf Orchesterklänge zurück. «Ich finde halt vieles cool», sagt Stäuble, die mütterlicherseits Bieler Wurzeln hat. Eine gewisse Theatralik, die Andeutung der grossen Geste, ist aber immer dabei. «Meine Stimme ist eben kraftvoll», sagt sie. Eine professionelle Ausbildung war ihr nicht vergönnt, und mit jenen Gesangslehrern, denen sie sich anvertraute, verlor sie jeweils bald einmal die Geduld: «Der Unterricht war mir meist zu statisch, zu langweilig.» Wiederum war es Odermatt, der sie auf ihrem Weg weiterbrachte: «Er lehrte mich die Töne, zeigte mir, wann ein Lied fröhlich oder traurig klingt.» 
 
Einen Plan B hat sie nicht
Wie das neue Album klingt, das am Sonntag getauft wird, mag das Duo noch nicht recht verraten. Eine kurze Hörprobe deutet auf Soulpop hin, bei dem neben dem Flügel und dem Gesang am Konzert einiges ab Playback gespielt wird. Und was ist nun mit all den sonderbaren Gestalten? Es sei hier nicht viel verraten. Nur dies: Im malerischen Anwesen soll es nicht nur ein Konzert geben – «das Publikum befindet sich für ein paar Stunden in einem Wunderland». 
 
Und was ist, wenn sie nicht weltberühmt werden sollte? Einen Plan B habe sie nicht, sagt Saskia Stäuble. Sie will jetzt ihren Traum leben. Geht es nach ihr, wird dereinst Netflix in einer Serie über ihren Weg berichten – derzeit sei sie daran, einen möglichen Produzenten dafür zu suchen.
 

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